Ein besonderer Heimatabend

Es war in vielerlei Hinsicht ein ganz besonderer Abend: Denn erstmals durften die „Swingenden Doppelzentner“ – liebevoll in Kevelaer nur die „Swingies“ genannt“ – als Gastgeber des Heimatabends einen eigenen Festkettenträger proklamieren. Zum Zweiten wurde erstmals ein Adjutanten-Duo benannt. Und der Heimatabend war die erste große offizielle Veranstaltung des Jahres, nachdem mit Willy Kocken vom VFR Kevelaer und dem früheren Prälaten Richard Schulte Staade zwei prägnante Persönlichkeiten des Kevelaerer Lebens verstorben waren.

Und so überraschte es nicht, dass der Präsident der Geselligen Vereine Kevelaer, Peter Tenhaef, nach dem ersten Musikblock des Musikvereins unter der Leitung von Elmar Lehnen – mit Gilbert O‘Sullivan, Simon & Garfunkel und einem „The Lion King“-Medley – in seiner Rede an beide Persönlichkeiten erinnerte. „Wie nah Freud‘ und Leid zusammenliegen, bekommen wir in diesen Tagen vor Augen gehalten. Gerne hätte ich sie beide hier heute Abend gesehen, Willy Kocken und den von allen geschätzten, um nicht zu sagen geliebten Prälaten Richard Schulte Staade. Beide standen den Geselligen Vereinen sehr nahe.“

Gerne gemeinsam gegessen und gefeiert

Tenhaef würdigte Kocken „als begeisterten Karnevalisten und Fahnenträger des VFR“ und seine Rolle als Adjutant des ebenfalls schon verstorbenen Festkettenträgers von 2014, Egon Kammann. Ausführlich ging er auf Leben und Werk von Richard Schulte Staade ein, der 32 Jahre lang als Prälat und Pastor von St. Marien „Hüter des Gnadenbildes“ gewesen war, „immer Kontakt zu uns“ auch in seiner aktiven Zeit „und Interesse am Geschehen innerhalb der Geselligen Vereine gehabt“ habe. Das Präsidium erinnere sich gerne „an seine Einladungen und Besuche in Wesel“, wo das selbst mitgebrachte Essen für ihn noch circa eine Woche hielt und er diebische Freude dabei empfand, „wenn wir mal nach Hause gingen und eine Kiste Bier bei ihm ‚vergaßen.‘“ Er habe „gerne bei uns gesessen und gefeiert.“

Seine vielfachen Verdienste um unsere Stadt seien mit einem Marketing-Sonderpreis und der Verleihung der Ehrenbürgerwürde anerkannt worden. „Ohne ihn sähe unsere Stadt und besonders die Umgebung der Gnadenkapelle und der Basilika anders aus.“ Gerne erzählte er von der Entstehung der Pax-Christi-Kapelle, „die er schon fast fertiggestellt hatte, bevor Münster davon überhaupt erfuhr.“ Er habe es immer verstanden, Menschen für seine Ideen zu begeistern. „Und wenn es mit den Spenden mal nicht so richtig klappte, griff er auch gerne in die eigene Tasche.“ Er habe „den Mittelpunkt unserer Stadt, den Kapellenplatz, nachhaltig geprägt“ und sich „mit den vielen von ihm initiierten Veränderungen und Erneuerungen (…) ein bleibendes Denkmal gesetzt.“ Ohne ihn wären Besuche von Johannes Paul II. und Mutter Teresa niemals möglich gewesen, sagte Tenhaef und bat alle Anwesenden, sich zum Gedenken zu erheben. „Beide Verstorbenen werden immer in unseren Erinnerungen und ihr Andenken immer in unseren Herzen lebendig bleiben.“

Eine besondere Urkunde

Anschließend lobte Tenhaef das „fröhliche und einige Festjahr“ der Sebastianus-Schützen und eine Kirmes-Atmosphäre, „wie sie besser nicht hätte sein können.“ Man habe erlebt, wie ein Festjahr einen Verein zusammenschweißen kann, sagte er und dankte dem Festkettenträger Hans-Gerd „Tutti“ Rütten und seinem Adjutanten Ralf Trepmann. „Bitte, liebe Seb, weiter so.“ In Bezug auf die „Swingies“ erinnerte er an deren Anfänge und die Unterzeichnung der Gründungsurkunde auf einer Veltins-Speisekarte in der „Schanz“. Er erinnerte an die ersten Auftritte, die „grauenvoll“ klangen und ihre Entwicklung zu einem „Fanfarenzug der Extraklasse, der heute keine Misstöne mehr duldet“. Es gebe „keinen im Saal, der Euch angesichts dieser Entwicklung nicht bewundert.“

Hans-Gerd Rütten und Ralf Trepmann sagten Danke.

