Ein stimmungsvoller Abschluss
Wettertechnisch konnte man an diesem Abend bei dem ungemütlichen Regen eigentlich nicht zwingend von vorweihnachtlicher Atmosphäre sprechen. Aber die gut 300 Menschen auf dem Platz vor dem Arche-Noah-Brunnen hatten sich mit entsprechender Kleidung vorbereitet und ließen sich das Weihnachtssingen als Abschluss des Advents- und Krippenmarktes auch in diesem Jahr nicht entgehen.
Ute Pieta war aus Geldern gekommen, um die Veranstaltung mitzuerleben. „Weil ich die Stimmung so mag, und die Menschen sich nach Gemeinschaft sehnen in dieser hektischen Zeit“, meinte sie. Cornelia aus Weeze stand mit ihrem Regensburger Freund Konrad unter einem Regenschirm. „Wir sind verliebt, sind sehr glücklich und singen jetzt hier miteinander.“
„Von dem Wetter lassen wir uns die Stimmung nicht vermiesen“, bekräftigte Marktleiter Winfried Janssen bei der Ankündigung der folgenden „besinnlichen Stunde“ auf der Bühne. Die auf dem Kapellenplatz geplante Abschlussveranstaltung hatte aus organisatorischen Gründen kurzfristig verlegt werden müssen – doch mit der Kreativität und Flexibilität der Beteiligten konnte das Ganze dennoch realisiert werden.
„Wir sind erleichtert, dass es doch noch geklappt hat“, meinte Mitorganisator Benedikt Mayer. Und Wallfahrtsrektor Gregor Kauling, der gemeinsam mit der evangelischen Pfarrerin Karin Dembek für die christlichen Gedanken des Abends sorgte, kommentierte das Ganze so: „Es gab ein bisschen Hin und Her, aber jetzt freuen wir uns auf einen schönen Advents-und Krippenmarktsabschluss.“
Abwechslungsreiches Programm
Der künstlerische Leiter des Abends, Tom Löwenthal, hatte einige Mitstreiter für ein abwechslungsreiches Programm auf der Bühne gewinnen können. So sorgte zum Beispiel die wunderbare Monika Voss mit ihrer Darbietung des „Drei Nüsse für Aschenbrödel“-Liedes „Küss mich, halt mich, lieb mich“ für kollektives Schunkeln und gerührtes Mitsingen zum Wunderkerzen-Licht. Zuvor hatte sie noch vor Janssens offizieller Begrüßung mit den musikalischen Mitgliedern ihrer Familie – Anika Voss, Gerrit Quade und Levin Ripkens – mit dem Song „An Angel“ für erste kollektive Rührung im Publikum gesorgt. „Wir machen hier jetzt auf Kelly Family”, scherzte die Sängerin.
Danach begrüßte Janssen die Anwesenden und gab den Staffelstab an Löwenthal weiter, der alle dazu aufrief, „so kräftig wie möglich mitzusingen“. Dieser Aufforderung kamen die Menschen in klangvoller Stärke nach. Auf der Bühne boten Klaus Holtappels, André Koppers, Marloes Lammerts und Christina Derix vom Theaterchor Niederrhein einen kompakten Auftritt – und mit „Träume unterm Christbaum“ von Robert Stolz präsentierten sie ein klangvolles Quartett, das von einigen Mitgliedern des Chores vor der Bühne kräftig unterstützt wurde.
Dazwischen sangen alle zusammen Weihnachtslieder wie „Wir sagen euch an den lieben Advent“, „Maria durch ein Dornwald ging“, „Es ist ein Ros entsprungen“ oder „White Christmas“ – auch wenn der Schnee dazu fehlte. Die drei jungen „Engel“ Rosa, Maria und Lizi hatten kurzfristig für den Abend „Last Christmas“ von „Wham!” einstudiert – und sowohl ihr Gesang als auch ihr großes Engagement wurden stimmlich und mit viel Applaus gewürdigt und unterstützt. Und Karl Timmermann weckte mit dem Lied von dem Mann, der zu Weihnachten Mundharmonika spielt bei einzelnen Zuhörern sogar Erinnerungen an den verstorbenen Udo Jürgens.
