Ein besonderes Gesellenstück
Absolut nichts war an diesem Abend normal in der Gaststätte „Zuhause bei Hoffmann“ auf der Weberstraße in Hamminkeln-Dingden. Denn statt Hunderter Fans, die ihnen enthusiastisch zujubelten und sie zu Höchstleistungen animierten, standen gerade mal acht Techniker und Kameraleute im Raum, um dem Konzert der Bocholter Formation „Trio Má“ zuzuhören. Über einen zusätzlichen Screen im Nebenraum erhielten das Personal und die Inhaber der Gaststätte die Chance, das Ganze exklusiv „live“ mitzuerleben.
„Hier finden sonst so 300 bis 400 Leute Platz“, umschrieb Marvin Feldmann von der Weseler Veranstaltungsfirma „Sound Light und Design Wesel“ die Dimension, die so ein wegen Corona fehlendes Publikum ausmacht. „In dem Raum hier dürfen sich maximal zehn Personen aufhalten, damit genug Distanz zu den jeweils anwesenden Personen besteht,“ beschrieb Firmeninhaber Rolf Feldmann das Besondere der Situation. Deshalb habe man bewusst drei kleine Bühnen aufgebaut, damit die Musiker ausreichend weit voneinander getrennt sind.
Dazu kam noch ein Traversensystem, „damit wir das lichttechnisch vernünftig darstellen können“, erläuterte Azubi René Langenberg. Er hatte an diesem Abend „den Hut auf“ für das Konzert. „Das heute abend ist sein Gesellenstück“, sagte Rolf Feldmann. Denn der 21-jährige René Langenberg hatte in den letzten knapp drei Jahren seine Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik bei Feldmann absolviert. Und jetzt zum Ende hin sollte er eine Band komplett von der Technik und der Lichtshow her betreuen.
Keine Veranstaltung – keine Prüfung
Das Coronavirus brachte die Pläne allerdings ins Wanken. „Da alle Veranstaltungen abgesagt wurden, haben wir uns gefragt, welche Chancen es da noch gibt“, kam Rolf Feldmann und Co. dann die Idee für das „Geisterkonzert“ mit ein paar Kameras für das Internet und den Technikern. Denn die IHK hat zuvor deutlich signalisiert, dass es mit der Abschlussprüfung nichts wird, wenn die Veranstaltung nicht stattfindet.
Den Raum und das Licht unter diesen Umständen optimal zu nutzen, sei die besondere Herausforderung dabei, sagte Langenberg. „Denn wenn‘s nicht funktioniert, bin ich sonst der Doofe.“ Dazu kam noch der zusätzliche Aufwand, das Ganze via Livestream in die Welt zu bringen. „Normalerweise geht das bei Bühnenleuchten mit weißem Licht von vorne, dass sich die Künstler auf der Bühne verteilen. So haben wir jetzt Spots verteilt auf die jeweilige Bühne.“
Von U2 bis Adele
Für Chris Paus und seine Kollegen von „Trio Má“ war das Konzert eine „spannende Situation, weil man sonst als Livemusiker mit Publikum so ein Konzert feiert und so das total abstrakt wirkt, der Adrenalinspiegel und die Energie nicht da ist“, meinte der Keyboarder, Pianist und Sänger. „Wir sind alle Berufsmusiker und haben schon diverse Sachen gespielt. Aber ein ‚Geisterkonzert‘, das ist für uns alle neu“, gestand er zu. Auf der anderen Seite fand er es „grundsätzlich ein ganz gutes Zeichen, wo vorgeschlagen wird, nicht rauszugehen, über Livestream Menschen die Möglichkeit zu geben, Musik live zu hören.“ Und so präsentierte Paus zusammen mit seinen Bandkollegen Stephan Lucka am Bass und dem Schlagzeuger Frank Bruns ein eigenwilliges Repertoire von Coversongs, deren Spektrum von U2 bis Adele reichte. Mit viel Spielfreude inszenierten sie ihren „Pop, der so gespielt werden soll wie Jazz.“
René Langenberg zeigte mit seinem Lichtarrangement und dem transparenten Sound, dass er für den Job ein Talent hat – alle waren mit seiner Leistung sehr zufrieden, so dass er den letzten Schritt nun wohl auch noch gehen wird. Und eins war natürlich allen wichtig: dass sie in Zeiten von Corona den Mitmenschen auch mal etwas Anderes bieten konnten als nur Krise. „Da kann Musik auch wichtig sein“, meinte Paus.