Ein Fest für das ganze Dorf

Am Samstag strahlte die Sonne über den Festplatz, als der Kervenheimer Ortsvorsteher Martin Brands Punkt 14 Uhr zur offiziellen Eröffnung der Kirmes nach dem Anstechen des Fasses die ersten Bierchen für die Besucher und Gäste zapfte.
„Für meine dritte Runde als Ortsvorsteher läuft das rund“, stellte Brands die Gläser auf den Tisch. „Auf dass wir fröhliche Kirmestage erleben.“ Und dass erkannt würde, wie wichtig solche Feste wären. Auch der zukünftige König Fabian Reykers verteilte ein paar Gläser. Er bekannte, dass er angesichts der bevorstehenden Inthronisierung „so langsam nervös“ werde. Die Kinder und Jugendlichen nutzten derweil die Gelegenheit, mit dem Kinderkarussell zu fahren oder sich am Schießstand zu erproben. „Da kann man Punkte sammeln und sich was aussuchen“, traf die neunjährige Lea ein paar Sterne. „Ich hab vorher gedacht, ich treffe nix. Jetzt sind‘s zehn Punkte“, verkündete Frida (7) stolz.
Aus Sicht der St. Sebastianus-Schützenbrüder bildete deren Umzug durch den Ort den Höhepunkt des Tages. Am Wohnort des neuen Königs wurden die Ketten von den alten Königen, Kaisern und Ministern auf deren Nachfolger übertragen. Mit König Fabian Reykers, dem Minister Franz und Adjutanten Jonas Reykers, plus dem Kaiser Bernhard Reykers wurde ein Thron gekürt, den es in dieser Familienkonstellation wohl noch nie gegeben hat.
Am Abend machte die Partyband „Sackers & Band“ im Festzelt richtig Alarm. Angesichts der Hitze teilten sich die über 200 Gäste zwischen Zelt-und Kirmesplatz auf. „Das muss man genießen und mit Leib und Seele dabei sein“, feierten der frischgekürte Kaiser Bernhard Reykers und die Anwesenden bis in die frühen Morgenstunden. „Die waren klasse“, meinte auch Schützen-Brudermeister Reiner Krüger.
Trotz dieser „Beanspruchung“ fand Pastor Manfred Babel am Sonntagmorgen zum Familiengottestdienst (musikalisch eingerahmt vom „Cäcilia“-Kirchenchor und dem Musikverein „Concordia“) ein gut gefülltes Festzelt vor. Dort sprach er von der Vernetzung der Menschen untereinander. Der Pastor nannte das Beispiel der Ferienlagerkinder, die Postkarten von der Ostsee schicken, oder des Kervenheimer Jungmissionars Johann Verhoeven, der über „Whatsapp“ aus Ghana Grüße in die Heimat sandte. Anschließend ging es mit einem musikalischen Frühschoppen weiter. „Hier schlägt der Puls der Zeit“, spielte Johannes Franken auf die Rolle eines solchen Vormittags als „Meinungsbörse“ an. „Auch Gänsesekt ist super an so einem Tag“, schunkelten Gisela Büns, Anna Janßen und Gertrud Küsters zu den schwungvollen Klängen des Orchesters.
Am Montag folgte mit dem Umzug der Geselligen Vereine der ganz große Höhepunkt des Kirmesfestes für die Ortschaft. Zuvor hatten der evangelische Pfarrer Johannes Fries und der katholische Pastor Manfred Babel eine ökumenische Dankandacht auf der Burg gehalten. In seiner Predigt wandte Fries das Bild der „verknüpften“, miteinander verbundenen Welt am Beispiel des Fischers Simon und seiner Freunde an. Sie knüpften gemeinsam Netze und auf Anraten Jesu fuhren sie nochmal hinaus, um mit vollen Netzen zurückzukommen. Das sehe er als „Vorbild auch für unser Dorf hier“, wo „es viele Hände gibt, die für Kervenheim zusammenarbeiten.“
Nach der Messe ging es zum Denkmal und zum Gedenken für die Gefallenen der Weltkriege. Ortsvorsteher Martin Brands mahnte, sich nicht „zufrieden zurückzulehnen und zu meinen, der bittere Krieg sei endgültig besiegt“, was die täglichen Nachrichten belegten. Man könne zum Frieden selbst aber beitragen, „indem zumindest wir uns als eine Einheit und Gemeinschaft verstehen“ und dafür „möglicherweise die Einschränkung des Einzelnen als mehr als angemessenen Preis zu zahlen ist.“
Danach reihten sich die Vereine des Ortes auf. Sie zogen durch die Ortschaft bis zur Bürgerwiese, wo die Gemeinschaft das „Kervenheim“-Lied intonierte und mit dem Kinderprinzenpaar plus Gefolge und dem Reykers-Erwachsenenthron in das Festzelt einzog.
Nach dem Eröffnungstanz folgten fröhliche Stunden. Christian van Oeffelts Bilanz fiel nach vier Tagen Kirmes zufriedenstellend aus: „Ich habe mich über viele junge Leute gefreut. Das versinnbildlicht auch der Thron.“ Angesichts stabiler Besucherzahlen und einer guten Zusammenarbeit der Vereine war sein Ausblick optimistisch: „Die Kervenheimer Kirmes hat eine Perspektive.“ (aflo)


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