Ein fehlender Deich hielt ihn nicht auf
Wir können heute nur noch mutmaßen, dass es eine riesengroße Enttäuschung gewesen sein muss, die am Beginn des Ameland-Kinderferienwerks stand. Stellen wir uns vor, wir träten im Jahre 1906 mit dem gebürtigen Kevelaerer Edmund Janssen an den Strand und blickten auf die niederländische Insel. Und machten große Augen: Die eingezeichnete Landverbindung, ein schmaler Deich, der in unserem Schulatlas seit Jahren eingezeichnet ist und dessentwegen wir uns ausgerechnet Ameland als Ziel ausgesucht haben, existiert gar nicht.
Zu Fuß durchs Wattenmeer
In diesem Moment können wir vielleicht erahnen, wie stark der Wille dieses mit Spitznamen „Mön“ gerufenen Edmund Janssen war, der erst die Ebbe abwartet und dann zu Fuß das Wattenmeer Richtung Ameland überquert. Später wird er übrigens sein Kapitänspatent erwerben und einen alten Kahn – vielleicht, um auch bei Flut diese Insel erreichen zu können, die für viele Menschen, für Deutsche wie Niederländer, eine „Rettungsinsel“ werden wird.
Ameland – die ,Rettungsinsel‘
Selbst die Geschichte, derentwegen wir in diesen Tagen an Edmund Janssen denken, entbehrt nicht eines gewissen komischen Hintergrunds. Eine Tafel, die an den Pfarrer, Kapitän und Gründer des Ameland-Kinderferienwerks erinnert, ist gerade im Foyer des Museums angebracht worden. Zuvor hing sie an wenig prominenter Stelle in der Öffentlichen Begegnungsstätte und kaum einer nahm Notiz von ihr. Pfarrer Hubert Janssen schlug vor, die von ihm gestiftete Bronzeplakette doch etwas mehr ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Bürgermeister Dominik Pichler und Museumsleiter Burkhard Schwering unterstützten die Idee und nun kann jeder, der durch die Museumspassage geht, die große Plakette sehen. Doch was heutezutage so unbürokratisch über die Kevelaerer Bühne geht, war einstmals so einfach nicht: Vier lange Jahre dauerte es, bis die Plakette ihren ersten Platz fand.
Und das kam, verkürzt dargestellt, so: 1996 – da hängen längst die beiden Gedenkplaketten am Hauptportal der St.-Clemens-Kirche zu Nes auf Ameland und an der Fassade der St.-Pankratius-Kirche zu Anholt, der letzten geistlichen Wirkungsstätte Edmund Janssens – bringt der damalige Vorsitzende des Ameland-Vereins, Dieter Bullack aus Goch, den Gedanken auf, Edmund Janssen auch in dessen Geburtsstadt zu ehren.
Mit Fug und Recht darf man Janssen damals schon als engagierten Kirchenmann bezeichnen, der den nationalsozialistischen Machthabern mutig entgegentritt und ihnen zahlreiche Zugeständnisse abtrotzt. Und der nach dem Ersten und während des Zweiten Weltkrieges immer wieder Menschen vor Hunger, Arbeitslager, ja vermutlich damit sogar vor dem Tode rettet.
Seine mutigen Taten sind unbestritten, dennoch wird die Bitte Bullacks an Pastor Richard Schulte Staade, einen würdigen Standort für den Abguss der Bronzetafel in Kevelaer zu finden, nicht beantwortet, wie der ehemalige Herausgeber des Kevelaerer Blattes, Martin Willing, im dritten Band über „Kevelaerer Persönlichkeiten“ schreibt, den er gemeinsam mit Delia Evers veröffentlicht hat. Neffe Hubert Janssen (siehe Bericht zu dessen Geburtstag auf Seite 3 dieser Ausgabe) wendet sich deshalb an den Leiter des Kevelaerer Museums, Robert Plötz. Dieser anwortet rasch: Er sei nicht der richtige Ansprechpartner, habe aber das Anliegen weitergeleitet an Bürgermeister Börgers – und Pastor Richard Schulte Staade. Wieder bewegt sich nichts, so dass der Vereinsvorsitzende des Amelandvereins 1998 an den Vereinsvorsitzenden des Museumsvereins, Reinhard Thoenissen, schreibt. Auch hier verhallt der Ruf nach Anerkennung Janssens in seiner Geburtsstadt ohne Folgen. Hubert Janssen versucht es 1999 bei Stadtdirektor Heinz Paal, der daraufhin im Hauptausschuss verspricht, sich um eine Lösung zu bemühen. Anderthalb Jahre später wird verkündet, die Tafel solle im Foyer der öffentlichen Begegnungsstätte enthüllt werden. Und immerhin vier Jahre nach der ersten Anfrage hängt die Plakette dann dort – in der Cafeteria. Dass wir uns heute an diesen Sohn Kevelaers, der weit über die Grenzen der Marienstadt hinaus gewirkt hat, an prominenter Stelle erinnern dürfen, verdanken wir seinem Neffen. Hubert Janssen hat die Tafel entworfen, die vom Kevelaerer Goldschmied Albert Metsch gestaltet und von der Bronzegießerei Butzon & Bercker gegossen wurde.