Ein schönes Jubiläums-Familienfest

Drei Tage Kevelaerer Ballonfestival boten im Jubiläumsjahr trotz des Wetters eine Reihe besonderer Momente.
Am Freitagnachmittag versammelten sich nach und nach die Fahrer und Besitzer der 32 Heißluft- und Gasballons sowie der 12 Modellballons auf der Rasenfläche nahe des Gradierwerks. „Das ist für mich wie nach Hause kommen“, machte Harald Henkel aus Südlohn-Oeding stellvertretend für viele Fahrer deutlich, wie vertraut das Festival über die Jahre geworden ist. „Das ist jedes Jahr ein Familienfest“, ergänzte der Amersfoorter „Modellballooner“ Geert Plukker.
Den Platzverhältnissen geschuldet, hatte die Stadt die gegenüberliegende Fläche als Ballon-Startfläche auserkoren und die reduzierte „Gradierwerk“-Seite als Familienfläche zum Toben für die Kinder, Karussellfahren sowie dem Genuss von Getränken und Speisen gestaltet. „Es war uns schon bewusst, dass es durch die Bautätigkeit eingeschränkt ist“, unterstrich Bernd Pool vom Stadtmarketing. „Wir wollen ja immer mehr Festival werden. Damit ist uns das gelungen“, sah er die Teilung durchaus als Gewinn an.
Auch die Besucher sahen die Situation überwiegend positiv. „Idee ist gut – Wetter ist bes…“, meinte der Kevelaerer Uwe Herrmann. Zwiegespalten sah die Situation der Kevelaerer Michael Maas: „Wir haben auch Kinder hier. Aber den alten Standort mit dem Platz hier haben wir verbaut. Das war die letzte große Freizeitwiese.“ Er verwies auf die Tatsache, dass die Fläche gegenüber auch Bauland ist.
Bürgermeister Dr. Dominik Pichler unterstrich, dass die Stadt trotz der geringeren Fläche nahe Hotel, Gradierwerk und der zukünftigen Nutzung auf der gegenüberliegenden Seite das Festival aufrechterhalten möchte. „Egal, ob Bebauung da hinkommt oder nicht: Wir wollen das Ballonfestival in den nächsten Jahren weiter hier gestalten.“
Suboptimales Wetter am Freitag
Michael Krämer hatte beim Briefing keine guten Nachrichten. „Das Wetter ist suboptimal – das seht ihr ja selber“, machte er klar, dass an einen Ballonstart am Freitag nicht zu denken war.
Hinsichtlich des Ballonglühens wolle er „um 21 Uhr entscheiden“, ob man mit oder ohne Hülle aufgrund der Winde noch glühen kann. „Natürlich möchte ich gerne ein tolles Bild haben“, war der Wunsch angesichts von 25 Jahren Ballonfest mehr als verständlich.
Später musste Krämer allerdings einräumen: „Wir haben eine kleine Windlücke, die ist dem letzten Schauer geschuldet. Aber der Wind nimmt stetig zu – dann sind es acht bis neun Knoten. Da können wir keine Hüllen auf die Ballone setzen.“ Am Ende waren es sogar zwölf Knoten.
Dem Publikum machte diese Einschränkung nicht viel aus. „Wir verfolgen das mit Bedacht und kultiviert“, sagte Andrea Schlossarek aus Winnekendonk, während sie mit ihren Freundinnen auf ein erfolgreiches „Candlelight“-Glühen anstieß. Das Glühen sorgte bei Einbruch der Dämmerung zur Musik von AC/DC oder Faithless auch ohne Hüllen für spektakuläre visuelle Augenblicke.

Das Ballonglühen fand aufgrund des Wetters ohne Hüllen statt.


