Die Hoffnungsträgerin für Afrika erhielt eine hohe Auszeichnung

“Aufgeregt anders” beschrieb Elke Kleuren-Schryvers ihren Gemutszustand vor der Verleihung des außergewöhnlichen Preises. “Es sind so viele Freunde, Förderer und Mitstreiter da, die ich auch aus Afrika kenne”, war ihr beim Begrüßen und Umarmen so vieler vertrauter und liebgewonnener Gesichter nach dem Marienlob in der Kerzenkapelle und später im großen Saal des Priesterhauses die Freude anzusehen.
Schon unmittelbar nach dem Marienlob hatte eine Delegation aus Benin, wo die Stiftung tätig ist,  ihr noch im Vorraum der Kerzenkapelle einen Blumenstrauß überreicht. Überraschend war auch die Botschafterin Benins in Deutschland, Josseline da Silva Gbony, aus Berlin angereist. Sie dankte später in ihrer Rede für das außergewöhnliche Engagement von Kleuren-Schryvers im Benin und im Niger.
“Ich bin froh, dass Sie überhaupt gekommen sind”, verwies Wallfahrtsrektor Rolf Lohmann dann im großen Saal des Priesterhauses bei seinem Grußwort auf die Tatsache, dass Kleuren-Schryvers viele lobende Worte über sich nicht gern hört und einige öffentliche Ehrungen schon abgelehnt hat. “Einen Papstorden konnten Sie aber nicht ablehnen”, meinte er mit einem verbalen Augenzwinkern. Freundliche Worte über sich müsse sie einmal ertragen. Und es sei irgendwie dazu passend gewesen, dass er ihr die frohe Botschaft für den Silvesterorden am Silvestertag überbracht habe.
Lohmann streifte den Lebenslauf der bald 58-Jährigen, von ihrer Geburt in Kleve-Kellen und dem Abitur am dortigen Konrad Adenauer Gymnasium, dem Studium der Humanmedizin in Düsseldorf und Promotion bei dem Herzchirugen Prof. Körfer. “Immer war da der Wille, an den Niederrhein zurückzukehren und Landärztin zu werden”, sei ihr der intensive  Kontakt zu den Patientein und die umfassende hausärztliche Begleitung ein Leben lang wichtig gewesen.
Nach dem Studium eines Berichtes über den Benin als erstem demokratisiertem Land Westafrikas habe sie sich 1994 auf die erste Reise dorthin gemacht. Die Bedingungen dort hätten sie sofort veranlasst, etwas zu tun. “Da muss geholfen werden, das war klar”, beschrieb Lohmann den Impuls, der mit ihrem verstorbenen Mann Herbert damals zum Aufbau der Krankenstation und der Klinik in der Region Mono/Kouffo 1995 geführt hat.
Eine Hoffnungsträgerin für Afrika
Mittlerweile sei sie mehr als 70 mal in Afrika im Projekt in Gohomey eigenfinanziert unterwegs gewesen. Kleuren-Schryvers sei “Hoffnungsträgerin für viele Menschen in Afrika”. Sie sammele unermüdlich Geld für Projekte – für Menschen , die “unter einen Dollar pro Tag zu leben haben, Frauen, die sterben und Kindern, die drohen zu sterben, weil ihnen die Ernährung fehlt.” Dazu komme noch das AIDS-Problem. “Aus einer kleinen Krankenstation wurde ein großes Krankenhaus”, in dem 20.000 Menschen pro Jahr versorgt würden. “Das Unglaubliche wurde wahr”, erinnerte Lohmann an die dort im vergangenen Jahr eingerichtete OP-Station und der Kopie des Gnadenbildes, die jetzt auch die Afrikaner und Menschen andere Religionen ” als Bindeglied zwischen den Völkern” anziehe.
Kleuren-Schryvers habe im Nachbarland Niger mit dem Bau von 30 Brunnen 600.000 Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglicht. Sie habe mit dem Bischof der Diözese Niamey, Laurent Lompo, einen engagierten Partner. “20 Jahre nachhaltige Hilfe” wäre ohne diese “couragierte Helferin, die nicht müde wird”, nicht möglich gewesen.
Daneben übernehme sie in Pfarrgemeinde St. Marien vielfältige ehrenamtliche Aufgaben, habe mit Rupert Neudeck die Interreligiöse Friedenswallfahrt initiiert, das Projekt “spiritual care”, sich für Flüchtlinge und deren Rettung im Mittelmehr engagiert, habe das Lampedusa-Kreuz “als mahnendes Symbol der Barmherzigkeit” nach Kevelaer geholt und sei aktiv in der Syrienhilfe. “Danke für Deine Werke, Deine Persönlichkeit und dass Du hier bist, um ihm in Empfang zu nehmen.”
Der Weihbischof und bischöfliche Offiziat Wilfried Theising dankte ihr vor dem Anstecken des Ordens für ihr “großartiges Engagement”, richtete den Dank des Bischofs aus und verwies auf die große Bedeutung des Ordens als einziger Auszeichnung, die der Papst autark vergeben könne. Mit der Auszeichnung seien auch die Rechte verbunden, “sich eine Silvesteruniform schneidern zu lassen, ein Schwert schmieden zu lassen und mit dem Pferd die Treppen des Petersdoms hinaufzureiten”, sorgte er für Gelächter im Saal. Von dem Orden seien alle mit berührt, so dass sie den Orden ruhig öffentlich tragen solle, so seine Aufforderung.
