Die Lebensgewohnheiten umstellen

Elke Kleuren-Schryvers verbringt ihre Zeit zu einem großen Anteil am Computer. Sie arbeite aktuell im Home Office, berichtet die engagierte Leiterin der „Aktion pro Humanität“. Es gebe im Moment auch „bedrückende und traurige Anfragen aus dem Niger, aus Lesbos, wie wir helfen können. Ich versuche dann, die Anfragen zu formulieren, an andere Partner zu schicken, in Kommunikation zu bleiben.“ Denn „in Zeiten, wo Matten, Desinfektionsmittel und Ähnliches auch hier knapp sind, ist es schwierig, Hilfen ermöglichen zu können“, sagt die Trägerin des Silvesterordens, die sich seit Jahrzehnten mit ihren Hilfsprojekten in Afrika engagiert.

Die Erfahrung einer Quarantäne aufgrund eines Virus habe sie bisher noch nicht erlebt – auch wenn es in Afrika „Sars“ 2003 ja schon gegeben hat. „Wir waren in den Reisezeiten im Benin und im Niger weit davor, aber es kann ja alles noch kommen.“ Über ihre Kontakte hat Kleuren-Schryvers ihr Ohr ganz nah auch an der Entwicklung der Covid-19-Pandemie. „Es ist so, dass es in Syrien, Jordanien, im Libanon erste Fälle gibt.“ Sie treibt die Sorge um, dass „besonders in den Flüchtlingslagern in Jordanien, in Idlib oder in den Camps von Moria“ der Virus Schlimmes anrichten kann. „Im Benin ist unser Krankenhaus,  was Isolation und Schutzkleidung angeht, gut gerüstet. Da hatte man früh genug nach geschaut“, sagt sie. Man habe sogar zwei Transportkisten für den Niger an Material bereitgestellt, weil es dort keine Möglichkeit gäbe, sich bei der Behandlung zu schützen.

Eine vage Hoffnung

Der Erzbischof des Bistums Niamey, Laurent Lompo, habe angerufen, „ob wir uns mit ‚Action medeor‘ oder der Bundeswehr kurzschließen könnten.“ Da habe man aufgrund der akuten Situation hier aber keine guten Karten, was Schutzmaterial angeht. „So bleiben den Menschen dort die zwei Kartons. Derjenige, der das vorletzte Hemd trägt, gibt also grade denen was ab, die gar keins haben.“ Das Coronavirus potenziere die problematische Lebenssituation der Menschen dort, „wobei ich hoffe, was Afrika angeht, dass das Virus in seiner Virulenz durch die Hitze möglicherweise etwas besser ausgebremst wird als im Rest der Welt.“ Aber das sei nur eine vage Hoffnung. Die „Ohnmächtigsten und die Ärmsten der Armen“ treffe die Situation mit voller Breitseite, „ohne dass wir in der Lage wären, irgendeine Handreichung oder Assistenz zu geben“, sagt Kleuren-Schryvers.

Als Hilfsorganisation mache man sich aber natürlich auch Sorgen, wie man selbst weitermachen soll. „Wenn wir Corona in den Griff bekommen, dann bleibt die wirtschaftliche Situation zurück, die enorm schwierig ist. Was bedeutet das für Spenden und für diejenigen, die Spenden für uns organisieren?“ Entsprechend habe man vor Ort wie im Benin schon das Einkaufsverhalten im Blick. „Es wird auch Einschnitte bei sozialen Dingen wie Schulgeldern und sowas geben.“ Sie setzt ihr ganzes Vertrauen aber auf die Menschen hier: „Hoffentlich geschieht aus dem eigenen Gefangensein und der Isolation was, dass sich unser Geist und die Mentalität über den eigenen Tellerrand hinaus öffnet.“

Aufgrund der Verbundenheit mit der Kirche sei man bisher „anders unterwegs“ gewesen,  aber sie hält es nicht für ausgeschlossen, „dass man beim BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) nachfragt, wenn die Not sich in Afrika ausbreitet. Bei der Vergabe der Rupert-Neudeck-Medaille 2019 habe der zuständige Minister signalisiert „zu schauen, welche Möglichkeiten es gibt.“ Persönlich empfinde sie die Situation „nicht als sehr einschränkend, weil wir noch draußen laufen dürfen.“ Sie spaziere viel, mache Radtouren, um der körperlichen Bewegung Genüge zu tun. „Und wir haben genug Raum, um uns zu isolieren und aus der Situation Kraft zu beziehen.“

