Der Schwarzdorn ist da

Es ist noch früher Morgen in der Wallfahrtsstadt am Niederrhein als die ersten drei LKWs mit der wertvollen Ladung am Solegarten St. Jakob auf der Hüls ankommen. Sie haben einen weiten Weg hinter sich.
Als wesentlicher Baustoff für das Gradierwerk sorgt gepresster Schwarzdorn in der Holzkonstruktion für die Verdunstung der herabrieselnden Sole. Insgesamt benötigt die außergewöhnliche Architektur des zwölf Meter hohen, runden Gradierwerkes in Muschelform 548 Quadratmeter Schwarzdorn (prunus spinoza).
Die Zimmermannsarbeiten am Gradierwerk sind seit Dezember kontinuierlich fortgeschritten. Die Rundungen der Holz-Konstruktion sind nun für jedermann sichtbar und lassen erahnen, wie imposant sich das Bauwerk in seiner Gesamtheit präsentieren wird.
Ab jetzt beginnt die lagenweise Bedornung der Lärchenholz-Konstruktion mit dem polnischen Schwarzdorn. Besser bekannt ist Schwarzdorn als Schlehe. Er zeichnet sich durch große Härte und Windbeständigkeit aus und hat ein weitreichendes Wurzelwerk. Die Äste werden deshalb seit Jahrhunderten zur Konzentration der Sole in Gradierwerken eingebaut.
Auf der Hüls wird neben dem Lärchenholz nun die Baustelle erneut eingerichtet. Dazu werden die Schwarzdorn-Reisigbündel, Bedornungsriegel und weiteren Materialien abgeladen und aufgeschichtet.
Dann geht es los mit der Kunst des Schwarzdorn-Einbaus. Krzysztof Lazarz, Geschäftsführer der Firma Gradpol, und sein Team haben eine große Aufgabe vor sich, der sie sich erstmalig in dieser Form stellen. Ein Einbau in längliche Gradierwerk-Konstruktionen ist einfach, die Architektur des Gradierwerk im Solegarten St. Jakob erfordert den lagenweise Einbau in unterschiedlichen Gradwinkeln und Neigungen, damit die Rundungen sachgemäß gefüllt werden.
Lange im Vorfeld war den Projektverantwortlichen in Kevelaer klar, dass eine Ausschreibung für die Bedornungsarbeiten einher gehen muss mit der Ausschreibung der Zimmermannsarbeiten. Da es in Deutschland nur eine überschaubare Anzahl an Gradierwerksbau-Firmen gibt und die Konstruktions- und Bedornungsarbeiten just in time erfolgen sollten, löste die gleichzeitige Beauftragung direkt ein weiteres Problem.
Schwarzdorn ist ein Rohstoff der nicht ganzjährig zur Verfügung steht. In der Baufortschrittsplanung ist beim Gradierwerksbau zwingend darauf zu achten, dass die Ernte des Schwarzdornes nur jeweils im Herbst erfolgt. Ein Einbau ist zügig umzusetzen, damit der Rohstoff nicht zu lange liegt. Ansonsten stellt sich ein Schrumpfungsprozess ein und die erforderlichen Mengen würden dann nicht mehr ausreichen.
Zudem liegen die Anbaugebiete nicht um die Ecke, sondern in Osteuropa. Die wenigen Lieferanten haben fast eine Monopolstellung, weil es von dem jeweiligen Ernteergebnis abhängt, wie hoch der Preis des Schwarzdornes ist. Je eher also die Beauftragung erfolgt, desto sicherer sind die Kosten und der reibungslose Baufortschritt für den Bauherrn. In diesem Fall bedankten sich die Kevelaerer Projektverantwortlichen bei ihrem erfahrenen Architekten Peter Grund, der schon viele Gradierwerke in Deutschland geplant und umgesetzt hat, für die eingebrachte Expertise.