Die gute Seele des Platzes

„Hallo, in meinem zweiten Zuhause“, grüßt Horst Ehren ganz unprätentiös am Eingangstor zu „seinem“ Minigolfgelände an der Martinistraße in Twisteden und bittet in die Hütte, wo neben einem Tisch mit Getränkekühlung und den aufgereihten Schlägern noch eine Sitzecke und eine komplette Küche zu finden sind.
An den Wänden hängen viele Twistedener Ehrenurkunden – auch die für die Goldmedaille beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ von 1998. „Einmal pro Woche komme ich mit Kollegen her und schmeiß den Kamin an, damit hier alles trocken bleibt.“ Und: „Man muss immer freundlich sein – die Leute müssen immer gerne zurückkommen wollen“, umschreibt er das Geheimnis des Erfolgs mit dem Platz, der vom Natur-und Heimatverein Twisteden Kleinkevelaer e.V. getragen wird.
Dass der heute 76-Jährige, in Kevelaer geborene und in Wetten aufgewachsene Sohn eines Schusters heute Herr über die Twistedener Golfschläger ist, war eher Schicksal als bewusste Entscheidung. Beruflich hatte er in seinem Leben zunächst als Schuster, dann als Galvaniseur, später als Feuerwehrmann der englischen Rhein­armee in Twisteden und bei der Fernleitungsbetriebsgesellschaft der NATO in Geldern-Lüllingen gearbeitet.
Dann erkrankte er an Rheuma und schied aus dem Berufsleben aus: „Ich konnte mich teilweise von Kopf bis Fuß nicht bewegen.“ „Da war ich dann ein paar Mal in der Klinik – und man hat mir dann bedeutet: Sie kommen nicht mehr zurück.“ Für den damals 55-Jährigen war es ein Schock, nicht mehr gebraucht zu werden. „Da konnte ich nicht mit fertig werden“, ist ihm noch heute anzumerken, dass das keine einfache Situation für ihn war.
Urplötzlich eine Perspektive
Urplötzlich eröffnete sich aber eine neue Perspektive – das Engagement am Minigolfplatz: „Der Tiskens, der hat das damals hier gemacht, der hat mich angesprochen. Dann kannste doch hier mithelfen.“ Zunächst vertröstete Ehren ihn mit dem Satz „Im nächsten Jahr.“ Später traf er ihn in Holland am Wohnwagen wieder. „Im März des nächsten Jahres hörte er dann auf, und ich kam im April. Das ist jetzt zwanzig Jahre her.“
Erstmal bleibt Ehren immer nur einen Tag da. „Da waren nur ältere Leute da“, erinnert er sich an die Ehrenamts-Kollegen. Als diese dann nach und nach ausschieden, bedeutete das, dass für ihn immer mehr zu tun war. „Tiskens´ Nachfolger wurde dann krank, der drückte mir vor fünfzehn Jahren symbolisch die Tasche in die Hand und sagte: „Mach´ ma“.
Und so „übernahm“ er quasi den Golfplatz – den Einkauf, die Personalplanung, die Organisation und die Pflege der gesamten Anlage. „Wenn es Regen gibt so wie jetzt, geht´s mit dem Gebläse über die Bahnen. Und was hier gepinselt wird, das mach ich.“ Nebenbei gibt er noch die Schläger, Bälle, Spielkarten und Getränke aus.
Die Farbe bekommt er von Werner Neumann, in dessen Farb- und Glasfirma er nebenbei mal gearbeitet hatte. Neumann engagiert sich als erster Vorsitzender des Natur- und Heimatvereins Twisteden Kleinkevelaer e.V. für die Belange der Ortschaft. „Das ist die gute Seele unseres Platzes“, beschreibt er auf Anfrage mit einem Satz die große Bedeutung von Horst Ehren.
Neben dem eigentlichen Spiel hat sich ein anderer „Geschäfts-Zweig“ über die Jahre entwickelt. „Jede Woche wird hier gegrillt“, holt Ehren dazu ein Übersichtsbuch hervor. Da komme dann mal der Bofrost-Betriebsrat, dann Gruppen von Haus Dondert oder Haus Freudenberg.
Für die Bestellungen wird Ehren regelmäßig angerufen. Um die 80 Grilltage oder -abende kommen da zusammen. „Und wir haben in der Saison mittlerweile 15.000 Besucher.“ Sogar Leute aus Essen oder den Niederlanden kommen, um auf dem Gelände einen 80. Geburtstag zu feiern, Firmenfeste oder Jubiläen zu begehen. „Und die Holländer, die feiern und spielen bei jedem Wetter.“
Entsprechend ist Ehren jedes Wochenende auf dem Gelände, manchmal löst er auch montags einen Kollegen ab. „Da wird´s manchmal auch schon mal zwei Uhr nachts, wenn da hundert Leute grillen. Aber da schmeiß ich niemanden raus.“
Am Wochenende helfen ihm jeweils zwei Kaffeefrauen, auch dafür gibt es einen festen Einteilungsplan, der „hunderprozentig“ klappt, sagt Ehren stolz. „Das ist unsere Frauentruppe, die sich die „Suppenhühner“ nennt. Und selbst deren Kinder, die helfen da jetzt auch mit.“ Dann gebe es zum Beispiel Reibekuchen und Erbsensuppe. Der Erlös geht an an den Twistedener Kindergarten. Die Schulen und Gymnasien haben Ehren und Co. besonders im Blick, für die gibt´s Nachlass.
In Twisteden liefen die Uhren halt anders, freut sich Ehren über die starke Gemeinschaft im Verein und vor Ort, wo ganz viel mit Eigenleistung geht. „Nur vor sieben Jahren, da gab´s einmal Zuschüsse von der Stadt für behindertengerechte Toiletten“, erinnert er sich.
Die Anlage, die habe man sehr bewusst Mosaik für Mosiak entwickelt. „Die Hütte hier haben wir vom Verein selbst gebaut vor vier Jahren.“ Gemeinsam mit dem Sportverein habe man die Boulebahn auf dem Gelände gebaut und hinter der Hütte steht ein Schachbrett.
Im Keller oder auf dem Platz
Der kleine Spielplatz gibt den Kindern die Gelegenheit, mal zu tollen, falls sie nicht mehr beim Minigolf bleiben wollen. Und der neue Grillstand „mit richtigem Betonfundament“ ist zwischen Oktober 2016 und April diesen Jahres in Eigenleistung gemeinsam erstellt worden.
Dankbar ist Ehren seiner Frau, „die das alles mitgemacht hat“, nun aber nach 52 Jahren Ehe im vergangenen Jahr gestorben ist. „Sie hat immer gesagt, der Horst ist immer entweder im Keller zum Schreinern – oder auf dem Minigolfplatz.“ „Sowas muss man mit Herzblut machen“, ist er überzeugt. Manchmal kann er deswegen nicht schlafen – und baut dann nachts ein Holzgestell für die mit dem Auto zu transportierenden Gasflaschen fertig.
Die vier eigenen Kinder, vierzehn Enkel und sechs Urenkel kommen oft von sich aus gerne zu ihm. Die eigenen runden Geburtstage hat er mit Familie und den Minigolffreunden auf dem Gelände gefeiert. Wie lange er dieses Ehrenamt noch bekleiden wird, da hat er eine klare Vorstellung. „Wenn es „da oben“ nicht mehr stimmt“, tippt er sich an die Stirn, „dann höre ich auf – oder die anderen müssen mir Bescheid geben.“