Das planen Kevelaers Bürgermeisterkandidaten – 1/2

Eigentlich sollte es eine ganz normale Podiumsdebatte werden, wenngleich mit den üblichen Hygieneschutzmaßnahmen innerhalb der Covid-19-Pandemie. Bei angekündigten Außentemperaturen von 35 Grad Celsius entschied sich die Redaktion dann jedoch kurzfristig, die Veranstaltung im Forum unter dem Dach der Öffentlichen Begegnungsstätte abzusagen. Konzentrierte Gespräche wären unter diesen Bedingungen nicht möglich gewesen. Stattdessen haben wir eine Auswahl unserer Fragen und der bereits von Lesern eingesandten Fragen schriftlich an die beiden Kandidaten für die anstehende Bürgermeisterwahl gestellt – Amtsinhaber Dr. Dominik Pichler, der zwar als SPD-Kandidat ins Amt gewählt wurde, dieses Mal aber überparteilich antritt, und Herausforderer und CDU-Kandidat Mario Maaßen. Den ersten Teil der Fragen und Antworten lesen Sie hier, kommende dann in der Fortsetzung. Weitere Informationen präsentieren die Kandidaten auf ihren Websites unter https://dominik-pichler.de bzw. https://www.mario-maassen.de.

Dr. Dominik Pichler Foto: privat

Halten Sie einen Technischen Beigeordneten für Kevelaer für sinnvoll?
Nein. Die Vorteile eines technischen Beigeordneten, wenn die Qualität seiner Arbeit stimmt, werden aktuell und in den nächsten Jahren nicht benötigt. Denn zurzeit werden vor allem bereits beschlossene Projekte und Maßnahmen umgesetzt. Die Abteilung Stadtplanung arbeitet am Anschlag, hier ist allerdings die Frage nach einem dritten Stadtplaner legitim. Auch die Abteilungen Tiefbau, Gebäudemanagement und Bauordnung leisten bei hoher Auslastung gute Arbeit. In Sachen IHK sehen die Förderrichtlinien im Übrigen ohnehin vor, sich externer Stadtplaner zu bedienen. Darüber hinaus gibt es seit einiger Zeit einen Gestaltungsbeirat, der mit externen Fachleuten besetzt ist und bei größeren Projekten wichtige Akzente setzt. Des Weiteren benötigt die Verwaltung keinen weiteren Häuptling in der Führungsebene. Organisatorisch ist die Verwaltung nach der Umstrukturierung gut aufgestellt. Ein Blick in die Kevelaerer Vergangenheit zeigt im Übrigen, dass technische Beigeordnete die Stadt nur bedingt nach vorne gebracht haben.

Die Stadt hat vor Jahren Häuser an der Marktstraße für einen Durchstich erworben. Was sind Ihre Pläne für diese Gebäude?
Da in dieser Frage gerade einiges in Bewegung ist, muss nun rasch entschieden werden, ob jetzt doch ein Durchstich erfolgt oder nicht. Im Falle, dass es nicht zu einem Durchstich kommt, gibt es aktuell mehrere Optionen, die allerdings noch nicht spruchreif sind. Eine Variante ist, die Häuser abzureißen und erdgeschossig Gastronomie oder Einzelhandel zu etablieren und darüber bezahlbare Wohnungen anzubieten. Eine Alternative besteht darin, die drei Gebäude an einen Investor zu verkaufen, der die Fläche nach einem Abriss der Häuser entwickelt. Dadurch, dass dieser Bereich durch die Neugestaltung des Peter-Plümpe-Platzes deutlich aufgewertet wird (Schaffung eines Vorplatzes vor dem Alten Rathaus, Sanierung der Marktstraße), ergeben sich jedenfalls Potenziale für verschiedene Nutzungen.

