Ein Quartier für Jugendliche

Kevelaer investiert viel in seine Kinder und Jugendlichen – und wird gleichzeitig für das oft fehlende Angebot für junge Leute kritisiert. Das Kevelaerer Blatt sprach mit dem Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses, Mario Maaßen darüber, was die Politik in diesem Bereich beschäftigt.

KB: Herr Maaßen, der Umzug der Skateranlage in die Mitte Kevelaers war ein Anliegen Ihrer Partei, der CDU. Was gibt es dazu Neues?
Mario Maaßen: Die Jugendlichen haben die Zustände am alten Standort ja lange geduldet, aber inzwischen wird die Anlage nicht mehr so angenommen. Deshalb wollen wir einen neuen Standort. Die Lärmprognose dazu ist jetzt abgeschlossen und die Stadt hat zwei Standorte vorgeschlagen. Favorisiert wird der Bereich bei der Kleinfeldanlage am Schulzentrum. Das finde ich gut, weil wir dort eine Quartierbildung für Jugendliche beabsichtigen. Außerdem habe ich dort keine Sorge vor Vandalismus, weil dort immer etwas los ist.

Was sagt der Kämmerer zu den Kosten?
Für eine vernünftige Skateranlage muss man schon eine Viertelmillion rechnen. Wir würden das gern über ein LEADER-Projekt finanzieren.

Eine Skateranlage macht aber noch kein „Quartier für Jugendliche“.
Wir prüfen derzeit auch, ob das Jugendamt vom Hoogeweg in die Virginia-Satir-Schule ziehen kann. Dort soll es dann Begegnungsräume geben, die auch tiefgründige Gespräche erlauben – wofür im Jugendamt derzeit der Platz fehlt. Außerdem befinden sich am Schulzentrum der Mittagstreff und das Jugendzentrum „Kompass“. Und das Volleyballfeld auf der Hüls, das darf da nicht weg. Ich freue mich auch auf das Mehrzweckbecken, denn das gehört für mich zum Angebot dazu, genauso wie das Freibad.

Wann gibt es denn eine Entscheidung zu den Quartierplänen?
Die Politik wird darüber im Juli beraten, denn bis zum 31. Juli müssen wir den Antrag auf Fördermittel stellen. Das Ergebnis kennen wir dann im September.

Sie erwähnten den „Kompass“. Wie steht es derzeit um die Jugendarbeit in Kevelaer?
Wir haben die Betreuung im Kompass, aber derzeit keinen Streetworker. Das war eine politische Überlegung. Ich persönlich finde, man muss so ein Angebot vorhalten, um überhaupt einen Fuß in die Tür zu bekommen. In der momentanen Arbeitsmarktsituation ist es aber fraglich, ob man jemanden bekäme, den man auch möchte.

Immerhin soll die Schulsozialarbeit ausgebaut werden?
Unser Gesamtschulpartner Weeze möchten die Stellenzahl höher ansetzen, aber die Verhandlungen laufen noch. Auch hier könnte es ein Problem werden, qualifiziertes Personal zu bekommen. So viele Schulsozialarbeiter, wie bundesweit gebraucht werden, gibt es in ganz Deutschland nicht.

Mit dem „KoBü-Flimmern, dem Kino im Bühnenhaus, bemüht sich die Stadt um ein Angebot für Familien. Erfolgreich?
Das KoBü-Flimmern bräuchte bessere Werbung, es hat sich immer noch nicht richtig etabliert. Ich finde aber, das Bühnenhaus macht mit der großen Leinwand schon richtig was her.

Gibt es darüber hinaus genug Angebote für Jugendliche?
Die Angebote in Kevelaer stellen mich auch nicht zufrieden. Natürlich wäre ein richtiges Kino schön oder ein Freizeitzentrum. Aber das ist wohl nicht wirtschaftlich. Wir sind auf der Suche nach Verbesserungen, aber das ist meist mit viel Geld verbunden. Wir hatten jetzt finanziell zwei gute Jahre, aber vorher wurde nur gespart. Wir sollten jetzt nichts übers Knie brechen, aber schrittweise nachholen, wo gespart worden ist.

Für den Jugendbereich gibt es doch bestimmt einige Fördermittel.
Da brauchen Sie immer jemanden, der sich mit den Fördermöglichkeiten auskennt. Die Stadt Kleve hat dafür sogar eigene Leute eingeteilt. Aber unser Jugend- und Sozialdezernent Marc Buchholz ist in dem Thema fit und hat ein gutes Netzwerk aufgebaut – und der Kämmerer kennt sich natürlich auch aus.

Welche Rolle spielen die Vereine für die Jugendarbeit?
Die Jugendhilfe und der Kinderschutz wären ohne die Vereine aufgeschmissen. Das Jugendamt hat zwar die staatlich zugewiesene Wächterrolle, unterhalb dieser Institution nehmen die Vereine für mich eine vergleichbare Wächterfunktion war. Für das Jugendamt wäre das alleine gar nicht zu stemmen. Nehmen Sie nur den Bäderverein und den KSV mit seinen verschiedenen Sportarten und allein 26 Fußballmannschaften. Die Vereine sind meiner Meinung nach völlig „unterlobt“.

