Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Kleve mit keinen guten Aussichten
Die „Projektion 2060“ verheißt nichts Gutes
Vergleich Gemeindemitgliederzahlen der Ev. Kirche im Rheinland 2017/2060, nach Alter und Geschlecht, rot: weiblich, blau: männlich. Quelle: Ev. Kirchenkreis Kleve
Mutig sein, in einen neuen Gang schalten, das waren Stichworte während der digitalen Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Kleve. Die evangelische Kirche am linken unteren Niederrhein will gegen den Trend arbeiten. Denn der, so die Ergebnisse der „Projektion 2060“ verheißt nichts Gutes.
Die Mitgliederstudie besagt, dass 2060 nur noch die Hälfte der jetzigen Gemeindeglieder zur ev. Kirche gehören könnten. Am Ende bewerteten viele der 85 Teilnehmenden die Synode als „motivierend“.
Dr. Fabian Peters, einer der beiden Autoren der Mitgliederstudie, wählte einen Heißluftballon als Startbild seines Vortrags. Von Ballast abwerfen, kontinuierlich und gut befeuern, nicht beeinflussbare Kräfte Dritter (Heiliger Geist als Wind) war die Rede. „Der Projektion wurden die absehbare Bevölkerungsentwicklung und die Mitgliederzahlen der vergangenen Jahre zugrunde gelegt“, so Wissenschaftler Peters.
Der Leiter des Kompetenzzentrums Statistik und Datenanalyse der württembergischen Kirche ermutigte die Synode, mehr Berührungspunkte mit denjenigen Gemeindegliedern zu suchen, die im Gemeindeleben nicht oder nur punktuell vorkommen.
Vor allem junge Erwachsene. Sie träten nach dem ersten Kirchensteuerbescheid bis zum Alter von 31 Jahren gehäuft aus. „Vermisst die Kirche Menschen, die ausgetreten sind?,“ eine offene Frage Peters, die nachhallte. Die Ergebnisse zeigten zudem, dass Austritte deutlich nach Ereignissen ansteigen, welche die Ebene der Ortsgemeinden primär gar nicht zu verantworten hätten.
Lange hatte die Klever Kreissynode keinen amtierenden Präses der Landeskirche zu Gast. Umso mehr freute sich die Synode über die Impulse des im Januar gewählten leitenden Geistlichen der 2,4 Millionen Mitglieder umfassenden rheinischen Kirche: Dr. Thorsten Latzel machte den Abgesandten aus Gemeinden und kreiskirchlichen Funktionen Mut, ihre Rollen, beispielsweise als Presbyterium, neu zu denken. Der Wunsch nach weniger Verwaltungsarbeit und mehr Luft, Kirche vor Ort zu gestalten, ist kein neuer.
Raus aus der Depressionsspirale
Auch wenn Latzel dem Gedanken positiv gegenübersteht, ist dessen Umsetzung durch den einhergehenden Macht- und Lenkungsverlust eines Presbyteriums keine einfache. „Wir haben in der Kirche kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, bekannte der Präses.
In seinen Zukunftsperspektiven forderte Latzel trotz der Projektion 2060: „Raus aus der Depressionsspirale“. Dabei helfen könne seiner Ansicht nach eine klare Mitglieder-Orientierung, Kirche solle als Kooperationspartner agieren – statt weniger alleine anzubieten, gerade gewonnene digitale Formen sollten beibehalten werden sowie eine klare Aufgabenkritik: „Wofür investieren wir wie viel Zeit und Geld?“
Die Synodalen diskutierten nach den beiden Vorträgen ihre Ideen in digitalen Gruppen. Beispielsweise: Warum werden nur ältere Gemeindeglieder an Geburtstagen besucht?
Die Gemeinde könnte Kontakt halten zu Menschen und Angehörigen nach der Taufe, der Hochzeit oder einer Beerdigung. Verstärkte Zusammenarbeit in den Regionen: „Leuchttürme“, sprich gute Projekte und Angebote, die nicht jede Gemeinde alleine anbieten könne, wären mit Nachbargemeinden denkbar.