Ein Jahr in Ecuador

Mitten in den Abiturprüfungen auf der Gaesdonck im letzten Jahr hat sich Rebecca Held für etwas ganz Besonderes entschieden: einen einjährigen Freiwilligendienst in Ecuador. In dem Kinder- und Jugendzentrum „SALEM“ in Mindu in den ecuadorianischen Anden kümmerte sie sich dann als frisch gebackene Abiturientin um benachteiligte und gefährdete Kinder und Jugendliche. Ein Jahr konnte sie so neben vielen praktischen Berufserfahrungen auch eine völlig andere Kultur kennenlernen und ihre Spanischkenntnisse ausbauen. Nun ist sie zurück in Kevelaer und zieht Bilanz über ein Jahr in der Fremde.
Auf das Projekt „SALEM“ wurde sie über ihre Entsendeorganisation „Welthaus Bielefeld“ aufmerksam. Fest stand für sie auf jeden Fall, dass sie in ein spanisch sprechendes südamerikanisches Land reisen möchte. Das Projekt hat sie sofort begeistert und im vergangenen August packte sie für ein Jahr ihre Koffer und kam erst diesen August zum ersten Mal wieder zurück in die Heimat, – natürlich um vieles bereichert und mit der Gewissheit: „Es war ein rundum erfüllendes Jahr! Ich würde sofort wieder eine solche Entscheidung treffen!“
Mitten im Bergnebelwald

Rebecca lebte ein Jahr in Mindo, einer kleineren Ortschaft, die auf 1200 m Höhe liegt und sich mitten im Bergnebelwald an der Westseite der ecuadorianischen Anden befindet. „SALEM“ bietet für rund 45 sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche eine vielseitige Nachmittagsbetreuung an. „Viele können schlecht lesen, schreiben oder sprechen“, hat sie erfahren. Mit den Prinzipien der Montessori-Pädagogik hilft „SALEM“ den Kindern, ihre Begabungen zu entdecken und die schulischen Leistungen zu verbessern. Des Weiteren hat jeder die Möglichkeit am Gitarren-, Klavier- oder Gesangsunterricht teilzunehmen oder sich im Nähatelier kreativ auszutoben.
In „SALEM“ spiele die Familienhilfe und psychologische Betreuung der Eltern eine ganz zentrale Rolle, da die Rechte der Kinder und Jugendlichen oftmals verletzt würden, etwa durch Vernachlässigung, Kinderarbeit oder innerfamiliäre Gewalt, erzählt die Helferin. Die Mitarbeiter könnten nicht alle Probleme lösen, aber sie möchten Hilfe zur Selbsthilfe geben. Die Erzieherinnen und Psychologen suchten mit den Eltern gemeinsam Lösungen für alle Konflikte und Probleme. Die Kinder könnten in „SALEM“ jeden Nachmittag ganz Kind sein, werden gefördert, können lernen, spielen und lachen.
Nach den ersten, auf beiden Seiten noch etwas schüchternen Annährungsversuchen hat Rebecca die Kinder und diese sie jedoch schnell in ihr Herz geschlossen. Gemeinsam sang und musizierte sie mit den Kindern. Ihre Ukulele hatte sie aus Deutschland mitgebracht und gab manchen von ihnen auch Klavierunterricht.
Oft viel Armut

Oft gebe es viel Armut im Land. „Es gibt dort kein Geld vom Staat, kein Kindergeld, kein Bafög für Studenten, keine Sozialhilfe und auch keine Rente. Oft müssen die Leute sechs oder sieben Tage die Woche arbeiten, um über die Runden zu kommen. Die Kinder müssen dabei öfters auch mithelfen, um die Familie zu unterstützen und etwa an der Straße Kokosnüsse verkaufen. Die Menschen müssen wirklich ihren Lebensunterhalt selbst erarbeiten, auch noch 80-jährige Rentner!“, berichtet Rebecca.
„SALEM“ organisiere jedes Jahr ein Ferienprogramm, um dafür zu sorgen, dass die Kinder und Jugendlichen in den Schulferien ihre Freizeit besser nutzen, indem sie an tollen Unternehmungen teilhaben und ein gutes Zusammenleben in einer Gemeinschaft erleben könnten.
Gemeinsam mit zwei anderen Freiwilligen aus Deutschland und Österreich half Rebecca ein Jahr mit und war bald eine voll eingearbeitete Kraft, die auch schon alleine Verantwortung übernehmen durfte. Rebecca konnte in ihrem Freiwilligendienst nicht nur im Projekt helfen, sondern hat nach eigenen Angaben auch sehr viel über die Menschen, das Leben und über sich selbst dazu gelernt und ist daran gewachsen. Und sie wisse nun auch: Vieles, was für sie selbstverständlich war, wie Kindergeld, Sozialhilfe, Rente oder fließendes warmes Wasser ganz neu zu schätzen.