Ein Verein für alle Kevelaerer Unternehmer

Der Verkehrsverein Kevelaer und Umgebung e.V. hatte zu seiner Jahreshauptversammlung ins Forum der Begegnungsstätte eingeladen. Knapp 60 Interessierte waren dieser Einladung gefolgt, allerdings waren nur 46 davon als Vereinsmitglieder auch tatsächlich stimmberechtigt.

Der Abend gliederte sich in zwei große Blöcke und ein satzungsbedingtes kurzes Nachspiel. Der erste Teil stand ganz im Zeichen der vereinsüblichen Regularien aus Jahresbericht und Entlastung des Vorstands. Teil zwei war dann der Zukunft des Vereins gewidmet und wahrlich ein dicker Brocken – die dahinterstehende Vorbereitung war immens.

Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende Gabriele Polders übernahm Dr. Rainer Killich als Geschäftsführer das Zepter und führte souverän durch das Reich der Zahlen aus den Jahren 2016 und 2017. An dieser Stelle seien nur einige Schlaglichter geworfen, die Tendenzen verdeutlichen und die Entscheidung für eine Neuausrichtung des Vereins verständlich machen sollen.

Immer weniger Mitglieder

Die Zahl der im Verkehrsverein organisierten Mitglieder ist seit Jahren rückläufig und aktuell bei 242 angekommen, was unverkennbare Spuren auf Seite der Einnahmen hinterließ. Deutlich uneinheitlicher ist das Bild auf Seite der Ausgaben. Größter Block sind hier die Aktivitäten in der Advents- und Weihnachtszeit. Der Krippenmarkt, die Weihnachtsbeleuchtung in der Stadt (außer in der Hauptstraße) und die 2017 entfallene Weihnachtsverlosung sind gleichermaßen Kostenverursacher wie für das Kevelaerer Leben unverzichtbare Aktivitäten.

Auf wieder hohem Niveau bewegt sich nach Killichs Aussage der Verkauf der Geschenkgutscheine, die sich gerade unter dem Christbaum großer Beliebtheit erfreuen. Änderungen im Konzept der Gutscheine – freie Betragswahl und Gebührenfreiheit – wirken sich positiv aus und verbinden den Trend zum Geschenkgutschein mit dem Willen, Umsatz in heimischen Geschäften zu generieren.

Zieht man am Ende einen Strich und schaut auf das Ergebnis, so ergibt sich für 2016 ein minimales Plus von 995 Euro, für 2017 hingegen mit beinahe 10.000 Euro ein deutlich negativer Saldo. Auch wenn die Betrachtung einzelner Wirtschaftsjahre zu kurz greift und der Verein über ausreichende Rücklagen verfügt, ist auch das ein Indiz dafür, dass ein simples „weiter so“ nicht der richtige Weg ist. Dieser erste, in seiner Natur immer etwas trockene Teil mündete in den Antrag zur Entlastung des Vorstandes, die ohne Gegenstimmen erteilt wurde.

In Teil zwei des Abends übernahm Wirtschaftsförderer Hans-Josef Bruns den Staffelstab und stellte die Überlegungen zur Neuausrichtung des Vereins vor, der sich einerseits inhaltlich größer aufstellen, durch neue Strukturen aber auch handlungsfähiger werden möchte. Eine Lenkungsgruppe hatte basierend auf einer Analyse des Kevelaerer Umfeldes einen Entwurf für die neue Struktur und Satzung des zukünftigen Wirtschafts- und Verkehrsverein der Wallfahrtsstadt Kevelaer e.V. erstellt – nicht nur der Vereinsname durchlief einen Wachstumsprozess. Man möchte sich auf eine breitere Basis stellen und sieht sich als Organisationsmöglichkeit aller 2.000 Gewerbetreibender auf Kevelaerer Stadtgebiet.

Arbeitsgruppen für alle Branchen

Die sinkende Mitgliederzahl, das (nicht zufällige) parallele Existieren einer zweiten (aufgrund der Zukunftspläne des Verkehrsvereins in Auflösung befindlichen) Unternehmervereinigung (UVK) und letztlich auch das sich grundlegend ändernde Marktumfeld führten zu dem Entschluss, dass eine Neuaufstellung des Verkehrsvereins dringend geboten ist.

