Ein Dorf lädt zum Silvesterlauf

Am 31. Dezember 2016 um 14 Uhr ist es wieder soweit, dann gehen in Kervenheim die Läufer, Jogger, Walker und auch Hundehalter zum fünften Mal auf den 2,1 Kilometer langen Rundkurs.
Dieser etwas andere Silvesterlauf fand seinen Ursprung im Winter 2012. Damals gab es schon im November viel Schnee und Eis, und auch am Silvestertag waren die Wetterbedingungen unverändert, sodass der traditionelle und bei vielen in der Region beliebte Lauf in Pfalzdorf abgesagt werden musste, da es einfach zu gefährlich war.
Doch zwei Kervenheimer Jungs, Thomas (Rosi) Roest (42) und Edgar Schlootz (52), hatten einen so starken Bewegungsdrang, dass sie ungeachtet der Witterungsbedingungen dennoch laufen wollten, um das Jahr noch mit einer sportlichen Aktivität zu beenden, bevor es dann zur Silvesterparty ging, so erinnert sich Thomas Roest. Sie liefen dann insgesamt zehn Kilometer von Kervenheim nach Sonsbeck und wieder zurück.
Im folgenden Jahr, auf dem Weg zur Kinderandacht am Heiligabend, fragte ihn sein Kumpel Udo Weber, ob sie gemeinsam den Silvesterlauf machen sollten. Worauf Thomas Roest erwiderte: „Nein, das ist mir zu stressig, mit der An- und Abreise nach Pfalzdorf.“ Worauf Udo Weber entgegnete „Nicht in Pfalzdorf, sondern hier bei uns in Kervenheim, so wie du es im letzten Jahr mit Edgar gemacht hast.“
Von dieser spontanen Idee begeistert, rief der Vollblut-Kervenheimer über Facebook seine Freunde zum Mitmachen auf. Er war dann doch erstaunt, dass sich spontan sechszehn laufbegeisterte Freunde meldeten, um mit ihm und vier Hunden (!) an den Start zu gehen. Um seinen Freunden und den nicht laufenden Familienangehörigen auch eine Aufenthaltsmöglichkeit zu bieten, wurde seine Garage ausgeräumt, gefegt und eine Partyzeltgarnitur eingeräumt. Hier konnten sich alle vor und nach dem Lauf mit Getränken und kleinen Snacks versorgen.
Enormer Zuspruch
Im Jahr 2014 waren es dann bereits 80 angemeldete Teilnehmer, die auch eine andere Infrastruktur benötigten. Also wurden vor der Garage noch schnell Partyzelte aufgebaut und auch zwei Dixi-Toi­letten standen bereit. Für die Bewirtung der vielen Gäste konnte er einen guten Freund gewinnen, der das Catering übernahm.
Durch den enormen Zuspruch überlegte man sich dann für den Lauf in 2015, die Veranstaltung etwas professioneller zu gestalten. Vor allem war das Ziel, die Laufroute zu vereinfachen und auch sicherer zumachen, da man bisher auch Straßen kreuzen musste und dies den Verantwortlichen zu riskant erschien. So entschieden die Organisatoren sich für einen 2,1 Kilometer langen Rundkurs, der hinter der Feuerwehr auf dem Parkplatz des Tennisplatzes beginnt und endet. Ebenso richteten sie eine Internetseite (www.sylvesterlauf-kervenheim.de) ein, mit allen wichtigen Informationen zum Ablauf. Auch musste man sich nun Gedanken darüber machen, dass man für eine derartige Veranstaltung auch Haftungsrisiken ausgesetzt ist. Also mussten die Organisatoren eine Versicherung abschließen. Der Beitrag dafür wurde von einem Freund organisiert, der seinen Chef einer Versicherungsagentur davon überzeugte, dies zu spenden.
Zum Start am 31. Dezember 2015 kamen schon 120 Teilnehmer, von kleinen Kindern bis hin zu Senioren und noch mehr Hunden. Die Teilnehmer vom Einzelläufer über Familien und Gruppen kommen aus den umliegenden Dörfern und Kommunen, aber auch aus der Nähe von Hamburg.
Großen Wert legen Roest und seine Mitorganisatoren darauf, dass dieser Silvesterlauf nur Spaß machen soll und keinem Leistungsdruck unterliegt. Man möchte keinen Wettkampfcharakter. Deshalb verzichten die Organisatoren auf eine Zeitmessung und auch auf eine Unterteilung der Teilnehmer in Altersklassen. Jeder kann mitmachen, jeder läuft, mit wem und wie lange er möchte. So, wie es einem gefällt. Auch auf Startgelder verzichtet man konsequent. Die Organisatoren setzen bei der Finanzierung auf Spenden und Sponsoring. Weil Gastfreundschaft in Kervenheim groß geschrieben wird, werden nicht nur die Teilnehmer, sondern auch alle anderen Besucher bewirtet. Jeder gibt dann seinen freiwilligen Obolus in die vom Schreiner und Tischler Thomas Roest selbst angefertigte Spendenbox. Denn der Silvesterlauf steht unter dem Motto „Das Laufen vor der Jahreswende finanziert sich durch `ne kleine Spende.“
500 Euro gespendet
Dies funktionierte im vergangenen Jahr so gut, dass die Veranstalter einen Überschuss von 500 Euro spontan an die Aktion Pro Humanität übergeben konnten, die damit eine akute Hilfsaktion zur Linderung einer Hungersnot in Benin durchführen konnte.
„Anmelden kann man sich bis Silvester um 13.58 Uhr“, so der dabei schmunzelnde Thomas Roest, „denn danach habe ich keine Zeit mehr.“
Die Veranstaltung ist geprägt von einem dörflichen Miteinander, davon, selbst Spaß zu haben und anderen eine Freude in Kervenheim zu bereiten. Denn wenn der Ruf ertönt, dass angepackt werden muss, dann kommen sie alle, ob Freunde und Nachbarn, jeder hilft und trägt so zu einem tollen Dorfmarketing bei.
In diesem Jahr gibt es erstmals T-Shirts mit dem Aufdruck „Sylvesterlauf Kervenheim“, die als Erinnerung an diesen tollen Nachmittag erworben werden können.
Aktuell liegen die Anmeldezahlen erst bei 33 Teilnehmern. Das lässt den Organisator jedoch vollkommen entspannt: Erfahrungsgemäß melden sich die meisten erst kurz vorher an.