Das Ziel erreicht

Es war ein beeindruckendes Bild, das sich bereits am frühen Morgen auf der B8 von Rees aus in Richtung Wesel bot: Eine riesige Treckerkolonne mit Signallichtern bewegte sich bereits ab 6 Uhr Richtung Niederrheinhalle.

Einer der Teilnehmer war der Esserdener Christoph Markett. Der 35-Jährige hält in der vierten Generation Kühe. „Wir kämpfen – wenn nicht jetzt, wann dann?“, lautet an diesem Morgen seine unmissverständliche Ansage. Die Politik brauche „praxisnahe Vorschläge“, müsse die Landwirte mit an den Tisch holen, anstatt weiter untaugliche Verordnungen zu erlassen.

Umweltzerstörer

An der Weseler Niederrheinhalle traf er eine Stunde später Mitstreiter wie den Wettener Bernd Deselaers. „Früher galt der Landwirt als Ernährer, heute wird er als Umweltzerstörer wahrgenommen“, beklagte der 53-Jährige vor allem „die fehlende Planungssicherheit.“ Das komme durch immer neue Verordnungen wie aktuell beim Dünger oder durch Entscheidungen wie dem Freihandelsabkommen von EU und der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft „Mercusor“ zustande. „Das macht einfach mürbe.“

Insgesamt waren es 227 Trecker und ihre Besitzer vom gesamten Niederrhein, die sich auf dem großen Parkplatz hinter der Niederrheinhalle miteinander versammelten. Der Winnekendonker Georg Biedemann hatte die Demo mit organisiert. Er begrüßte die Teilnehmer und zeigte sich „überwältigt von der Resonanz.“

Biedemann fungierte im Rahmen der Demo als Sprecher der Landwirte der Region. „Es gibt stark steigende Produktionskosten durch neue Verordnungen. Wir müssen aber im globalen Wettbewerb bestehen. Und wir werden durch so viele Verordnungen eingeschränkt“, unterstrich er, was den Landwirten auf der Seele brannte. Dazu kämen noch Verschärfungen von EU-Seite wie beim Thema Nitrat. „Wir sind nur ein Prozent der Wähler. Man sieht aber nicht, wie viele Hunderttausende Arbeitsplätze da dran hängen – Stichwort Futtermittelproduzenten, Transporteure, Landmaschinenbauer und so weiter.“

Viele Landwirte hätten das Gefühl, „dass die Landwirtschaft nicht mehr gewollt ist.“ Seine Forderung war die aller an diesem Tag: „Wir sind freie Bürger der Demokratie. Wir wollen mitreden. Es ist nicht mehr 5 vor 12, es ist bereits 2 Uhr.“

Mit Transparenten und Schriftzügen wie „Ohne Bauern verhungern die Menschen“, „Bauern platt – Teller glatt“ oder „Landwirtschaft braucht Zukunft“ rollte der Tross um 8.40 Uhr von der Niederrrheinhalle aus über die B8 Richtung Rheinbrücke, was zu massiven Verkehrsbehinderungen führte. Quasi als „Testlauf“ für die Reeser Brücke befuhren die Trecker dann in Neuner-Blöcken die Rheinbrücke. Über Xanten und Obermörmter fuhr der Tross dann über die Reeser Rheinbrücke bis zum dortigen Parkplatz am Westring.

Eine neue Zeit

Am Ende der vierstündigen Fahrt dankte Georg Biedemann allen Beteiligten für das deutliche Zeichen. „Wir haben ein unglaubliches Ziel erreicht“, verwies er auch auf die bundesweiten Proteste und die völlig lahmgelegte Stadt Bonn. Das Anliegen der Landwirte sei deutlich geworden, jetzt „eine neue Zeit“ angebrochen. „Wir sind nicht mehr die Fußmatte der Nation. Auf uns tritt keiner mehr den Dreck ab“, unterstrich der Winnekendonker Schweinebauer unter dem Beifall seiner Kollegen.

Anschließend fuhr er mit einer Abordnung von über 50 Schleppern noch zum Süßwarenhersteller Katjes nach Emmerich, der mit einem Video über vegane Schokolade für Entrüstung bei den Landwirten gesorgt hatte. Von Unternehmerseite rührte sich aber niemand. „Feigling“ war vereinzelt von den Landwirten zu hören. Und so ließen sie den „Goldenen Misteimer 2019“ für den „beschissensten Werbespot des Jahres“ vor Ort zurück.

Eine Fotogalerie zur Demonstration finden Sie hier.