Ein Freund der leisen Töne

Wenn man an der Tür am Hoogeweg 66 schellt, hört man zunächst Vogelgezwitscher – ein Indiz dafür, dass es sich angesichts so eines Klingeltons um einen klang-musikalischen Personenkreis handelt, der in dem Haus wohnt. Die Bestätigung erhält man, wenn man dann mit Michael Kahlert in seiner Wohnung ins Gespräch kommt. Eine kleine Galerie mit Instrumenten auf dem Boden zeugt von der Musikalität des 41-Jährigen, der „seit 20 Jahren Wahl-Kevelaerer“ ist.

Denn ursprünglich ist er in Mülheim an der Ruhr geboren. Aufgewachsen ist er aber in Geldern-Pont am Niederrhein, da es seine Eltern, beide Lehrer, aus beruflichen Gründen dorthin zog. „Meine Eltern haben wohl gedacht, dass ich mit ihnen als Lehrer genug „gestraft“ bin und haben mir viel überlassen“, war seine Kindheit von ausreichendem Freiraum gekennzeichnet.

Ein bisschen „abgefärbt“ hat der Beruf der Eltern allerdings in der Hinsicht, dass er selbst als Diplom-Pädagoge tätig ist. „Aber nicht im Schuldienst, sondern im Haus Dondert und in der Musiktherapie. Und ich musiziere mit behinderten Menschen in St. Bernardin.“ Dazu hält er noch Vorträge über „Musik und Gesundheit“, arbeitet mit Selbsthilfegruppen, schafft im ambulanten Bereich der Amsterdamer Straße und sorgt mit einem breiten Programm für eine Tagesstruktur.

Musikbegeistert sei er schon immer gewesen. „Ich habe in der Jugend viel ausprobiert“, konnte ihm die Schulmusik mit Noten vom Papier nie soviel sagen, auch als er Keyboard oder Posaune spielen wollte.

Im Rahmen der Erzieher-Ausbildung näherte er sich dann dem Schlagzeug und dem Percussionsspiel an. „Einen Ausdruck zu entwickeln und etwas Eigenes zu machen“, das war sein Anspruch. „Ich wollte selbst kreativ tätig werden“, lernte er später noch Gitarre, ging an den PC und startete einzelne Projekte.

Knackig und laut

Seine erste Banderfahrung machte er mit Rockmusik. „Das waren überwiegend Gelderner Jungs, da hab ich Schlagzeug gespielt, das ist 18 Jahre her“, erzählt Kahlert. Sogar bei Ripkens an der Südstraße wurde geprobt.

Die Band „Smoketowndog“ gründete er 2008/2009 mit. „Das hat Spaß gemacht.“ Sogar einen Bandcontest beim „Geldernsen Festival“ gewann die Combo, agierte dort dann auch als Opener.

„Das wurde mir aber zu knackig und zu laut“, kam für ihn der Punkt, wo er für sich sagte: Das ist es für mich nicht. Vor einem Jahr hängte er dann die Rockmusik endgültig an den Nagel. „Musik sollte man voll und ganz machen und nicht halb. Das blockiert sonst auch nur die anderen.“ Damit war der Weg für den Umstieg auf Percussion vorgezeichnet. „Ich bin ein Freund der leisen Töne geworden“, sagt Kahlert – und meint damit auch die Zusammenarbeit in dem Trioprojekt „Mental Lift“.

Als er an der Fachhochschule Düsseldorf nochmal Sozialpädagogik auf Diplom mit medienpädagogischem Schwerpunkt studierte, traf er dort auf Frank Henn, der dort als Doktor der Erziehungswissenschaft und Musiktherapeut arbeitet. Bei ihm schrieb er auch seine Diplomarbeit, als „mein Prof einen Burn-out bekam und die Arbeit an Henn weitergab.“ Kahlert und Henn trafen sich daraufhin häufiger in Leverkusen, wo Henn wohnt. „Ein Glücksfall“, sagt Kahlert heute.

Eigenes Kunsthandwerk

Über Henn lernte Kahlert mit dem Hang und dem Gubal neue Instrumente kennen, die – angelehnt an die Steeldrum – „keine Chromatik, sondern eine ganz spezielle Tonleiter“ haben und mit der Hand percussiv gespielt werde. „Das ist ein ganz eigenes Kunsthandwerk. Und so so habe ich eine neue Welt entdeckt.“

Wohlbefinden steht im Vordergrund  – für Musiker und Zuhörer. Gemeinsam mit dem Kevelaerer Gitarristen Igor Arndt, der früher auch bei „Smoketowndog“ aktiv war, bilden sie seit acht Jahren die Formation „Mental lift“. Es gehe dabei um Entspannungsmusik, sagt Kahlert.

„Im Vordergrund steht das Wohlbefinden“, beschreibt er die Idee des Sounds. „Ein schöner friedlicher Austausch und eine sehr meditative Atmosphäre ohne Druck“ sei das Ziel. „Wir tauschen uns da frei aus – und das ist für uns dann auch Erholung.“

Die Stücke seien „Arrangements, die aus frei improvisierten Teilen entstehen. Im Ursprung des Stücks steht immer das Gefühl“, erklärt der Musiker. „Das hat eine sehr harmonisierende Wirkung. Und es ist eine Möglichkeit, unsere Befindlichkeit positiv zu beeinflussen. Da haben wir mit den „weltlichen“ Dingen in dem Moment nichts zu tun.“

Die Musik habe einen stark untermalenden Charakter. Deswegen spielt das Trio viel auf Vernisssagen. „Das passt gut in Verbindung mit Kunst. Denn das sind so kleine Welten und Landschaften, die da musikalisch entstehen“, sagt Kahlert.

Eine weltmusikalische Note

Sie habe eine gewisse weltmusikalische Note – nicht zuletzt, weil die drei gelegentlich auch mit dem persischen Trommler Syavash Rastani auftreten. Rastani wird auch mit dabei sein, wenn das Trio am 22. September 2019 ab 13 Uhr für zwei Stunden auf dem Kevelaerer Madonnari-Festival im Forum Pax Christi zu hören sein wird. Und drei Monate zuvor werden die Musiker ihre Künste im Rahmen der „Landpartie“ zeigen, wenn sie im KuK-Atelier von „Madonnari“-Initiatorin Frederike Wouters auftreten. Kahlert macht das stolz. „Es ist schön, das jetzt auch mal in Kevelaer vor Ort für eine breite Öffentlichkeit zu machen und nicht nur in Kaarst oder Köln“, meint der frischgebackene Vater eines Jungen.