Wie stellen Sie sich die Anbindung der Hüls an die Innenstadt vor?
Eine ÖPNV-Anbindung ist zwingend erforderlich, die Anbindung muss aber auch für Fußgänger attraktiv sein. Die Twistedener Straße sollte bis zur Ampelkreuzung umgestaltet und verkehrsberuhigend geplant werden. In jedem Fall muss der gesamte Bereich fahrradfreundlicher und mit mehr Platz für die Fußgänger ausgestaltet werden. Ich würde es auch begrüßen, wenn zwischen dem St.-Klara-Platz und der Walbecker Straße ein weiterer Bereich mit Aufenthaltsqualität entsteht. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob nicht zusätzlich eine fußläufige Anbindung über die Annastraße, Schanzstraße und Schillerstraße Sinn macht.

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung rund ums Kaufcenter?
Auch hier gibt es eine aktuelle Entwicklung, auf die, wenn sie denn eintritt, reagiert werden muss. Städtebaulich sinnvoll ist ein Abriss und eine neue Platzgestaltung mit oder ohne (Teil-)Bebauung. Wichtig wäre mir bei einer Umgestaltung eine bessere Verbindung zum Bühnenhaus und zur Begegnungsstätte, und dass die beiden Gebäude in die „erste Reihe“ gerückt werden. Dann müsste aber dem REWE-Supermarkt anderenorts zentral eine attraktive Lösung angeboten werden. Wohin die Reise geht, wird sich in Kürze entscheiden.

Viele Unternehmer würden es begrüßen, wie früher Wirtschaftsförderung und Tourismusförderung in einer GmbH zu vereinen, auch weil dann wieder Erträge aus der Reise- und Hotelvermittlung für Aktivitäten zur Verfügung ständen. Wie sehen Sie das?
Der in der Frage unterstellte Sachverhalt entspricht nicht den Tatsachen. Die Reise- und Hotelvermittlung wurde zu keiner Zeit durch die WfG durchgeführt. Sie erfolgte vielmehr in der Vergangenheit durch den Verkehrsverein. Der Verkehrsverein konnte wiederum nur deshalb Erträge erwirtschaften, weil die Vermittlungstätigkeit durch städtische Mitarbeiterinnen durchgeführt wurde, dem Verkehrsverein im Gegenzug jedoch keine Personalkosten in Rechnung gestellt wurden. Aufgrund einer Änderung des Reiserechts und damit verbundenen deutlich gestiegenen Haftungsanforderungen an den Reisevermittler bzw. Pauschalreisenanbieter hätte der Verkehrsverein nunmehr sowohl eine Insolvenzausfallversicherung sowie eine Veranstalterversicherung abschließen müssen, die das Budget des Verkehrsvereins extrem belastet hätten. Die Stadt konnte die Insolvenzausfallversicherung zu wesentlich günstigeren Konditionen abschließen, die Veranstalterversicherung ist bereits im Versicherungsschutz der GVV enthalten. Im Übrigen hat der Rat die politische Entscheidung vor wenigen Jahren getroffen, die WfG GmbH abzuwickeln. Da halte ich eine „Rolle rückwärts“ nicht für zielführend.

Wie wollen Sie das lokale Einkaufen fördern und wie wollen Sie Leerständen der Ladenlokale begegnen?
Das Einkaufsverhalten vieler Menschen hat sich stark verändert, Vieles wird mittlerweile online bestellt. Das hat auch den Händlern der Kevelaerer Innenstadt massiv geschadet. Im März kamen noch der Lockdown und die gravierenden Auswirkungen der Corona-Pandemie dazu. Seitdem finanziert die Stadt die Aktion „Kevelaer hält zusammen – kauft lokal!“ u.a. mit Plakaten und kurzen Videos. Aber die Pilger und auch viele Tagestouristen, die bei ihren Besuchen Geld in Kevelaer gelassen haben, kommen in diesem Jahr nur zu einem Bruchteil, die Übernachtungszahlen sind dramatisch eingebrochen. In der aktuellen Situation geht es daher zunächst darum, die vorhandenen Geschäftsinhaber und Gastronomen dabei zu unterstützen, diese Ausnahmesituation wirtschaftlich zu überleben. Mit bspw. dem Erlass der Sondernutzungsgebühren in diesem Jahr und mit dem in der vergangenen Woche getroffenen Beschluss, in 2020 noch vier verkaufsoffene Sonntage durchzuführen, ziehen Rat und Verwaltung mit den Unternehmern an einem Strang. Noch hat Kevelaer gegenüber vielen anderen Städten einen Standortvorteil. Wir verfügen immer noch über einen sehr abwechslungsreichen, oft inhabergeführten Einzelhandel und heben uns damit von vielen gleichförmigen Innenstädten ab. Aber die Stadt alleine kann die Innenstadt nicht retten. Ein neues barrierefreies Straßenpflaster und eine Verkehrsberuhigung können helfen, mehr Besucher in die Innenstadt zu locken. Allerdings muss der Branchenmix stimmen und der Leerstand effektiv bekämpft werden. Ein Dialog ist daher nötig mit den Händlern und Gastronomen, aber auch mit den Vermietern. Mancher Leerstand in der Innenstadt ist auch den hohen Mietvorstellungen der Eigentümer geschuldet. Darüber hinaus war schon „vor Corona“ die Diskussion in vollem Gange, wie mit den 1B-Lagen umzugehen ist, Stichwort Umwandlung in Wohnraum, zum Beispiel in der Maasstraße.