Himmelsriesen in klein am Samstag
Wettertechnisch hatte Festival-Metereologe Michael Noll bereits am Vortag „grenzwertige Winde“ und für den Morgen „eine Stratosschicht in 600 Fuß Höhe“ angekündigt, was den Start am Samstag unmöglich machte.Für die Ballonfahrer-Gemeinschaft hatten die Organisatoren in dieser Situation abwechslungsreiche Möglichkeiten geschaffen, um trotzdem eine gute Zeit zu haben.
Bei „Scholten“ genossen die Fahrer ein gemeinsames „Jubiläums-Frühstück“. Anschließend konnten sie bei einer Stadtführung, einer Baustellenführung am Grenadierwerk und dem Paddeln auf der Niers Kevelaer und die Umgebung erkunden.
Für einen besonderen Moment beim Festival sorgte das unvermittelte Aufrichten des 68 Meter großen Ballons in der Optik des Wasserzugturms des Moskauer „Kremls“ von Ludmilla Samborskaja. Er war zum 850-jährigen Moskau-Jubiläum 1997 nicht in den Himmel aufgestiegen und vor einigen Jahren von ihr entdeckt worden. Tatsächlich wirkte das Fluggerät wie der „Schiefe Turm“ von Pisa – und begeisterte die Fans. Und auch vier niederländische Modellballon-Besitzer entschieden sich dafür, den Windverhältnissen zu trotzen.
Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, ihre „kleinen“ Schätze trotz der Bedingungen aufzufüllen und so auszurichten, dass weder für die Fluggeräte noch für das Publikum ein Risiko bestand. „Das sind 22 Jahre Erfahrung“, konstatierte der Amersfoorter Geert Plukker. „So geht es noch, wir haben viele Leute dabei.“
Nur der siebenjährige Paul zeigte sich nicht ganz „zufrieden“ und etwas irritiert. „Warum fliegt der jetzt nicht?“, fragte der Junge seine Eltern Florian und Conny Rosenfeld. Die waren einfach nur froh, dass sie es noch rechtzeitig zu diesem Höhepunkt geschafft hatten. „Wir haben das mit dem Timing drauf“, meinte das Vredener Ehepaar.
Auch Michaela Fonfara und ihre Schwester Susanne Bönigk freuten sich über den Anblick. „Es ist schön, gemütlich und nett auch wenn es schade mit den großen Ballons ist“, waren sich die beiden Frauen, die extra aus Essen zu ihrer Kevelaerer-Ballonfestival-Premiere angereist waren, einig.
Dafür fand die Verlagerung der Mini-Ballon-Präsentation von der City auf das Gelände den Beifall des Kevelaerers Christian Balzen. „Es ist schöner, wenn das hier konzentriert ist. Schließlich ist das Ballonfestival ja auch hier.“
Es ging aufwärts am Sonntag
Viel Geduld hatte es benötigt – doch am Sonntag morgen hieß es dann für die Ballonfahrer tatsächlich: Ihr könnt eine Fahrt mit eurem Luftschiff machen. „Der Sonntag war schon beim Briefing am Freitag unser Rettungsanker“, konstatierte Meteorologe Michael Noll.
Um 5.45 Uhr erhob sich der erste Ballon in die Höhe. Der Xantener Georg Kröll freute sich wie die anderen 64 Fahrgäste auf seinen Flug: „Oben ist alles friedlich und ruhig – besonders am Morgen. Ein bisschen von der Heimat kennt man von oben. Das ist einfach faszinierend“, beschrieb er vor seiner achten Himmelsfahrt das, was so eine Reise ausmacht.

Dann ging es doch noch in die Höhe.


Für den Essener Bernhard Bejer und seinen Neffen Michael Keller aus Rheinhausen war es das erste Erlebnis dieser Art. „Ich bin 60 geworden und er 30 – das ist ein Geschenk der Familie“, berichtete er. Auch unser KB-Fotograf Axel Hundertmarck hatte das Glück, in die Luft zu heben. Seine Familie hatte ihm dieses besondere Erlebnis geschenkt.
Harry Roland aus dem oberschwäbischen Laupheim instruierte die beiden Mitfahrer Ingo Böllert aus Homberg und Philipp Brockerhoff aus Sonsbeck, die bei den Vorbereitungen halfen. „Ihr müsst nur die Hülle aufhalten. Wenn der hoch geht, zur Seite und gleich in den Korb“, empfahl der erfahrene Pilot. „Außer Fliegen hab ich nix gelernt“, lachte der 65-Jährige. Nach 30 Jahren Hubschrauberpilot bei der Bundeswehr, „dem ersten Segelflug 1968“ und 25 Jahren Ballonfliegen konnte man ihm durchaus abnehmen, dass man sich in punkto Flugsicherheit keine Sorgen machen musste.
Nachdem sich sein „Weishaupt- Ballon“ gemeinsam mit den anderen Motivballonen gen Himmel erhob, bereitete sich Ehefrau Astrid gemeinsam mit zwei Freundinnen auf ihre „Verfolger“-Rolle vor. Sie schaltete den GPS-Bildschirm ein, damit sie später den Ballon und ihre Piloten nach der Landung mitnehmen kann.
Erfahrung und Gelassenheit spielten dabei eine wichtige Rolle, unterstrich die 65-jährige Astrid Roland, die ihren Mann schon auf einigen besonderen Fahrten begleitet hatte. „Wir waren in der Sahara oder auch in Israel mit einem Ballon, der wie eine US-Flagge aussieht und landeten damit einen Kilometer vom Gazastreifen entfernt.“

Getauft mit Feuer und Sekt.


Nach gut einer Stunde funkte ihr Mann. „Wir fliegen noch über die drei Windräder hinweg.“ Spannend wurde es für den „Verfolger“ allerdings, als sich die Landung des Ballons durch Strommasten, Wohnbebauung und Maisfelder immer wieder verzögerte. Schließlich fand Roland hinter einem Maisfeld eine kleine Rasenfläche, auf der Balkon Platz fand. Die drei Frauen liefen auf den gelandeten Korb zu und hielten ihn fest.
Eine besondere „Taufe“
Anschließend stiegen die Fahrgäste einer nach dem anderen aus. Gemeinsam kippten sie den Ballon nach vorne, rollten ihn zusammen und verpackten ihn in eine große Tasche. Harry Roland ließ es sich nicht nehmen, die vier Fahrgäste über die Geschichte des Ballonfahrens auf unterhaltsame Weise zu informieren, mit ihnen auf die Fahrt ein Glas Sekt zu trinken und sie nach Übergabe der Urkunde mit Feuerzeug und Sekt zu „taufen“.
„Dass man so eine Vogelperspektive hat – das ist alles Miniaturansicht“, schwärmte Philipp Brockerhoff, bevor sich die Ballongäste und die Crew auf den Heimweg machten. „Kurz noch ins Hotel und dann fahren wir nach Hause“, sagte Harry Roland, der am Ende mit seinem Team und den Gästen doch noch eine Ballonfahrt starten konnte und ein angenehmes Kevelaer-Wochenende verlebt hat.
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