Auch wenn Kevelaer verglichen mit anderen Städten der nahen Umgebung noch ein Stück „heile Welt“ repräsentiert, machen sich Änderungen der Konsumgewohnheiten, Herausforderungen der Digitalisierung und auch die demografische Entwicklung deutlich bemerkbar. Dieses Bild spiegelte auch eine Besucher- und Bürgerbefragung zurück, die in Kombination mit statistischem GfK-Material in manchen Bereichen dringenden Handlungsbedarf signalisiert:

So sinkt der Kaufkraftzufluss bedenklich, was in einfachen Worten bedeutet: Weniger Menschen von außerhalb geben in Kevelaer Geld aus. Auch bei den immer noch auf hohem Niveau befindlichen Übernachtungszahlen verläuft die Entwicklung rückläufig und gegen den Trend in den Nachbarstädten. Die Problematik im Einzelhandel erkennt jeder, der mit offenen Augen durch die Stadt geht. Alles in allem eine Situation, in der es nicht reicht, sich auf den sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen und dem Beschäftigungszuwachs auszuruhen.

Wesentliches Merkmal des neustrukturierten Vereins werden die sieben Handlungsfelder sein, die die gesamte Interessenlage der ortsansässigen Unternehmer abbilden sollen. Andererseits entsprechen sie auch gleichzeitig Arbeitsgruppen, in die sich jeder gemäß seinen Fähigkeiten einbringen kann. Diese wären: Handwerk, Industrie & Dienstleistung; Einzelhandel; Landwirtschaft & Gartenbau; Wallfahrt & Tourismus; Hotellerie & Gastronomie; Veranstaltungen & Aktionen; Vermarktung, Kommunikation & Vereinsangelegenheiten.

Breites ehrenamtliches Engagement in Kevelaer ist vorhanden, wie Wirtschaftsförderer Bruns herausstellte, und dieses wird auch nötig sein, um das anspruchsvolle Konzept mit Leben zu füllen, ist es doch auch ein Ziel, die Arbeit auf mehr Schultern als bisher zu verteilen.
Die Ausgangslage für einen Neustart sieht damit für den Verkehrsverein im Grunde gut aus.

Die Abstimmung mit den anderen Akteuren auf dem Stadtgebiet ist erfolgt und auch die Vereinsmitglieder spiegelten gestern Abend nach anfänglicher Zurückhaltung ein positives Bild zurück. Als es dann „ans Eingemachte ging“ und KB-Herausgeber Rudolf Beerden konkret die Frage in den Raum stellte, wer sich denn aktiv im Verein einbringen möchte, fühlte man sich ins Klassenzimmer zurückversetzt: Nachdem der erste Arm langsam nach oben ging, folgten zögerlich weitere nach. Das Konzept mit Leben zu füllen und vor allem am Leben zu erhalten, ist die entscheidende Herausforderung.

Das Agieren in den Handlungsfeldern ist das eine, das andere ist es, den großen, alles verbindenden Bogen zu spannen und den Verein organisatorisch, aber auch inhaltlich zusammenzuhalten und zu führen – hier ist die Personalfrage noch nicht beantwortet worden.

Nach zwei inhaltlich dichten Stunden folgte nun nur noch ein kleines Nachspiel in Form einer satzungsbedingten Formalie. Mit 46 anwesenden Mitgliedern war die Versammlung nicht abstimmungsfähig. Das Ende vom Lied: Über die notwendige Änderung der Satzung werden die Mitglieder nun auf dem Postweg ihr Votum abgeben dürfen.

Der Weg zu einem gut aufgestellten und strukturierten Wirtschafts- und Verkehrsverein ist damit geebnet und hat eine fundierte Basis. Die anwesenden Mitglieder vermittelten den Eindruck, diesen mitgehen zu wollen. Zur wirklichen Geburt kam es an diesem Abend noch nicht, aber alles jetzt Folgende ist nur noch eine Frage der Zeit – der Bürgermeister kann es nachvollziehen.