Die Seifert-Orgel in der Basilika ist die größte deutsch-romantische Orgel der Welt. Und momentan eine Baustelle.

Die Königin wird restauriert

Dort, wo nun Elmar Lehnen steht, sorgen sonst Orgelpfeifen für Musik. Derzeit sind nur die Löcher in den Holzbohlen zu sehen. Fotos: Bischöfliche Pressestelle / Christian Breuer

Es ist wie eine Operation am offenen Herzen, die gerade in der Kevelaerer Marienbasilika durchgeführt wird: Mitten im Wallfahrtsbetrieb wird die große Orgel, deren Klang nicht aus dem Gottesdienst wegzudenken ist, restauriert und erweitert. Eine Aufgabe, die noch bis in das kommende Jahr dauern wird.

Dass die Pilger*innen dennoch musikalisch begrüßt werden liegt daran, dass im Wechsel immer ein Drittel der rund 10.000 Orgelpfeifen installiert bleiben. Basilika-Organist Elmar Lehnen: „Ich spüre den Unterschied natürlich sofort und merke auch beim Spielen, wie viel fehlt, aber Besucher, die die Orgel nicht kennen, hören es vielleicht gar nicht.“ Wobei selbst Lehnen – noch – nicht weiß, wie das Instrument klingt, wenn es vollständig aufgebaut ist.

115 Jahre Zeitgeist

115 Jahre sind seit dem Bau der Orgel vergangen, immer wieder wurde sie dem Zeitgeist angepasst. „Es ist eigentlich eine romantische Orgel, deren Klang aber im Laufe der Jahrzehnte immer mehr verfälscht wurde“, erklärt Lehnen. Das soll sich nun ändern. Ziel ist es, der Orgel wieder ihren ursprünglichen Klang zurückzugeben. „Ich bin unheimlich gespannt, wie die Orgel am Ende klingt“, gibt Lehnen zu. Bis er das erfährt, ist jedoch noch viel zu tun. Ausgebaute Pfeifen stehen, fein säuberlich sortiert, derzeit auf der Empore, andere sind in die Orgelwerkstatt gebracht worden. „Alle werden gereinigt, einige müssen neu gelötet werden“, weiß Lehnen. So wirkt das Innere der Orgel, das man durch eine unscheinbare Tür auf der Empore betritt und über steile Holztreppen erkunden kann, schon fast leer. Nur die zahllosen Löcher in den Holzbohlen, in denen sonst Pfeifen stecken, lassen erahnen, welche Ausmaße das Instrument hat. Aber schließlich ist es ja auch die größte deutsch-romantische Orgel der Welt.

Möglich ist die Restaurierung einerseits durch das unermüdliche Engagement des Orgelbauvereins, dessen Mitglieder immer wieder Spenden sammeln. Andererseits gaben Finanzspritzen aus Förderprogrammen des Bundes und des Landes NRW den Ausschlag, jetzt mit dem Projekt zu beginnen. „Das war eine einmalige und wahrscheinlich auch die letzte Gelegenheit, alles optimal zu machen“, sagt Lehnen. Und ergänzt: „Alle, die an dieser Restaurierung beteiligt sind, wissen, dass sie jetzt Geschichte machen.“

Tag und Nacht in der Kirche

Wann die Orgel dann erstmals in voller Pracht zu hören sein wird, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Denn nach der Restaurierung und Vervollständigung steht noch die Intonation an. Ein höchst langwieriger und nervenaufreibender Prozess, wie Lehnen erklärt. Alle Töne müssen perfekt aufeinander abgestimmt werden, was nur bei ansonsten absoluter Stille und höchster Konzentration möglich ist. „Da werden wir Tag und Nacht in der Kirche sitzen und hören“, sagte der in Hinsbeck geborene Organist voraus. 2024 jedenfalls, das steht bereits fest, wird es ein großes Festjahr rund um die neue alte Orgel geben.

Und auch, wenn die „Königin der Instrumente“ in abgespeckter Form spielbar bleibt, möchte die Wallfahrtsleitung das Gotteshaus klanglich neu erfahrbar machen. „Klang (T)Raum Basilika“ ist eine Konzertreihe überschrieben, die Pastoralreferent Dr. Bastian Rütten als „ein Klang-Raum-Wort-Experiment“ bezeichnet