 

Mario Maaßen Foto: privat

Halten Sie einen Technischen Beigeordneten für Kevelaer für sinnvoll?
Ich bevorzuge eine Lösung ohne Technischen Beigeordneten, auch wenn an einigen Stellen sicher neuer Schwung entstehen könnte. Die Entwicklung der Stadt hört derzeit an den Grenzen von Kevelaer-Mitte auf – und selbst innerhalb dieser Grenze geht es nicht überall voran. So ist z.B. unverständlich, warum ein Baugebiet wie die Hüls immer noch nicht angelaufen ist. Das Entwässerungsproblem ist seit Jahren bekannt, Grundstücke zur Entwässerung wurden dazugekauft, die Bauparzellen sind mehrfach überzeichnet – doch es passiert nichts. Stattdessen möchte man nun einfach auf andere Flächen (hinter dem Bauhof) ausweichen. Warum? Sicher kein uninteressanter Ansatz, aber sollte man zunächst nicht das Angefangene abschließen? Seien wir ehrlich – eigentlich brauchen wir dafür keinen Beigeordneten, denn die Stadt hat in diesem Bereich sehr gutes Personal, das gefördert und eventuell auch verstärkt werden muss. Und für die „schönen“ Sachen haben wir den Gestaltungsbeirat.

Die Stadt hat vor Jahren Häuser an der Marktstraße für einen Durchstich erworben. Was sind Ihre Pläne für diese Gebäude?
Die Variante Durchstich bekommt bei allen denkbaren Nutzungs- und Strukturkonzepten von mir und der CDU allerdings die wenigsten Punkte – im Rahmen der Umgestaltung des Peter-Plümpe-Platzes haben wir sie nicht mehr thematisiert, da sie verkehrstechnisch kein wirklich zukunftsorientierter Ansatz ist. Stattdessen betrachten wir die Häuserzeile als Potenzialfläche, die durch die Umgestaltung des Peter-Plümpe-Platzes zusätzlich an Bedeutung gewinnt. Hier einen Investor zu finden, der vielleicht im unteren Bereich einen größeren oder gemeinschaftlich genutzten Geschäftsbereich etabliert und im oberen Bereich neuen, zentral gelegenen Wohnraum schafft, würde die Innenstadt und die südlich angrenzenden Bereiche aufwerten und verbinden.

Wie stellen Sie sich die Anbindung der Hüls an die Innenstadt vor?
Die Betriebsamkeit auf der Hüls spricht dafür, dass viele Kevelaerer jeden Alters schon längst eine eigene Anbindung gefunden haben. Aber wir müssen hier noch weitere Verbindungen schaffen. Ich weise auf den CDU-Antrag für die Stadtbuslinie hin, die das Bürgerbus-Netzwerk unterstützen soll. Der Solepark ist dabei für uns eine gesetzte Station, sodass er über das gesamte öffentliche Mobilitätsnetzwerk – das sicherlich noch auszubauen ist – Anschluss an die Innenstadt und Ortschaften bekommt. Darüber hinaus müssen wir Lücken in unserem Radwegenetz schließen, sodass eine vernünftige und sichere Anbindung entsteht.

