„Die beste Zukunft ist eine gute Gegenwart“
Heinz Ermers, Vorsitzender des Sozialausschusses, hatte zur 11. Sitzung des Gremiums eingeladen. Im Beisein des ersten Beigeordneten der Stadt und Dezernatleiters II. für Jugend, Schule, Sport und Soziales, Marc Buchholz, und Ruth Trötschkes, Pädagogische Dienste, begrüßte er die Anwesenden und bedauerte die Terminüberschneidung mit der Informationsveranstaltung zum Kapellenplatz, die sicher viele Interessierte veranlasst habe, der Sitzung fernzubleiben.
Buchholz gab einen Bericht über den aktuellen Stand der Asylbewerberleistungen. Zum 31.5.2018 waren 169 Personen im Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Er berichtete von deutlich gesunkenen Zuweisungszahlen und entsprechend niedrigeren Aufwendungen für soziale Leistungen und Krankenhilfen. Gleichzeitig stehen dem 52 Personen aus diesem Bereich gegenüber, für die die Stadt Kevelaer über SGB II rund 500.000 Euro aufwenden müsse, ohne momentan eine Erstattung dafür zu bekommen. Hoffnungsvoll würde die Aussage des Ministerpräsidenten stimmen, der diese Leistungen als „Vorleistungen“ betitelte und Gespräche mit der Bundesregierung darüber zugesagt habe, so Buchholz.
Im Bereich „Integration in den 1. Arbeitsmarkt“ hatte Buchholz Positives zu berichten. Für Kevelaer ergibt sich hier eine Anzahl von 336 Integrationen im Jahr. Die Integrationsquote für Januar 2018 liegt in Kevelaer bei 23,2 Prozent und somit 2,1 Prozent über dem Kreisdurchschnitt.
Ruth Trötschkes stellte den Stand der Bearbeitung des Themas „Kinderarmut“ vor, welcher durch das „Netzwerk Kevelaer“ erarbeitet wurde.
Armut als Lebenslage bedeute für betroffene Familien ein Leben mit vielfältigen Einschränkungen, nicht nur (kein) wenig Geld zu haben. Das habe Auswirkungen auf sämtliche Lebensbereiche wie Bildung und Gesundheit.
„Häufig wird diese Situation von den Betroffenen als Hilflosigkeit, aber auch als Überforderung beschrieben. Selbst Kinder in Armut schätzen ihre Zukunfts-Chancen als eher düster und perspektivlos ein.“
Zusammenhang zwischen Bildung und Herkunft
Sie hob hervor, dass ein Zusammenhang zwischen Bildungskompetenzen und sozialer Herkunft bestehe und Kinder und Jugendliche umso häufiger von Armut bedroht seien, je älter sie würden. Bei Kindern die (lange) in Armut leben, würden ihre Entwicklungschancen längerfristig beeinträchtigt.
„Kinder sind in der Politik das `Gewinnerthema´, Kinder sind eine Herzensangelegenheit der Politik. Kinderarmut wird immer wieder als dringlichste politische Herausforderung identifiziert. Wie kann es da sein, dass nicht alle Kinder teilhaben dürfen an dem, was für ihre Freunde eine normale Kindheit ausmacht?“
Es sei auch danach zu fragen, was mit Familien ist, die ein paar Euro zu viel haben und keine Sozialleistungen beantragen können.
„Armut ist ein wachsendes Problem unseres Landes und Kinder, die in Armut aufwachsen, bilden nur die Spitze des Eisberges. Sie sind die ausgegrenzten und abgehängten Erwachsenen von morgen“.
Lösungsansätze
Trötschkes beschrieb Lösungsansätze: „Beratung und Unterstützung / Ansprechpersonen, Aufklärung / Sensibilisierung (Fachkräfte, Erwachsene und Kinder), Informationen in verständlicher Sprachen / Öffentlichkeitsarbeit, Transparenz, ohne Stigmatisierung – Angebote schaffen für alle, raus aus der Tabu-Zone. Wie spreche ich Betroffene an, Betroffene zu Wort kommen lassen persönliche Ansprache / Beteiligung, Tausch-Aktionen / Tausch-Ecken / Tausch-Börsen, „Spenden leicht gemacht“, Achtsam aufmerksam sein, Vereine einbinden / vernetzen, Gutscheine (für ein Jahr Vereinsmitgliedschaft), kreativer Schulalltag, guter Austausch zwischen den Systemen / Fachkräften – gute Übergänge schaffen, Belastungen thematisieren (dürfen) – im Team.“
Mit diesen Ansätzen solle konkret weiter gearbeitet werden Die aus den Ergebnissen konkret formulierten Vorschläge würden nun im Netzwerk Kevelaer zur Diskussion gestellt und zur weiteren Planung und Vorgehensweise bearbeitet.
Als konkrete Aktionen, die bereits in Vorbereitung sind, nannte sie: „Tauschaktionen“, beginnend in einem kleinen Rahmen in Einrichtungen / Schulen, z. B. Kindertauschen untereinander; Filmvorführungen, Lesungen, Ausstellungen in regelmäßigen Abständen, damit das Thema präsent bleibt (Frühjahr/ Herbst); Fortbildungsangebot für Fachkräfte zur Gesprächsführung (mit „Betroffenen“) und Befragung Betroffener (Interviews „Face to Face“).
Marc Buchholz berichtete über die Konzentrierung der Aufgaben der Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kp. Des SGB XII. Im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) sind zum 1.1.2020 weitreichende Änderungen zu erwarten. Um die Aufgaben konzentriert und organisatorisch optimal durchführen zu können, soll dieser Bereich vollständig zum Kreis Kleve überstellt werden. Aufgrund der geringen Fälle (9 Fälle im Bereich der Stadt Kevelaer) wird eine Zentralisierung beim Kreis Kleve ausdrücklich befürwortet.
Der Antrag der FDP-Fraktion auf Erstellung eines Demografiegutachtens wird auf den Herbst 2018 vertagt, da die Antragsteller bis dahin die Klärungspunkte spezifizieren wollen. Erst dann können für ein Gutachten die benötigten Finanzmittel erfragt werden.
Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hatten eine Anfrage zur aktuellen Situation Wohnungsloser in Kevelaer eingereicht. Hier wurde seitens der Verwaltung auf das Ordnungsbehördengesetz hingewiesen, welches solche Vorgänge regeln würde. Seit Ende 2014 wurden in Kevelaer insgesamt 28 Personen untergebracht. Zum Zeitpunkt der Anfrage waren 10 Personen auf kommunale Unterkünfte angewiesen. Kinder gehören aktuell nicht zu dem Personenkreis. „Eine Dunkelziffer ist der Verwaltung nicht bekannt“, so Buchholz.