Ein echter „Journeyman“

Chris Milner ist musikalisch eine Art „Überzeugungstäter“ – der Anlass, zur Gitarre zu greifen, war erstmal banal. „Ich war 15, ein Mädchen hatte mein Herz gebrochen“, erzählte der aus Yorkshire stammende Singer/Songwriter vor seinem Auftritt.

Dylan, Cohen, McTell

Als er als junger Kerl in den 70er-Jahren begann, in den britischen Folkclubs zu singen, ahnte er allerdings noch nicht, dass seine Karriere die „Ups and Downs“ des Musikgeschäftes überleben würde. „Ich wollte unbedingt ein Bob Dylan, ein Cohen, ein Ralph McTell werden“, gestand er im Verlaufe des Konzerts.

Dass sein Weg ihn nach vielen Stationen von Afrika bis Türkei auch an den Niederrhein nach Kevelaer führte, lag an zwei guten Musikerfreunden: dem Kevelaerer Bernd Rolf und dem Reeser Wouter Herman. „Lasst euch überraschen“, rief der gebürtige Niederländer den Gästen zu und kündigte an, später mit dem Hut rumzugehen. „Schließlich will Chris ja nach Hause kommen.“

Und so wechselte der 67-jährige Brite zu Kerzenschein immer wieder zwischen seiner Gibson J 200 und seiner 1972er Yamaha-Gitarre und verwandelte den Hinterraum des „Apfel“ in einen Ort der Geschichten.

Dabei gelang es ihm, den Raum und die darin sitzenden Personen mit seiner ruhigen, sonoren Stimme, schönen Sprachbildern und sauberem, vielseitigen Gitarrenspiel vollständig für sich einzunehmen. Ob er nun die Begebenheit eines Mannes erzählte, der zur Armee soll und dessen Liebste am liebsten mit ihm gehen will, in „Watching you“ beschrieb, wie eine Frau ihm auf seinen Konzerten folgte oder ein Lied über seine Schwester („Sister song“) vortrug, mit der er als Schwester in Afrika großartige und weniger großartige Momente erlebt hatte – ein ums andere Mal folgte das Publikum im Goldenen Apfel dem erdigen, aufrichtigen Sound und seinen Texten.

Brexit und Big Brother

Unvermeidlicherweise wurde er mit dem Blick auf den „Brexit“ und die bevorstehenden Neuwahlen mit „Democracy Week“ auch sehr politisch. „Wir haben mehr Stimmen bei „Big Brother“ als bei den Wahlen – wir stecken da in einer Krise“, wirkte er da für seine Verhältnisse fast kämpferisch.

Er beschwor in seinen Zeilen den „Change of heart“, warb für die Toleranz zwischen den Völkern und intonierte mit dem Publikum zusammen „Ashe Ole Wha“, den Dankesgruß afrikanischer Stammesfrauen. Mit „Streets of London“ sang er nur einen Song von einem seiner Helden – und animierte die Gäste zum kollektiven Mitsingen. Ein schöner Abend mit einem wahrhaftigen Künstler.