Die Tiger lassen sich nicht stoppen
Die Tiger sind sauer. Der zweifache und amtierende Deutsche Meister der Schießsportgemeinschaft (SSG) Kevelaer wird in dieser Saison seinen Titel nicht verteidigen können – zumindest nicht unter der Fahne des DSB. Normalerweise hätten die Teammitglieder der SSG jetzt schon ihre ersten beiden Wettkämpfe in der Bundesliga-Luftgewehr-Saison 2020/21 hinter sich. Doch als der Ligaausschuss vor knapp zwei Wochen tagte, wurde mit einem Votum von 10:5 Stimmen die Saison abgesagt. „Eine nicht nachvollziehbare Entscheidung und eine große Katastrophe für den gesamten Schießsport. Nicht nur die SSG, auch alle anderen Bundesliga-Vereine haben viele Wochen und Monate auf den Start hingearbeitet. Viel Geld und Zeit wurde investiert, um alle Hygiene- und Abstandsregeln einhalten zu können und nun wirft man uns Knüppel zwischen die Beine“, findet der erste Vorsitzende, Lambert Janshen.
Für die im Oktober und November angesetzten Heimkämpfe in der 1. und 2. Bundesliga wurde bezüglich der Corona-Schutzbestimmungen eng mit dem Ordnungsamt Kevelaer zusammengearbeitet. Den Mannschaften sei ein Rätsel, dass eine Absage so kurzfristig erfolge, wo doch noch zwei Monate zuvor entschieden worden sei, dass die Liga stattfinden werde, heißt es seitens des Vorstandes. „Das ist wirklich sehr ärgerlich, unser Sport wird durch diese Absage hart getroffen. Wir hätten mit der Durchführung der Wettkämpfe trotz Corona so gut beweisen können, dass wir Verantwortung übernehmen und uns an Regeln halten können. Das war keine gute Entscheidung.“ Sportleiter Simon Janshen gibt auch an, dass man den ganzen Sommer Zeit hatte, sich alternative Konzepte zu überlegen. Unverständlich sei auch die Tatsache, dass gerade Sportschützen den nötigen Abstand während des Wettkampfes ohne Weiteres einhalten könnten, was bei vielen Kontaktsportarten, die bereits wieder stattfinden, nicht zu gewährleisten sei. Die Wochenenden seien ohne Zuschauerbeteiligung in den Hallen geplant worden, viele Vereine hätten sich Livestreamkonzepte ausgedacht und dafür bereits Geld und Zeit investiert.
Keine Ersatzsaison
Die SSGler sind mit dieser Meinung nicht allein. Vor allem die Bundeliga-Nord-Teams machten in den Sozialen Medien Stimmung gegen diese Entscheidung, die nicht ohne Folgen bleiben wird. Acht Vereine haben sich zusammengeschlossen und ein Konzept entwickelt. Nach mehreren Videokonferenzen zwischen den Vertretern dieser Clubs wurde eine Interessenvertretung gegründet. „Dabei ging es hauptsächlich um unseren Sport und nicht, wie sonst üblich, um Vereinsinteressen. Wir waren uns alle sehr schnell einig, dass wir es zumindest versuchen wollen.“ Simon Janshen war als SSG-Vertreter bei allen Videoschaltungen dabei und kann von großer Einigkeit über die Planung dieses Projekts berichten. „Wir sagen bewusst, dass wir nicht von einer Ersatzsaison sprechen, sondern wollen damit ein Zeichen setzen, mit langfristigen Hintergedanken.“ Ein Name wurde ebenfalls schnell gefunden: Deutsche-Schießsport-Liga – kurz DSSL.
Und so wird die kommende Bundesliga-Saison im Norden aussehen: Neben der SSG Kevelaer schießen folgende Vereine: SSV St. Hubertus Elsen, BSV Buer-Bülse, SV Wieckenberg, Braunschweiger SG, Wissener SV, SV Kamen und der PSS Inden/Altdorf, der aus der zweiten Liga dazu gekommen ist. Hiermit treffen leistungstechnisch hochwertige Teams mit mehrfachen Nord- und Vizemeistern sowie Deutsche Meister aufeinander.
Liveübertragungen sind in Planung
Los geht es am 24. Oktober 2020 in Wietze (Landkreis Celle) beim SV Wieckenberg. Zwei Wochen später, am 7. und 8. November, ist dann der Heimkampf in der Zweifachhalle in Kevelaer geplant. An drei Standorten, unter anderem in Kevelaer, werden Liveübertragungen geplant. Ansonsten können die Wettkämpfe wie gewohnt über den Meyton-Ticker im Internet verfolgt werden. Auf Ausländereinsätze wird man allerdings vorerst verzichten müssen. Stattdessen werden Schützen/-innen aus der zweiten Mannschaft Chancen auf Startplätze bekommen. Die Südvereine sind zur Zeit auch dabei, eine Alternative zu dem Ligaausfall zu suchen. Eventuell wäre es dann auch möglich, nach den Vorwettkämpfen ein Finale auf die Füße zu stellen.
Auch dem Ehrenvorsitzenden und langjährigen Landestrainer Rudi Joosten fällt ein Stein vom Herzen: „Das ist eine sehr gute Lösung. Ich bin sehr stolz auf das, was die Vereine auf die Füße gestellt haben und freue mich sehr, die Wettkämpfe per Stream oder am Ticker zu verfolgen.“
Lambert Janshen äußert dennoch Sorgen für die Zukunft: „So wie es im Moment aussieht, wird es alsbald keine Aussicht auf Besserung der Corona-Lage geben, wir müssen uns dem Virus stellen und versuchen, damit umzugehen.“ Aufgrund dessen wurde von der SSG, neben den Bemühungen um die Bundesliga, eine Petition ins Leben gerufen. Unter dem Titel „Rettet die Meisterschaftsrunde 2020/2021 des DSB!“ werden aktuell Unterschriften gegen die Absage der Meisterschaften gesammelt.