Die Stadt könnte die Jugend auch politisch stärker einbinden, zum Beispiel mit einem Jugendparlament.
Das haben wir mal überlegt. Wir sind aber zu dem Entschluss gekommen, dass das Jugendhearing ein besseres Instrument ist. Ein Jugendparlament funktioniert nicht in kleinen Städten, weil die Teilnehmer nach zwei, drei Jahren immer wieder weg sind. Beim Jugendhearing sind bis zu 30 Jugendliche anwesend und tragen ihre Anliegen vor. Ich finde es allerdings wichtig ihnen zu zeigen, dass sie wirklich Gehör finden, und beim nächsten Mal Ergebnisse zu präsentieren. Allerdings dauert es manchmal, bis etwas durch alle Gremien durch ist. Aber auch das Thema Skatepark stammt aus einem Jugendhearing.

Gehen wir zu den etwas Jüngeren. Da wollte die Politik ja Spielplätze verkaufen, um den Haushalt zu konsolidieren.
Wir haben gesagt, wenn wir Spielplätze verkaufen, die nicht mehr genutzt werden, dann verwenden wir das Geld, um andere Plätze aufzuwerten. Aber das ist ein KBV-Thema und nicht meine Meinung. Auf Nord wurden die Plätze zum Beispiel einige Zeit nicht genutzt und jetzt wohnen dort wieder junge Familien und die Plätze sind gut besucht. Meinetwegen kann man die Geräte abbauen, wo sie nicht genutzt werden, und Wartungskosten sparen. Man sollte aber die Wiese lassen – für Jugendliche oder die Nachbarschaften. Ein kleines Angebot zum Toben genügt. Dann kann man bei Bedarf später wieder Geräte errichten. Aber eine Fläche, die weg ist, ist weg.

Apropos Angebot: Ist das Angebot an Kindergartenplätzen groß genug?
Wir wollen das U3-Angebot noch weiter ausbauen, liegen aber in einem guten Landesschnitt. Jetzt bauen wir gerade eine neue Gruppe am Kindergarten Sternschnuppe. Mit dem neuen Baugebiet wird der Bedarf weiter steigen.

Die Stadt baut aber nicht in den Ortschaften, wo heute der Bedarf ist.
Twisteden hat großen Bedarf und ist an Klinkenberg gut angegliedert. Richtig ist, dass Winnekendonk noch größeren Bedarf hat. Aber da fehlen auch Flächen für eine Erweiterung.

Wie steht es um die Sanierung des Urbanus-Kindergartens?
Der Schaden ist zwar groß, aber nicht so groß wie befürchtet, die Kinder werden nicht vorübergehend woanders hin müssen.

Elternbeiträge senken, wie von der SPD angeregt, wollte die Politik aber nicht.
Wir haben in Kevelaer nicht das billigste Angebot, können uns qualitativ aber sehen lassen. Außerdem wollen wir die angekündigte Gesetzesänderung, das neue KIBIZ, abwarten, damit wir nicht nach kurzer Zeit wieder alles ändern müssen. Ich finde aber, wir haben durch die Stufen in die Beiträge viel Gerechtigkeit reingebracht.

Wie entwickelt sich das Angebot der frühen Hilfen?
Wir haben hier keine Extreme wie in Marxloh, aber das Thema Armut geht auch an Kevelaer nicht vorbei. Armut ist dabei nicht nur monetär, sondern kann sich auch in Ausgrenzung äußern. Die frühen Hilfen sind da eine Prävention, ein Netzwerk, das noch weiter aufgebaut wird. Neu ist gerade das Angebot, durch Studenten der Hochschule Rhein-Waal den Familien das gemeinsame Spielen wieder näher zu bringen, dort, wo die Playstation der beste Freund ist. Das bietet auch eine Möglichkeit, für weitere Hilfen einen Fuß in die Tür zu bekommen.

Ist die Politik bereit, für Prävention Geld in die Hand zu nehmen?
Teuer wird es ja, wenn wir zu spät kommen und zum Beispiel eine Heimunterbringung nötig wird. Das ist dann gleich sechsstellig. Das Jugendamt hatte aber vor anderthalb Jahren eine Organisationprüfung und ist nicht schlecht aufgestellt. Natürlich können die Mitarbeiter nicht überall sein. Aber wenn mehr Leute benötigt werden, sagt der Sozialdezernent das der Politik durchaus. Die Jugendhilfe ist ein Pflichtbereich und daher immer gut bedacht worden.

Zur Person
Mario Maaßen ist Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. Beruflich leitet er das Bundespolizeirevier in Kempen. Der Kevelaerer ist verheiratet, 51 Jahre alt und hat zwei Kinder im Alter von 15 und 19 Jahren. Freie Minuten verbringt er beim Joggen oder auf dem Fahrrad. Ansonsten sagt er: „Die Politik ist mein Hobby.“