Der Kampf gegen die Plastikflut

Bilder von Plastikmengen im Meer und einem toten Vogel mit Plastik im Bauch setzten zu Beginn des Vortrages von Dr. Nina Jordan ein Ausrufezeichen. Die Klimaschutzmanagerin der Wallfahrtsstadt Kevelaer hielt im Pfarrheim Winnekendonk einen die Zuschauer motivierenden Vortrag zum Thema „Plastikflut vermeiden. Wie komme ich weg vom Müll?“

Gleich zu Beginn setzte Jordan sich mit Blick auf einen Artikel in „Die Zeit“ mit der Annahme auseinander, dass Deutschland vorne an der Spitze beim Recycling mitspiele: „Das meiste [Plastik] wird verbrannt und exportiert.“ Bei den folgenden Zahlen staunten die Zuhörer dann nicht schlecht: In den 50er Jahren wurden auf der ganzen Welt zwei Tonnen Plastik hergestellt. Ein unvorstellbar niedriger Wert in Anbetracht der Tatsache, dass wir heute auf der Welt insgesamt 400 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr produzieren, sodass bisher weltweit etwa acht Milliarden Tonnen Plastik hergestellt wurden (Quelle: Geyer et al. 2017). „Wir reden zwar immer, wir müssen weg vom Plastik, das ist real in der Produktion noch nicht angekommen. Wir produzieren immer mehr davon“, betonte Jordan.

Die Plastikproduktion stieg vor allem ab den 80er Jahren an. „Wie ist man bis zu den 80er-Jahren fast ohne ausgekommen?“, war die kritische Frage der Klimaschutzmanagerin. Dass wir diesen Mengen Plastik gar nicht mehr Herr werden können, machte Jordan im Anschluss deutlich: Alles bisher produzierte Plastik befinde sich noch in der Umwelt. „Es zerbricht in kleinere und immer kleinere Teile“, die schließlich von verschiedenen Tieren mit der Nahrung aufgenommen werden. Diese Tiere werden wiederum gefressen und „so gelangt das Plastik in die Nahrungskette“, erklärte Jordan. „Es tut uns allen gut, wenn wir ein bisschen Plastik-Diät machen sozusagen.“

Wie gelangt Plastik in unsere Meere?

Was mit dem Plastik in der Regel passiert – in den meisten Fällen werde es verbrannt oder exportiert – hatten die Zuhörer bis dahin schon gelernt. Doch es gibt viele Wege, auf die das Plastik in unsere Umwelt gelangt. Jordan sprach vier zentrale Aspekte hinsichtlich der Plastikmeere an: Plastik wird häufig am Strand liegengelassen und gelangt so auf einfachem Wege ins Meer; Schiffsmannschaften entsorgen ihren Müll im Meer; beim Fischfang gelangen Utensilien ins Meer und auch unser Abwasser trägt seinen Teil dazu bei.

So weit, so gut, mag sich der ein oder andere gedacht haben: Ich gehe nicht fischen, meinen Müll am Strand nehme ich auch mit und Schiffsfahrer bin ich ebenso nicht. Doch Abwasser produziert jeder von uns. Durch Kosmetika, Shampoo und Fleecejacken gelange unter anderem Microplastik ins Abwasser, erklärte Jordan. Fleecejacken? „Die kann ich zumindest nicht mehr guten Gewissens kaufen“, so Jordan. Es gibt zwar Beutel für Fleecejacken, die beim Waschen die Plastikpartikel aufhalten sollen – ob dem wirklich so ist, können wir als Verbraucher nicht ohne Weiteres nachprüfen. Die Aufklärung über das Microplastik in Kosmetika entfachte bei den Zuhörern eine angeregte Diskussion. Ideen wurden ausgetauscht und Meinungen kundgetan, sodass am Ende ein Konsens herrschte: Warum? Warum habe ich Plastik selbst in meiner Zahnpasta? Außer, dass es ein billiger Füllstoff ist, fand man keine Erklärung.

Fast kein Plastik mehr im Alltag

Auch durch Autoreifen gelange Plastik durch den Abrieb in die Natur, erklärte Jordan: „Da kann man keinen Beutel drum tun, meines Wissens nach… Wär‘ mal ne‘ Idee.“ Auch wenn die Klimaschutzmanagerin für die Autoreifen keine Lösung parat hatte, so wurde an diesem Abend deutlich, wie konsequent sie selbst in ihrem Alltag auf Plastik verzichtet. Geschätzt verzichtet sie inzwischen auf 80 bis 90 Prozent der Plastikmenge, die sie bis vor circa zwei Jahren noch verbraucht hat.

So verwendet Jordan heute zum Beispiel Bienenwachstücher anstatt Frischhaltefolie, Waschnüsse anstatt Waschmittel und einen plastikfreien Stoffsack für Obst anstatt die kleinen Plastiktütchen an der Obsttheke im Supermarkt. Außerdem verzichtet sie bei der Haarwäsche auf herkömmliches Shampoo, stattdessen hält zum Beispiel eine Mischung aus Natronpulver und Wasser her. Viele Produkte für den Alltag findet Jordan im Unverpacktladen. Und wenn bei ihr etwas im Müll landet, dann direkt im Eimer. Eine Mülltüte verwendet sie nur noch im Restmüll. Das Ganze war „ein Prozess“, erklärt Jordan. Für sie steht heute fest: „Was ich in meinem Alltag leisten kann, das mache ich.“