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung rund ums Kaufcenter?
Sie schließt sich logisch an den Umbau des Peter-Plümpe-Platzes und der angrenzenden Straßenbereiche an, denn der Roermonder Platz mit der Antoniuskirche und den sich anschließenden Bereichen, zu denen – nicht zu vergessen – auch das derzeit hinter dem Kaufcenter versteckte Bühnenhaus gehört, ist das südliche Eingangstor zur Innenstadt, das als solches optisch und funktionell aber noch deutlich gewinnen könnte. Vieles ist hier denkbar, von erweiterter Platzgestaltung über Verwaltungssitz und Einzelhandel bis hin zu Wohnungsbau, aber wir dürfen dabei auch die innerstädtische Nahversorgung nicht aus dem Auge verlieren. Das Kauf-Center mag nach heutigen Maßstäben nicht mehr up to date sein, aber es ist ein starker Magnet, der immer noch als Frequenzbringer Menschen in die Innenstadt zieht.

Viele Unternehmer würden es begrüßen, wie früher Wirtschaftsförderung und Tourismusförderung in einer GmbH zu vereinen, auch weil dann wieder Erträge aus der Reise- und Hotelvermittlung für Aktivitäten zur Verfügung ständen. Wie sehen Sie das?
Mit Unternehmer sind hier sicherlich die Einzelhändler und das Gastrogewerbe in der Innenstadt gemeint – für sie kann ich gut nachvollziehen, dass eine Veränderung und vor allem eine weitere Vernetzung stattfinden soll. Wir haben bereits einen guten Wirtschaftsförderer, dem wir allerdings den nötigen Freiraum und das entsprechende Werkzeug zur Verfügung stellen müssen. Nicht nur in der Innenstadt. Ich für meine Person würde hier als Bürgermeister eine zentrale Aufgabe auch für mich sehen. Wirtschaftsförderung sollte Chefsache sein.

Wie wollen Sie das lokale Einkaufen fördern und wie wollen Sie Leerständen der Ladenlokale begegnen?
Die Umgestaltung des Peter-Plümpe-Platzes, schon unter Dr. Stibi initiiert, ist keineswegs der erste, aber sicher ein wesentlicher Schritt, um die Innenstadt zukunftsfit zu machen. Sie schließt den inneren Ring der zentralen Einkaufsstraßen und schafft neue, attraktive städtische Räume, die Kevelaer als Einkaufs- und Besucherstadt gut zu Gesicht stehen. Und je attraktiver und lebendiger unsere Innenstadt ist, desto mehr Besucher und Käufer zieht sie an.
Die Geschäftsleute selbst müssen wir gerade in und nach der Corona-Krise weiter eng begleiten. Sie stärken und fördern, wenn sie neue Wege ausprobieren und die notwendige Infrastruktur bereitstellen, die sie als Grundlage für erfolgreiches Wirtschaften brauchen. Das gilt natürlich auch für die Ortschaften. Eine funktionierende Nahversorgung ist ein großes Stück Lebensqualität, doch wie vielerorts auf dem Land stehen auch wir hier vor großen Herausforderungen. Kervenheim und Wetten kennen die Probleme längst. Hier müssen wir dauerhafte Lösungen finden, die von den Bürgern mitgetragen und unterstützt werden. Wir müssen Vermarktungskonzepte heimischer Erzeuger und Händler wie z.B. lokale Lieferdienste und zusätzliche regelmäßige Einkaufsmöglichkeiten wie Feierabendmärkte unterstützen und den Wunsch, „Von hier“ zu kaufen, fest in den Köpfen verankern.
Weiterhin kämpfen wir für außerordentliche Sonntagsöffnungszeiten für Kevelaer. Bereits im März des Jahres haben wir daher Professor Dr. Pinkwart als zuständigen Landesminister angeschrieben und hier um eine Ausnahmeregelung gebeten. Mit einem Runderlass vom 14.07.2020 wurden zumindest vier weitere „Verkaufsoffene Sonntage“ ohne norminierten Sachgrund ermöglicht. Unsere Hartnäckigkeit hat sich auch hier einmal wieder bewährt.