Die Stadt für den perfekten Tag

Kevelaer. Es ist für viele Menschen der schönste Tag in ihrem Leben: der Tag der Hochzeit. Nicht nur für Geschiedene, auch für die wachsende Zahl nichtreligiöser Paare steht dabei die standesamtliche Trauung im Mittelpunkt der Festlichkeiten. Durchführen durften die in Kevelaer bis vor einem halben Jahr nur zwei Personen. Jetzt hat sich das Standesamt neu aufgestellt und bietet flexiblere Termine und bald auch neue Trauorte an.
Neue Traustandesbeamte
Eineinhalb Stellen sind in der Stadtverwaltung dem Standesamt zugeordnet. Ralph Müschen verantwortet den Bereich, seit Wilhelm Cleve in den Ruhestand gegangen ist – und ist derzeit der Einzige, der in Kevelaer alle Aufgaben eines Standesbeamten erledigen darf. „Wenn ich krank oder im Urlaub bin, ist in Kevelaer Sterben verboten“, scherzt Müschen.
Das soll sich ändern: Ab März wird eine neue Kollegin ihn unterstützen, ebenso wie eine Auszubildende nach ihrem Abschluss. Beide Damen teilen sich eine halbe Stelle im Standesamt und sind darüberhinaus in anderen Bereichen der Abteilung Service-Center tätig. Üppige Personalausstattung klingt anders.
Dass Bernd Pool als Leiter des Service-Centers, zu dem das Standesamt neuerdings gehört, trotzdem davon träumt, Kevelaer zu einer begehrten Hochzeitsstadt werden zu lassen, hat andere Gründe: Vor gut einem halben Jahr hat die Stadtverwaltung vier Mitarbeitern die Gelegenheit gegeben, sich zu Trauungsstandesbeamten weiterbilden zu lassen. „Da haben sich so viele gemeldet, dass wir interne Gespräche durchführen mussten“, erinnert sich Personalchef Werner Barz. „Das ist eine Aufgabe, mit der man Leuten eine Freude machen kann. Das ist in unserem Alltag leider nicht immer der Fall.“ Seitdem dürfen Barz selbst, Stadtwerke-Mitarbeiterin Andrea Schlieper, Jugendpflegerin Vanessa Freienstein und auch Bürgermeister Dr. Dominik Pichler Trauungen vollziehen.
Termine jeden Samstag
Jetzt werden Trauungen außerhalb der regulären Verwaltungszeiten nicht mehr nur an einem Samstag im Monat angeboten, sondern an jedem Samstag und auch freitagnachmittags. Aussuchen können Paare sich den Standesbeamten jedoch nur, wenn der Wunschtermin zum Dienstplan passt – so hat schon manche Hochzeitgesellschaft überraschend den Bürgermeister vor sich gesehen.
Apropos Wunschtermin: Sechs Monate ist eine Eheanmeldung in Deutschland gültig, länger im Voraus können daher auch keine Termine vergeben werden. „Ich nehme trotzdem Vorbuchungen für bis zu neun Monate an“, sagt Müschen. Erst kürzlich habe er sogar eine Anfrage für August 2019 erhalten. Und wer sich ganz spontan entschließt? „Drei Tage müssen Sie mir für die Prüfung schon geben, aber dann finden wir auch einen Termin“, schmunzelt der Standesbeamte.
Ob die Bedingungen für eine Eheschließung gegeben seien, lasse sich für ledige Bundesbürger schnell prüfen. Kommen andere Nationalitäten und damit andere Rechtssysteme ins Spiel und handelt es sich zudem um schon einmal verheiratete Personen, könne es bisweilen aber auch sehr kompliziert werden, alle nötigen Unterlagen zu erhalten. Hat Müschen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Eheschließung, kann der Standesbeamte sie verweigern. In diesem Fall wäre nicht einmal sein oberster Chef, der Bürgermeister, weisungsbefugt.
Trauung in jeder Ortschaft
Getraut wurde bislang meist im Alten Rathaus. Dort gibt es neben dem eigentlichen Trauzimmer noch den ehemaligen Sitzungssaal, in den auch größere Gesellschaften hinein passen – nur dass es dort schnell warm und stickig wird. Atmosphärischer sind da schon die Burg Kervenheim, deren Gewölbekeller etwa 20 Personen fasst, und das Schumacher­stübchen in Winnekendonk, das aber ab zwölf Personen eng wird.
„Wir suchen derzeit nach weiteren Örtlichkeiten“, verrät Pool. Der Wunsch der Verwaltung sei es, in jeder Ortschaft eine Lokalität für Trauungen anbieten zu können. Doch die formellen Hürden sind hoch – und manchmal auch die praktischen. So habe es schon mehrfach Anläufe gegeben, Trauungen während des Ballonfestivals vorzunehmen und die frisch Vermählten gleich mit dem Ballon in die Flitterwochen zu schicken. Doch die Abhängigkeit von guter Thermik und gutem Wetter, das aufwendige Catering und nicht zuletzt ein Mangel an Umkleidekabinen haben bislang noch jedes Paar am Ende einen Trausaal vorziehen lassen.
Rundum-sorglos-Paket
Weil aber das Standesamt nun Teil des Service-Centers ist, das auch für Kultur und Stadtmarketing verantwortlich zeichnet, liege es nahe, ergänzende Dienstleistungen anzubieten, findet Pool. Blumen, Karten, Catering – was genau, könne man im Vorgespräch beraten. „Viele, die nicht mehr in Kevelaer leben, kommen für die Trauung hierher“, weiß Müschen. Kevelaer hat Flair. Verbunden mit flexiblen Zeiten, attraktiven Örtlichkeiten und einem Rundum-sorglos-Paket könnte Kevelaer auch Paare von weiter weg zur Eheschließung in die Wallfahrtsstadt locken. Kevelaers Standesbeamte würden sich sicher freuen.

Hintergrund

Zu den Aufgaben des Standesamtes gehören nicht nur Eheschließungen. Allerdings dürfen die folgenden Themen nur von den künftig drei voll ausgebildeten Standesbeamten bearbeitet werden:
Geburten – mangels Geburtsstation in Kevelaer nur noch ein Thema bei Hausgeburten. Sterbefälle – kann bei Personen, die nicht in Kevelaer geboren wurden, zu spannenden Recherchen führen. „Wann war wo Deutschland?“, nennt Müschen eine der Fragen, die ihn dabei manchmal beschäftigen. Namensänderungen und Angelegenheiten der Staatsangehörigkeit – eher selten und meist unkompliziert.