Der ewige Zankapfel

Als ich Claudia Blauert zu Hause erreiche, sitzt sie gerade im Garten und genießt die Sonne, singende Vögel und einfach mal Ruhe. „Wir hatten eine ganze Weile Sendepause“, gesteht die umtriebige Aktivistin der Bürgerinitiative „Rettet die Binnenheide“.

Dass man von ihr und der Initiative längere Zeit nichts mehr gehört hat, ist – wie sollte es auch anders sein – dem Coronavirus geschuldet. „Wir haben schon den Kontakt gehalten, die, die sich da engagieren“, sagt sie. Aber unter den Bedingungen Protest zu gestalten, sei wahrlich eine Herausforderung.

Auch sie persönlich war unmittelbar in das Thema mit eingebunden. „Ich bin ja auch in einer Arztpraxis beschäftigt. Da galt es zu gucken, wie man sich erst mal so orientiert“, erzählt Blauert. Dazu kamen noch gesundheitliche Dinge abseits von Corona im eigenen Umfeld, die die Perspektive erst einmal weg von dem Konflikt hinsichtlich der OW 1 lenkten.

Da sei es gut gewesen, dass über die Internetplattform „open petition“ die Möglichkeit im Mai 2019 gegeben war, eine Petition gegen den Bau der OW1 digital zu in initiieren. Die soll dem Petitions-ausschuss des Landtages NRW vorgelegt werden. Ursprünglich sollte die Frist zur Teilnahme an der Petition jetzt am 8. Mai enden. „Wir haben diese Frist nochmal verlängert bekommen für sechs Monate, weil die das auch als Problem sehen. Wir werden die Petition in jedem Fall übergeben. Da müssen wir die nächsten Wochen abwarten“, sagt Blauert.

Ziel seien 1.500 digitale Unterschriften – Stand 7. Mai 2020 sind es 1.374. „Das ist ähnlich wie bei Corona: Wir wollen einen Cut und wollen es bessser machen, neue Fehler nicht nochmal auflegen“, sagt Blauert. „Ein altes Konzept mit neuem Geld“, das gehe so nicht mehr. Sie selbst habe in Sachen Petition über 70 DIN-A-4-Seiten einzeln eingegeben und tagelang Postleitzahlen recherchiert.

Der Petitionstext ist der Initiative wichtig. „Da geht es nicht nur um die Straße, sondern um den Begriff des ‚übergeordneten öffentlichen Interesses‘, über den viel legitimiert wird und der zunehmend von der Öffentlichkeit hinterfragt wird“, erklärt Blauert. Da sei gesellschaftlich viel Veränderung wahrzunehmen.

„Was uns aufgefallen ist beim Lockdown war, dass unheimlich viele Leute da die Ecke für Naherholung – ob mit dem Rad, für Sport, mit Kindern – genutzt haben. Ich weiß nicht, wie vielen beim Besuch bewusst war oder ist, dass das mit LKW-Verkehr nicht mehr dasselbe wäre.“ In der Vergangenheit sei sonst immer das Kartenmaterial bei den Infoständen der Initiative ausschlaggebend gewesen, „wo sie die Karten sahen und wo denen bewusst war, was es für die Landschaft bedeutet“, so die Aktivistin. Deswegen habe es online eine ganze Weile lang nicht so viele Unterschriften gegeben, sei die Frist deshalb auch verlängert worden.

Im Rahmen der Unterschriften-Übergabe, wenn sie dann stattfinden wird, möchten einige „Fridays for Future“-Aktivisten eine Plakataktion machen, um auf die Notwendigkeit einer Verkehrswende aufmerksam zu machen. Nach wie vor ärgert sie, dass der Anwalt der Kläger gegen das Projekt vorgehalten worden sei.

„Das müsste man eigentlich klarstellen“, meint Blauert. Denn er habe nach ihrer Kenntnis im Februar 2019 Akteneinsicht beantragt, aber erst im Oktober erhalten. „Im August aber wurde schon die Vorvollziehung beantragt.“ Wie ein Anwalt ohne Akteneinsicht bei so einem komplexen Sachverhalt eine vernünftige Anklageschrift formulieren sollte, „das ist schon reichlich merkwürdig“, findet sie nach wie vor. „Das hat den Anwalt selbst als erfahrenen Anwalt doch sehr gewundert.“ Vielleicht gibt es ja demnächst von den Betroffenen dazu etwas zu sagen.

Was sie in jedem Fall erstaune, bemerkt Blauert, sei, dass es viele gebe, die nicht offiziell mit ihrer Meinung hervortreten wollen, „die uns angefunkt haben, auch anonyme Unterstützung den Klägern geben.“ Dass die OW 1 weiter ein Zankapfel bleiben wird, davon ist Blauert überzeugt. „Das wird sie immer sein, ob sie nun gebaut wird oder nicht.“