Besinnliche Texte
Pfarrerin Karin Dembek, die die einzelnen Lieder ansagte, stimmte unter anderem mit einem Text des Religionsphilosophen Karl Rahner auf das Fest ein: „Alle Zeit ist schon umfasst von der Ewigkeit, die selber Zeit wurde. / Alle Tränen sind im Innersten schon versiegt, weil Gott selbst sie mitgeweint hat und schon aus seinen eigenen Augen wischte./ Alle Hoffnung ist eigentlich schon Besitz, weil Gott schon von der Welt besessen ist. Die Nacht der Welt ist schon hell geworden.“
Und sie erinnerte mit den Worten des früheren Bischofs Basilius dem Großen aus dem vierten Jahrhundert an den Kern von Weihnachten: „Gott auf Erden, Gott unter Menschen, nicht im Feuer und unter Posaunenschall, nicht auf rauchendem Berg oder bei Dunkel und bei herzerschütterndem und ohrenbetäubendem Sturmwind Gesetze gebend, sondern in leiblicher Erscheinung sanft und gütig mit Seinesgleichen verkehrend (…), um so durch sein mit uns verwandtes Fleisch die ganze Menschheit zu sich zurückzuführen.“
Gregor Kauling sprach von „großer Freude – einen Wimpernschlag vor Weihnachten“ und las später eine „jüdische Geschichte“ über einen Rabbi, der seine Schüler fragt, wann denn die Nacht enden und der Tag beginnen würde. Die Antworten „Nun, vielleicht dann, wenn ich einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann” oder „Könnte es sein, dass es schon so hell sein muss, dass ich einen Feigen- von einem Dattelbaum unterscheiden kann?” befriedigten den Rabbi nicht. „Nein, erst dann endet die Nacht und beginnt der Tag, wenn ich im Gesicht meines Nächsten den Bruder oder die Schwester erkenne.”
Der aus Syrien nach Deutschland geflohene Elie Wakeem beeindruckte mit einer wahren Flüchtlingsgeschichte aus dem Nachbarland Niederlande. Er erzählte, wie eine von Abschiebung bedrohte syrische Flüchtlingsfamilie in Amsterdam von der dortigen Kirchengemeinde durch einen unbefristeten Gottesdienst nach Monaten am Ende vor der Abschiebung bewahrt wurde. Denn in den Niederlanden gilt noch immer ein aus dem Mittelalter stammendes Gesetz, nach dem Menschen während des Gottesdienstes nicht verhaftet werden dürfen.
Ein charmanter Versprecher
Vor dem letzten Lied „O du fröhliche“ verteilte der Kevelaerer Bürgermeister Dominik Pichler nochmal Komplimente und Weihnachtswünsche. „In jedem Jahr wird’s besser, hier jetzt der dritte Versuch… der dritte Anlauf… die dritte Version…“, bemerkte er rechtzeitig seinen Versprecher und herzte unter dem allgemeinen Gelächter des Publikums Winfried Janssen auf der Bühne.
„Man muss immer noch Luft nach oben geben, und wenn ich jetzt sage: es ist perfekt, dann hört er auf. Das will ich nicht – der Mann kennt ja kein Alter “, bekam das Stadtoberhaupt in der Anerkennung der Leistung des 79-Jährigen und seiner Mannschaft da noch gerade so die Kurve.
„Ich hoffe, dass es auch im nächsten Jahr wieder so gut funktioniert. Das darf gerne wieder so werden“, hob er hervor, „wie viele trotz des gelegentlich bescheidenden Wetters“ gekommen waren. Das habe auch für die vielen Künstler gegolten, „die auf der Bühne standen oder kurzfristig einsprangen.“ Er dankte Tom Löwenthal für den Abend mit den Worten: „Ein guter Klavierspieler ist durch nichts zu bezahlen.“ Und er schloss mit den „guten Wünschen für das neue Jahr und allen viel Gesundheit. Denn Gesundheit ist mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.“
Eine positive Bilanz
Marktleiter Winfried Janssen zog eine positive Bilanz des Advents- und Krippenmarktes 2019. „Wir hatten eine deutlich höhere Frequenz an Besuchern und einen hohen Grad an Zufriedenheit – den vielen Auswärtigen hat die Kleinteiligkeit des Marktes und diese Übersichtlichkeit sehr gefallen.“
Lediglich über den Bereich Kapellenplatz müsse man sich Gedanken machen, „weil er zu schwach besetzt war.“ Man habe viele Gäste aus den Niederlanden begrüßen können. „Dahin müsste man sich noch stärker hin auch von Seiten des Marketing orientieren“, war schließlich sein Gedanke.