SSG-Sportler trainieren alternativ

Franka Janshen von der SSG Kevelaer trainiert in reduziertem Maße. Foto: KB-Archiv

Die Kleinkaliber-Mannschaftsmeisterin der SSG Kevelaer, Franka Janshen, erwischen wir am Telefon, während ihre Schwester Anna gerade mit dem Hund spazieren geht. Wie sie mit der Situation aktuell zurechtkommen? „Ja, soweit ganz gut“, sagt die 18-Jährige. „Schulaufgaben müssen wir ja noch machen, es sind ja noch keine Ferien. Und wir haben ja noch immer die Möglichkeit, rauszugehen und spazieren zu gehen.“ Wenn es um die sportliche Seite geht, sei es „ein bisschen schwierig, weil die Trainingsmöglich-keiten eingeschränkt sind.“  Dem begegne man mit Improvisation, indem man „alternatives Training macht, Ausdauer aufbaut und Krafttraining“ betreibe. „Und man kann mit einer Scud-Anlage arbeiten, die man im normalen Traning auch nutzt. Man gibt da keine Schüsse ab, sondern arbeitet an der Technik und der Ausdauer“, erklärt die junge Leistungssportlerin. „Man kann da aber keine Ergebnisse erzielen, weil man nicht schießen kann.“ So zu arbeiten, sei schon eine Umstellung, sagt sie. „Das Trainingspensum wird natürlich auch runtergefahren, weil nicht so viele Wettkämpfe anstehen, aber man muss trainieren, damit man bei den Wettkämpfen, die vielleicht noch stattfinden können, noch Leistung erbringen kann. Die anderen Schützen machen das sicher auch. Sonst hat man Nachteile.“

Da vernünftig mit zu planen, das sei schon „ein bisschen schwierig. Aber wir sind vom Verband da gut aufgestellt, kriegen da wöchentliche Updates. Und das ist ganz gut – wir werden auf dem Laufenden gehalten.“ Dazu kommt jetzt noch die Absage für die diesjährigen Olympischen Sommerspiele, die auf das Jahr 2021 verschoben worden sind. Ob das dann für sie und ihre Schwester vielleicht doch eine ernsthafte Option werden kann? „Es ist zu ungewiss, da eine Aussage zu treffen“, meint Janshen. „Die Olympia-Qualifikation ist abgesagt und Deutschland hat nicht viele Luftgewehrplätze, das müssen wir dann sehen, wie es da so aussieht.“

Hansgerd Kronenberg erinnert an frühere Zeiten

Der Winnekendonker Ortsvorsteher Hansgerd Kronenberg wirkt am Apparat ruhig und ausgleichend, wie es seiner Natur entspricht. „Wir sind noch gesund, es ist ja für uns eine ruhige Zeit. Aber man kann das für uns alle nicht als angenehme Zeit festlegen“, meint der Mann, der mit Mitte 80 in seinem Leben schon vieles erlebt hat – eine Zeit wie die jetzt mit Corona allerdings auch noch nicht. Kontaktbeschränkungen wie heute, „die kennen wir noch ein bisschen aus Kriegszeiten“, auch wenn das noch etwas anderes gewesen sei. „Da nahm man das als Kind hin, da drohten die dröhnenden Motoren und die Flieger. Das war alles schon Quarantäne.“

Damals, da „konnte man sich bei den Fliegern auch nicht drauf einstellen, wo die hinballerten. Während des Spielens wurden wir auch überrascht von Maschinengewehren.“ Das sei eine irgendwie unberechenbare Situation gewesen. „Damals kannte man die Annehmlichkeiten nicht, die wir heute kennen. Das sieht man heute mit anderen Augen.“ Was Corona betrifft, so „hat man den ‚Feind‘ nicht vor Augen, aber weiß, wo er herkommt“ – und dass er von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Deshalb lautet die Linie im Hause Kronenberg: „Wir bleiben tunlichst zu Hause. Ich habe ja einen verhältnismäßig großen Garten, da kann ich drin arbeiten.“

Hansgerd Kronenberg kümmert sich als Winnekendonker Ortsvorsteher auch in der aktuellen Situation weiterhin um organisatorische Angelegenheiten. Foto: KB-Archiv

Nur das Notwendigste werde draußen verrichtet. „Man muss einsehen, dass es sein muss, um die Gesundheit zu erhalten.“ Als Ortsvorsteher gebe es aktuell nicht allzu viel zu tun. „Das ganze Vereinsleben ruht ja, so einige dringliche Sachen, die zu tun sind“, gebe es sicher noch. „Ich kann momentan ein paar gute Gedanken durch Telefonate weitergeben.“ Und er telefoniere mit alten Bekannten.

