Die Poesie der menschlichen Begegnung

Nur einfach zuschauen, geht gar nicht“, sagt Elisabeth Diepmann, als es darum geht, ihre Biodanza-Tanzgruppe im KB vorzustellen. „Dann kannst Du gleich wegbleiben. Das ist nichts zum Ansehen, das ist etwas zum Fühlen und Erleben.“ Was bleibt also anderes übrig als ein Selbstversuch.

An diesem Abend sind zwölf Teilnehmer zur Probestunde der Biodanza-Lehrerinnen Diepmann und LilithMagdalena Abeel gekommen. Nicht nur ich, auch einige andere machen zum ersten Mal eine „Vivencia“ (spanisch: Erleben) mit. Man stellt sich mit Vornamen vor und alle, die sich bereits kennen, nehmen sich zur Begrüßung in den Arm. Auch Elisabeth und LilithMagdalena stellen sich vor. Sie machen gleich klar, dass jeder für sich verantwortlich ist bei dem, wie weit er sich einlassen möchte und stets auf seine eigenen Grenzen achten soll (achtsam mit sich und anderen umgehen) und dass während der Vivencia nicht gesprochen werden soll.

Nach der Vorstellungsrunde fassen sich alle in einem Kreis an den Händen und tanzen nach der eingespielten Musik. Es ist nicht so richtig mein Tempo und deshalb finde ich den ersten Tanz recht anstrengend. Tänze, die jeder für sich erleben soll, zu zweit, oder in kleinen Gruppen folgen. Was mir auffällt, ist die Freundlichkeit und Offenheit, mit der alle aufeinander zugehen. Viele „Augenblicke“ wechseln hin und her. Es herrscht eine angenehme vertraute Atmosphäre. Ich habe das Gefühl, als würden hier Menschen etwas gemeinsam machen, die sich schon eine Ewigkeit kennen. Es folgen Tänze, wo Nähe und Distanz eine Rolle spielen. Auch hier erlebe und sehe ich nur respektvollen Umgang untereinander. Wenn ich Biodanza vorher schon gekannt hätte, dann hätte ich mich etwas leichter angezogen, denn teilweise wird es mir schon ordentlich warm. Es ist anstrengender als ich gedacht hatte.

Biodanza ist mit Worten nur unzureichend zu beschreiben, genauso wie die Liebe, die man einfach erlebt haben muss, um zu begreifen, was sie ist, wie sie sich anfühlt und was sie bewirken kann.

Mögliche Beschreibungen sind, nach dem, was ich erlebt, gesehen und gehört habe: Biodanza ist ein Prozess des persönlichen Wachstums, stärkt Identität und Selbstvertrauen, erweckt verborgene Kreativität, ist kraftvoll – sinnlich – laut – leise – wild und ruhig, arbeitet mit den Elementen Tanz, Musik, Begegnung und dem Erleben. Biodanza führt zu einer liebevollen Verbindung mit sich selbst, dem Anderen und dem Leben, ist Begegnung im Spiel, im Tanz und in der Stille, wirkt fröhlich, leicht und genussvoll durch positive Erlebnisse. Der Tanz lädt Menschen aller Altersgruppen ein, achtet nicht auf die Ästhetik der Bewegungen, sondern stellt Erleben in den Vordergrund, ist Lebensfreude, Genuss, Entspannung. Biodanza ist aber auf jeden Fall kein einmaliges Ereignis sondern ein fortlaufender Prozess „Eine effektive Methode der Persönlichkeitsentfaltung“, so Diepmann.

Mein Resümee: Für Menschen, die bereit sind neue Wege zu gehen, die in einem geschütztem Raum und unter qualifizierter Anleitung mit sich und mit Blick auf andere, neue Erfahrungen sammeln möchten, ist Biodanza sicher eine reizvolle Methode. Eigene Grenzen werden respektiert und dass keine Verpflichtung auf dauerhafte Teilnahme besteht, mindert die Hemmschwelle einmal teilzunehmen – was jederzeit möglich ist. Kontakt und Anmeldung zur Probestunde: Telefon 0177/5055700 Elisabeth Diepmann.

Hintergründe

Der am 19. April 1924 in Chile geborene chilenische Psychologe, Anthropologe und Künstler Professor Rolando Toro begründete in den 60er Jahren das System Biodanza. Er war unter anderem Inhaber des Lehrstuhls für Psychologie und Kunst an der Universität in Santiago de Chile. Aus Untersuchungen und den Ergebnissen einer Umfragen unter gesunden Menschen, was sie bräuchten um glücklich zu sein, entwickelte er das System Biodanza. „Biodanza“ ist ein in Deutschland seit 1995 durch das Marken- und Patentamt geschützter Begriff und findet in angepasster Form, durch einige klinische Biodanzalehrer, zunehmend in der stationären Psychotherapie und Rehabilitation, unter anderem bei Krebserkrankungen und in einigen psychosomatischen Kliniken Verwendung.