IG „pro OW 1“ macht weiter Druck

Ditmar Schädel kann nur den Kopf schütteln, wenn er diese Frage hört: Ob sich die Interessengemeinschaft „pro OW1“ denn jetzt auflöse, nachdem Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher den Planfeststellungsbeschluss im Ratssaal verkündet und das dicke Verwaltungsdokument überreicht hatte. Die seit Jahrzehnten geforderte Ortsumgehung sei auch mit dem Beschluss und den vom Verkehrsminister versprochenen Millionen für den Bau kein Selbstläufer, sagt der Anwohner der Rheinstraße. Noch ist von den ursprünglich von Wüst für das Ende des vergangenen Jahres versprochenen Baggern nichts zu sehen; zudem regt sich in Winnekendonk plötzlich Widerstand gegen die Trasse. Und die Bezirksregierung klopft gerade die eingereichten Klagen ab.
Zwar glauben die Mitglieder der „pro OW1“ nicht so recht daran, dass die Forderungen aus Winnekendonk rechtlich durchsetzbar sind und es deshalb zu einer Verzögerung des Baus der OW1 kommen könne. Dennoch machen sie weiter wie bisher: Sie treffen sich regelmäßig und weisen mit Bürger-Anträgen immer wieder auf ihre, nach wie vor unveränderte Situation hin. Ihr jüngster Antrag ging kurz vor der Ratssitzung am vergangenen Donnerstag ein: Der Rat möge die Landstraße zwischen B 9 und Autobahnanschluss zur A 57 für den Schwerlastverkehr ab 7,5 Tonnen sperren.
Das ist längst nicht der erste Antrag dieserart, mit der die Ig die Verwaltung beschäftigt: Bereits am 26. März 2012, am 2. Dezember 2013 und am 6. April 2014 forderte die Interessengemeinschaft in Anträgen die Sperrung für den Schwerlastverkehr. Alle wurden abgelehnt. Am 14. Mai 2011 war es eine Lärmmessung, 2013 ein „Blitzer“, die die Mitglieder beantragten – abgelehnt wurden sie ebenfalls. Selbst ein Hinweisschild auf den Wechsel des Fahrradwegs zur anderen Straßenseite an der vielbefahrenen Kreuzung mit der B 9 sei von der Verwaltung als „nicht erforderlich“ abgeschmettert worden, sagt Hans Boers. Der Hausbesitzer und Anwohner der Rheinstraße kämpft seit Jahrzehnten unermüdlich für die Ortsumgehung. Lange Jahre war er selbst Ratsmitglied, inzwischen „habe ich kein Vertrauen mehr in Politik und Stadtrat“, sagt der 84-Jährige. „Keiner kämpft für uns, alle Anträge werden abgelehnt.“
Warum also ein neuerlicher Antrag auf Sperrung für den Schwerlastverkehr? „Als Übergangslösung“, sei die Sperrung gedacht, sagt Ditmar Schädel, für die Dauer der auf etwa drei Jahre geschätzten Bauzeit. Und weil die Realisierung der OW1 aufgrund der Klagen aus Winnekendonk möglicherweise in Frage stehe. So genau wissen das die Mitglieder der Interessengemeinschaft nämlich nicht. An dem Gespräch zwischen den Betroffenen in Winnekendonk und einem Vertreter aus der Expertenriege der Regierungspräsidentin, das am vergangenen Montag stattfand, haben sie nicht teilgenommen. „Wir haben dem Bürgermeister geschrieben, dass wird dabei sein wollen, aber keine Antwort erhalten“, sagt Schädel. „Bestimmte Dinge wissen wir einfach besser, mit unserer Erfahrung aus 20 Jahren“, ergänzt Hans Boers. Bei dem zweieinhalbstündigen Treffen hätten „beide Seiten“ ihre Argumente in sachlicher Atmosphäre ausgetauscht, berichtete Bürgermeister Dominik Pichler in der jüngsten Ratssitzung. Die Argumente der IG pro OW1 waren wohl nicht dabei.
Also bleibe „weitermachen“ die einzige Alternative, sind sich die Mitglieder der IG einig. Im November haben sie – auf eigene Kosten – eine Verkehrsmessung durchführen lassen. „Die Stadt und der Kreis hatten das abgelehnt“, sagt Hans Boers. Ergebnis der Messungen, die Anfang November eine Woche lang durch das Unternehmen „DataCollect Trafic Systems GmbH“ aus Kerpen durchgeführt wurden und die IG 700 Euro kosteten: Fast 90 Prozent der Fahrzeuge, die zwischen 22 und 6 Uhr die Rheinstraße befahren, überschreiten die nachts gültige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Das wiederum führe zu einer Überschreitung der zulässigen Lärmwerte. „Die würden ja schon bei Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten überschritten, jetzt ist eine eklatante Überbelastung erwiesen“, argumentiert die IG.
Als weiteres Argument für eine Sperrung für schwere LKW führt die IG in ihrem Antrag an, die „von der Verwaltung der Stadt Kevelaer durchgeführte Messung auf Belastung der Luft durch Stickstoffoxide im Jahr 2018, hauptsächlich erzeugt durch den Straßenverkehr, hat erwiesen, dass die tatsächliche Belastung die zulässigen Grenzwerte von max. 18 Tagen im Jahr und 40 Mikrogramm/Kubikmeter übersteigt“. Die geforderte Sperrung könne „zumindest zu einer Teilentlastung beitragen“. Das Argument, die Stadt sei für die LKW-Sperrung bei einer Landstraße nicht zuständig, wollen die Mitglieder nicht gelten lassen: „Laut Auskunft vom Landesbetrieb Straßen NRW liegen diese Maßnahmen in der Entscheidung der Kommune“.