Dem Klimaschutz als Stadt Priorität einräumen

In bislang 138 Städten und Kreisen in Nordrhein-Westfalen haben Bürger oder Parteien beantragt, den Klimanotstand auszurufen. Vergangene Woche hat der Rat in Kleve einstimmig den Klimanotstand beschlossen, als erste Stadt am Niederrhein und 13. Stadt in NRW. Vier NRW-Kommunen haben entsprechende Anträge abgelehnt.

In Kevelaer hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen entsprechenden Antrag gestellt, der am Donnerstag, 11. Juli 2019, im Rat diskutiert werden wird. Die öffentliche Sitzung beginnt um 18.30 Uhr im Ratssaal.
Das KB sprach mit den Initiatoren des Antrags, den Kevelaerer Fraktionssprechern der Grünen, Ulrich Hünerbein-Ahlers und Wolfgang Röhr.

KB: Herr Hünerbein-Ahlers, Herr Röhr, Ihre Fraktion hat den „Klimanotstand“ beantragt. Das klingt ziemlich dramatisch.

Röhr: Ich kann verstehen, wenn jemand mit dem Begriff Schwierigkeiten hat. Der klassische Notstand erlaubt ja auch Eingriffe in Freiheiten. Aber der Begriff ist nicht von uns, der war schon in der Welt. Wir könnten auch Klimanotfall sagen. Dennoch: Viele Menschen denken, wir haben beim Klimaschutz noch viel Zeit. Da musste erst die Jugend drauf hinweisen, dass das nicht stimmt – was wir Grünen ja schon lange sagen.

Hünerbein-Ahlers: Wir nutzen jetzt schon 1,3 Erden!

KB: Aber ist das Klima nicht eher ein transnationales als ein lokales Thema?

Hünerbein-Ahlers: Wir halten es mit dem Motto „Global denken, lokal handeln“. Jeder sollte in seinem Bereich aktiv werden. Wir haben nicht nur in Kevelaer heiße Sommer und Starkregenereignisse, sondern weltweit. Natürlich sind auch Bundesregierung und EU gefragt, aber die sitzen das Problem ja aus.

KB: Welche Konsequenzen hätte denn ein Klimanotstand in Kevelaer?

Hünerbein-Ahlers: Der Antrag soll bewirken, dass wir das Ziel Klimaschutz im Auge behalten und unser Handeln daran ausrichten, dort, wo wir Einfluss haben. In diesem Fall als Stadt und als Rat.

Röhr: Es wäre gut, wenn bei Entscheidungen im Rat vorher die Klimamanagerin ihre Einschätzung dazu abgegeben hat – bislang wird neben der Sinnhaftigkeit nur die Bezahlbarkeit geprüft.

KB: Wenn die Stadtverwaltung jede Maßnahme auf ihre Klimafolgen prüfen muss, kommt auf die Mitarbeiter einiges an Arbeit zu.

Röhr: Kevelaer hat eine Klimaschutzmanagerin und wir haben eine Stelle für eine Umweltschutzmanagerin beantragt. Wenn das Personal trotzdem nicht ausreicht, dann muss man jemanden einstellen.

Hünerbein-Ahlers: Wenn man jetzt nichts macht, wird es später viel teurer. Früher sprach man bei Wetterextremen von Jahrhundertereignissen. Heute ist das überhaupt nicht mehr vorhersagbar.

KB: Haben Sie Beispiele, wie der Klimanotstand zum Tragen kommen könnte?

Röhr: Beispielsweise in Form einer effizienten Bauweise städtischer Gebäude, aber auch bei Verkehrskonzepten. Soll das Auto weiter Vorrang haben und die Radfahrer an den Rand gedrückt werden? Ein gutes Beispiel ist die Debatte um das kostenlose Kurzzeitparken, die „Brötchentaste“, die es in Kevelaer nicht gibt. Muss man wirklich zum Bäcker mit dem Auto fahren? Uns ist wichtig, dass diese Entscheidungen von Fachleuten geprüft werden. Wenn wir die Innenstadt für Autos sperren, ist das infolge der Umwege für das Klima vielleicht sogar schädlich? Das kann ich als ehrenamtliches Ratsmitglied nicht selbst beurteilen.

Hünerbein-Ahlers: In Keylaer entsteht eine energieautarke Klimaschutzsiedlung. Eine ähnliche Bauweise könnte man auch auf städtischen Grundstücken vorschreiben. Andere Städte haben Straßen zu Einbahnstraßen gemacht und eine Spur zu Radwegen. Wir müssen das Rad ja nicht neu erfinden.

Röhr: Bei der Straßenplanung könnte die Stadt die Vernetzung von Grünstreifen berücksichtigen, denn nur dann haben sie ökologisch einen Sinn.

Hünerbein-Ahlers: Im Betriebsausschuss wurde über E-Bürgerbusse diskutiert. Das Problem ist, dass die dann zu schwer würden und Fahrer mit Pkw-Führerschein sie nicht mehr fahren dürften. Aber es ist zumindest drüber nachgedacht worden – darum geht es uns. Außerdem wollen wir die Menschen für die Dringlichkeit sensibilisieren, denn auch jeder Bürger kann natürlich etwas tun.

KB: Sie haben es selbst angesprochen: In Kevelaer passiert doch schon viel für den Klimaschutz. Braucht es da den Klimanotstand?

Hünerbein-Ahlers: In Kevelaer wurden viele gute Sachen auf den Weg gebracht oder sind schon erfolgt. Mit dem Antrag wollen wir diesen Weg weitergehen, das Ziel im Auge behalten. Und wir zeigen den jungen Leuten damit: Wir nehmen euch ernst! Darum ist unsere Bitte an alle Fraktionen im Rat, dem Antrag zuzustimmen.