Das Leben auskosten

Frühschichten in der Fastenzeit bietet die Pfarrgemeinde St. Marien im Petrus-Canisius-Haus an jedem Mittwoch bis vor die Karwoche an. Hierbei wird jeweils einer der fünf Sinne in den Fokus gebracht. Nachdem zuletzt der Tastsinn und die Geschichte von der Sünderin, die Jesus die Füße salbte und sie mit ihrem Haar trocknete, bearbeitet wurde, ging es in dieser Woche um das Schmecken: das Leben „aus-kosten“, so wie dies Jesus getan hat.

Im Johannesevangelium 2,1-11 ist in der Geschichte von der Hochzeit zu Kana beschrieben, wie Jesus gefeiert hat. Nicht umsonst berichtet das erste Wunder im Evangelium, wo Jesus Wasser in Wein verwandelt, von einem feiernden Jesus. Viktor Fischer Emmerich wies darauf hin, dass „Jesus zu seiner Zeit als Fresser und Säufer, als Prophet der Gastmähler angesehen war. Jesus war kein Kostverächter, er zeigte, dass sich im ausgelassenen Feiern und in der Natur Gottes Fülle, ja Gottes Überfülle zeigt. Das bedeutet: Mit Jesus feiern heißt in Fülle leben.“

Mit dem Lied „Unser Leben sei ein Fest, Gottes Geist (ist dann) in unserer Mitte“ wurde dieser Gedanke verstärkt.

Zum Auskosten des Lebens gehört auch das Schmecken, Geschmack im und am Leben finden. Wer möchte das nicht? Der Geschmackssinn ist sehr differenziert. Wir können etwa eine Million unterschiedliche Geschmacksrichtungen wahrnehmen. Inwieweit nehmen wir aber unsere Lebensmittel wirklich wahr? Wo konsumieren wir nur „Einheitsbrei“ und wo stumpfen unsere Geschmacks- und Lebensnerven ab? Wo schlingen wir Nahrungsmittel und unser Leben einfach nur hinunter, statt es uns auf der Zunge zergehen zu lassen?

Bei dem Wunder zu Kana zeigt die Verwandlung von Wasser zu Wein, dass gemeinsames Feiern mit Jesus ein Wunder ist. Die Überfülle an bestem Wein veranschaulicht, was Jesus schenkt, seine „Herrlichkeit“. Das Reich Gottes wird buchstäblich „kost-bar“.

Es geht aber nicht um Feiern nach Schema F, darum, den Alltag zu vergessen. Im Johannesevangelium heißt es: „Wenn zu viel getrunken wird, dann wird der Wein schal.“
Auch wenn nur gegessen wird, um sich den Bauch vollzustopfen, geht der Geschmack, das Auskosten verloren. Wenn wir nur leben und feiern, ohne Limit und ohne Verstand, dann können wir die gottgegebene Schönheit des Lebens nicht entdecken. Wenn wir es aber bewusst als „Kostbar-keit“ ansehen, lässt uns das die große Vielfalt als Wunder wahrnehmen, das es zu schützen gilt. Wenn Jesus feierte, wenn Jesus lebte, dann tat er dies immer auch mit Blick auf die Schwachen, Armen, Kranken und Hungernden. Wenn wir bewusster leben, wenn wir beim Auskosten des Lebens, beim Feiern und beim Essen uns auf die besinnen und uns denen zuwenden, die durch ihre Lebensumstände das Leben nicht so feiern können wie wir und nicht genügend zum Essen haben, dann bereiten wir uns in Jesu Sinn auf Ostern vor.

In den nächsten Frühschichten geht es um die anderen Sinne: das Hören („Auf das Leben hören“), das Sehen („Das Leben sehen lernen“) und das Riechen („Das Leben atmen“). Nach den geistigen Impulsen sind alle zu einem gemeinsamen Frühstück eingeladen (hierzu darf jeder etwas beisteuern). Auch wer an den anderen Frühschichten nicht teilgenommen hat oder teilnehmen kann, ist herzlich eingeladen: Petrus-Canisius-Haus, jeden Mittwoch um 6 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.