Zu Besuch kämen „nur unsere Enkel, die hier noch wohnen, und unsere Kinder, die kommen noch. Die haben ja ihren Lebenskreis selbst so eingeengt, dass die kaum mit jemand anderes Kontakt haben. Hier machen wir dann auch wieder Abstand.“

Die Kinder kämen damit klar. „Der Kleinste ist froh, dass er sich grad mal erheben und laufen kann. Der andere ist zehn Jahre, der beschäftigt sich schon irgendwie“ – mit Malen oder einem Billardspiel. „Und vor allem fahren die alle viel Rad. Das haben sie auch schon viel vorher getan, aber da hatten sie nicht soviel Zeit dafür gehabt.“

Sorge um Vereinsleben und Sportplatz

Natürlich sieht Hansgerd Kronenberg mit Sorge auf das Winnekendonker Vereinsleben. „Der Heimatabend ist weggefallen – es steht meiner Ansicht nach auch schon die Überlegung im Raum, ob die Kirmes Ende Juni / Anfang Juli durchgeführt werden kann.“ Er geht von „einem Zeitraum auf jeden Fall bis zu den Sommerferien“ aus, „dass da innerhalb  der Vereine nicht viel passieren kann.“ Das Schlimmste aber sei aus seiner Warte, „dass es mit dem Winnekendonker Sportplatz nicht weitergeht.“ Denn da stehe keine Finanzierung „und da werden dann auch die Gelder knapp“, denkt er in dem Kontext an die momentane Kevelaerer Haushaltssperre, wo sich der Kämmerer aktuell weder vor noch zurück bewegen kann. Auch das sind Auswirkungen von Corona, die sich im Kleinen schon jetzt bemerkbar machen.

Erika Boland, Landesbezirks-Jugendschützenmeisterin und Jugendschützenmeisterin in der St. Franziskus-Bruderschaft Berendonk, versucht wie so viele, aus der Situation aktuell das Beste zu machen. „Ich arbeite viele Dinge auf, die liegengeblieben sind“, erzählt sie. „Ich gestalte unsere Homepage neu, mit der neuen Ausrichtung für den Landesbezirk Niederrhein.“ Daneben erledige sie auch einige private Dinge. „Wir haben unseren Garten schön umgestaltet. Wir haben lange Fahrradtouren bei dem schönen Wetter letzte Woche gemacht. Das ist alles noch machbar.“ Persönlich „vermisse ich meine Enkelkinder und meine Kinder, das ist ganz klar“, sagt die engagierte Schützin und Funktionärin. Aber es müsse weitergehen.

Boland unterstützt die Strategie, die im Moment im Zuge der Bewältigung der Corona-Krise gefahren wird. Was die Situation natürlich nach sich zieht, sind die vielfältigen Einschnitte in das alltägliche Leben – auch im Schützenwesen. „Bis dato haben wir die anstehenden Seminare abgesagt, als nächstes steht der Diözesanjungschützentag in Oldenburg auf der Kippe. Das Landesschützenfest wäre am 1. August, da ist erst mal abzuwarten, wie dann die Situation ist“, erzählt sie. Momentan falle aber „alles, was mit Schießen zu tun hat, flach. Wir haben ja unser Preiskegeln im März absagen müssen. Die Winter-Vergleichskämpfe ruhen zur Zeit. Und die Bundesmeisterschaften im September sind schon abgesagt worden.“  Aber über „Facetime“ und GoTo-Meeting habe man zuletzt sogar Wahlen abhalten können. „Ich denke, dass wir mit den neuen Medien ein Stück vorankommen und schneller vorankommen, als wir uns das denken.“ 

Den Draht zu den Schützenkameraden hält sie im Moment über Whatsapp und Mail. Schwierig sei das Ganze natürlich vor allem für ihre zehn Schützenkinder. „Die fragen via Whatsapp: Wann dürfen wir wieder anfangen? Und ich schreibe dann: Erst wenn die Regierung sagt, wir dürfen wieder.“ Man müsse da halt auch viel miteinander kommunizieren. „Ich frage auch jede Woche, wie es denen geht und ob die auch alle gesund sind – sodass man den Kontakt hält.“