Moderator Christian Mülders durfte dann die frühere Seb-Wache begrüßen, die auf der Bühne mit einem T-Shirt mit dem Konterfei von FKT und Adjutant mit Frauen ihren Tanzmove hinlegte. Er bedankte sich bei beiden mit einem gemeinsamen Bild mit Wache. Der Festkettenträger gab einen ganz besonderen Dank an seine „Seb“, an die Ehefrauen Marion und Ulrike und Familien zurück. „Hier gibt es nur ein Wort: Grandios.“ Er dankte den Anwesenden, den Vereinen und dem Präsidium der Geselligen Vereine für die „tolle Unterstützung“, verteilte selbst ein Bildpräsent an zwei begleitende Musiker des Musikvereins und hob Pastor Gregor Kauling hervor. „Ich glaube, es hat noch keiner so gehabt, diese Unterstützung. Selbst Kirmessamstag und Kirmesmontag – Sie waren immer da.“

Einen „kleinen Gruß in den Himmel“ schickte auch er in Richtung des Ehrenpräses der Seb, Schulte Staade. „Die Tradition lebt weiter – die Spiele mögen beginnen“, empfahl er seinem Nachfolger, „das zu genießen“ und wurde ganz kurz sogar politisch: „Geht in Euren Sitzungen behutsam mit dem Peter-Plümpe-Platz um, denn andere Generationen wollen auch dort die Kirmes genießen.“

Nach einer Musikeinlage wurde es dann spannend, als Franz Baumanns als „Swingies“-Vorsitzender den „würdigen Vertreter aus unserem Verein“ beschrieb, den man zum Festkettenträger auserkoren hatte. „Er ist ein Mann, wurde als drittes Kind in seiner Familie geboren, hat zeitweise Pfeife geraucht, war beim Duo ‚Tina und Jörg‘,  macht die Moderation seit vielen Jahren, ist Gründungsmitglied und ein wahrer Doppelzentner.“ Anschließend bat er „als wichtigsten Mann des Abends“ Jürgen Völlings auf die Bühne. „Bei mir treffen Nervosität und Glückshormone aufeinander“, empfand er es als „ein großes Gefühl“, für seinen Verein die Festkette in diesem Jahr tragen zu dürfen – als erster FKT der Vereinsgeschichte.

Nicht nur ein Adjutant

Als man ihn gefragt habe, ob er das mache, besprach er die Angelegenheit mit seiner „lieben Christel in einem Kämmerlein“, sorgte er für Gelächter. Die sagte ihm die volle Unterstützung zu. „Ich möchte gerne der Swingie-Festkettenträger zum Anfassen sein. Natürlich sind da die Damen die ersten, die vorne in der Reihe stehen.“ Und alle Spielkameraden des Fanfarenzuges sollen seine Wache bilden. „Keiner soll außen vor stehen und wir bilden mit unserem Anhang eine Einheit.“ Anschließend lüftete er das Adjutanten-Geheimnis, das selbst den Swingies nicht bekannt war. „Ist es Mann oder Frau – nur ich weiß es ganz genau“, holte er dann „erstmals in der Geschichte der Geselligen“ mit seinen Kindern Björn und Simona zwei Adjutanten auf die Bühne. „Das war mir ein Anliegen“, gestand der 69-Jährige, als er mit seiner Ehefrau, den beiden Adjutanten und deren Partnern die Gratulation von Bürgermeister, Geistlichen und den Vereinsoberen entgegennahm.

Der Abend hatte großen Unterhaltungswert.

In der Pause nutzten viele die Gelegenheit, die Lose für die Tombola zu kaufen, deren Erlös zu 50 Prozent an die DLRG-Jugend und je zu einem Viertel an die Bürgerstiftung „Seid einig“ und die „Aktion St. Nicolaus“ gehen wird. Am Ende standen 3.200 Euro für den guten Zweck zu Buche.

Showgirls und Mülltonnen-Rocker

Der zweite Teil stand dann ganz im Zeichen der „Swingies“ und ihres von Heinz Meurs organisierten Festprogramms voller origineller Ideen. Christian Mülders betätigte sich als „Erzähler“, der aus einem Buch die Entstehungsgeschichte der „Swingies“ vortrug. Parallel dazu spielte das Ensemble die Szenen nach. Die „Swingies“-Männer bewiesen in „Baywatch“-Manier ihre Tanz- und Akrobatik-Fähigkeiten. Und Christel Völlings interpretierte die „Seemann“-Melodien gesanglich ganz neu. Garniert wurde ihr Programm von den VFR-Showgirls. Die „Mülltonnen-Rocker“ der Seb interpretierten den „We will rock you“-Rhythmus. Ein Sketch beleuchtete mit Journalist, Bürgermeister Dominik Pichler, Peter Tenhaef, „Tütten Thei“ und Franz Baumanns das Sommerloch, als sich alle aus Verzweiflung von der Brücke stürzen – bis auf den Journalisten, der endlich mal wieder eine tolle Story hat.

Als Sven Völlings, Sohn des FKT, mit seiner Formation „Wiesenkönige“ und mit Unterstützung eines Teils des Familienchores und den Bläsern dann „Hey Jude“ intonierte und der ganze Saal mitsang, glaubte man, einen weiteren Höhepunkt könne es nicht geben.

Doch kurz vor Mitternacht stimmte der Fanfarenzug auf der Bühne zum Klavierspiel von Elmar Lehnen das Heimatlied „Wor hör ek t´hüß“ an, untermalt mit diversen anderen Melodien – unter anderem „My way“ von Sinatra und der deutschen Nationalhymne. Mit Knicklichtern und dem „Heimatlied“-Original konnten die Anwesenden einen mehr als würdevollen Abschluss des Abends feiern.

Eine Bildergalerie zum Heimatabend finden Sie hier.