Bürgermeister Dominik Pichler sprach danach von einer “bemerkenswerten Lebensleistung”, auf die Elke Kleuren-Schryvers zurückblicken könne. “Es erfüllt mich schon mit Stolz, eine Bürgerin hier zu wissen, die all diese Dinge getan hat”, machte er aber deutlich: “Sie sehen aber nicht so aus, als wären Sie schon fertig.”
Das Feuer der Nächstenliebe schüren
Diesen Impuls griff die Geehrte nach der Verleihung des Ordens und der in latenischer Sprache verfassten Urkunde dazu in ihrer dreiviertelstündigen Rede auf. “Jeder, der mich kennt, der weiß , dass Dame gar nicht geht”, sprach sie von einem “Gefühl großer Freude” , der “dynamischen, lebensfrohen Gemeinschaft, mit der alles gelingen kann” und dankte für die “nachhaltige Radikalität” der Unterstützung an dem Ursprungsort Kevelaer “für die Geplagten und Geschundeten unserer Zeit.”
Kleuren-Schryvers hielt ein flammendes , von großer Humanität geprägtes Plädoyer, in dem sie dazu aufrief,  die zurzeit sehr infektiöse “Schlafkrankheit der Seele” zu überwinden, in einer verwirrenden Zeit von Rechtspopulisten, Terror, Hunger und einem Amerika, wo man “einem unberechenbaren Mann im mittelalterlichen Sinne den Schlüssel” übergeben habe.
Diese “Krankheit” äußere sich in Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit, Lethargie, der inneren Ehgozentrik und dem dem “ewigen Gefühl von egal” , zitierte sie die Preisträgerin des Frreidenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels von 2016, Carolin Emcke: “Mitgefühl ist das natürliche menschliche Gefühl, nicht die Gnadenlosigkeit.”
In Zeiten des Achtungsverlustes der Kirche mache sie in ihrer Arbeit eine “starke Erfahrung von Authentizität der Kirche” und viele positive Erfahrungen. “Wort und Werk müssen eine lebendige und ehrliche Symbiose sein. Wir Christen sollten uns das zur Aufgabe machen”, so ihr Plädoyer.
Wichtig seien Werte wie Mitgefühl, Respekt, Toleranz und Gerechtigkeit, verwies sie auf ihren “humanitären Ziehvater” Rupert Neudeck und dessen Gedanke der “humnitären Radikalität.” Es gehe “um Einigkeit gegen Spaltung, um Weite gegen Sturheit und Enge.” Kleuren-Schryvers verwies auf die Tatsache, dass es nicht gelinge, Fluchtkorridore zu schaffen, Menschen auf der Flucht auf dem Mittelmeer weiter stürben.
Man könne Menschen nicht übel nehmen, sich hierher auf den Weg zu machen, wenn “in der besten aller Welten ein Fünftel vier Fünftel aller Güter” verbrauchten. Das werde ihr über die Arbeit im Niger bewusst, wo chronischer Hunger herrsche und Hunderttausende nur einmal pro Tag zu essen haben.
“Zu lange hat die Erste Welt die Dritte Welt hängen lassen”, ohne zu sehen, dass man teilen müsse, benötige es einer Umkehr. “Es müssen sich Kapital- und Expertenströme in die Herkunftsländer dieser Menschen begeben.” Den Menschen müssse man dort eine Perspektive geben. Das bekämpfe auch den Terror, denn es werde deutlich, “dass wir nichts mehr in der Hand haben, egal wieviel Videokameras und Polizisen wir haben. So begegnen wir dem IS nicht.”
Man brauche ein “Weckmittel”, um sich aufzumachen – “nicht das Feuer der Zerstörung, sondern der Nächstenliebe”, so Kleuren-Schryvers. So ein Feuer könne alle Menschen mit Kraft versehen. “Wir können alle zu Brandstiftern Gottes im konstruktiven Sinne werden”, sprach sie von einem “Perspektivwechsel” unserer Gesellschaft – weg von Profit und Gewinnmaximierung hin zu einer anderen Form der Wirtschaft, “die sich nicht um die Opfer kümmert, die sie selbst produziert.”
Sie berichtete von einer Kreuzwegandacht im Niger vor einigen Jahren, in der mehr als 1.000 Menschen in die Kathedrale kamen und sich die Frauen in dem Bewusstsein auf den Boden warfen wie Maria den selben Weg des Verlustes ihres Kindes gegangen zu sein. “In diesem Erleben werde ich sehr klein.”
Jeder Einzelne müsse mehr tragen als bisher, ein mulmiges Gefühl reiche nicht mehr. “Seid vernünftig – verlangt das Unmögliche” zitierte sie den früheren französischen Philosophen Albert Camus und meinte mit Blick auf die afrikanischen Gäste. “Mission possible- on y va.”
 

Bescheiden und gerührt nahm Elke Kleuren-Schryvers Lob und Applaus der Anwesenden entgegen.


Nach dem Orden gab´s von Theisiung auch die Urkunde.


Die Botschafterin Benins bedankte sich ausdrücklich bei Kleuren-Schryvers für ihre Hilfe in Afrika.


Bürgermeister Dominik Pichler drückte seinen Stolz über die Lebensleistung von Elke Kleuren-Schryvers aus.


Der frühere Weibischof Theising hob die Verdienste von Kleure-Schryvers hervor.


Wallfahrtsrektor Rolf Lohmann lobte ausführlich die Verdienste der Geehrten.