Die Ursache liegt in der Zukunft und die im Argen

Dass Jürgen Becker gesellschaftliche wie politische Ereignisse und Phänomene gerne mal so richtig auf links zieht, kennen wir aus seinen TV-Moderationen und Solo-Bühnenprogrammen. Seine aktuelles Programm dreht den Spiegel quasi noch einmal mehr um: „Die Ursache liegt in der Zukunft“ lautet der Titel.

Frotzeln for Future

Und einmal mehr ist Jürgen Becker damit dem Zeitgeist auf der Spur, denn nach gefühlten Jahren der Vergangeheits- und Gegenwartsbewältigung im Kabarett richtet er den Blick nach vorn. In Zeiten, in denen ganze Bevölkerungsgruppen ganz Wochentage der Zukunft widmen, nimmt sich auch der Kabarettist das Recht, einen „schönen Abend“, den er immer noch eingangs jeden Programms wünscht, dem Blick auf das zu widmen, was da kommen wird. „Frotzeln for Future“, mag man lapidar sagen – doch Becker wäre nicht einer der besten Kabarettisten der Republik, wenn er es bei Kalaueren und Klamauk belassen würde. Gut, das alles gibt‘s auch, und manchmal ein wenig zu erdig, zu nah am Bodensatz des Niveaus. Aber meist dann eben doch am Boden der Tatsachen, die Becker in gewohnt gekonnter Manier in den eigenen und unser aller Alltag holt.

Allein schon die Idee dieses Perspektivwechsels hat ihren Charme, was Jürgen Becker mit Blick in die Zukunft daraus macht, wird wohl mal ein Klassiker. Denn das Zeug dazu hat Becker, manchmal vielleicht sogar ein bisschen zuviel davon. Denn das Programm ist keinesfalls schon in Stein gemeißelt, deutlich spürt man als Zuschauer, dass er bei den zahlreichen Vorpremieren, so auch in Kevelaer beim „Kabarett unter‘m Dach“, die Nähe zum Publikum nutzt, um Pointen zu probieren, Reaktionen zu testen, Erfahrungen mit neuen Texten zu sammeln.

Thematisch schränkt er sich weniger ein als bei seinen bisherigen Solo-Programmen, sammelt neben Steilvorlagen wie der Klimadiskussion auch die Trümmer ein, die ihm die Kirche hinterlässt und widmet sich vermeintlich sperrigen Fragen wie der „dümmsten aller Wissenschaften“ (BWL), dem gespannten innerdeutschen Ost-West-Verhältnis, dem ungebremsten Wirtschaftswachstum oder der Gesundheitsversorgung.

Und natürlich streift er dabei immer wieder gesellschaftliche Phänomene wie die zunehmende Digitalisierung, die oft als „Antwort auf alle Zukunftsfragen“ gehandelt werde, oder die Volksparteien, die einfach nicht mehr in die Zeit passen wollen.
Auf alles eine Antwort hat Jürgen Becker natürlich auch. Rund zwei Stunden lang gibt er Denkanstöße und fodert Utopien ein, um dann mit dem Satz zu enden: „Die Zukunft liegt im Argen – oder in der Menschlichkeit.“

Nächster Programmpunkt der Reihe „Kabarett unter‘m Dach“ ist der Auftritt von Anka Zink mit ihrem Programm „Das Ende der Bescheidenheit“ am 16. März im Forum der Öffentlichen Begegnungsstätte. Karten gibt‘s im Service-Center im Rathaus.