Das KB und das Museum ehrten Theodor Bergmann

Was sich am Samstagnachmittag bei dem vom Kevelaerer Blatt organisierten Mundartnachmittag zu Ehren des Heimatdichters Theodor Bergmann ereignete, darf durchaus „historisch“ genannt werden. Einer der besonderen Momente war es, als sich die gesamte anwesende Bergmann-Familie inklusive der beiden noch lebenden Kinder Theodor Bergmanns – Heribert und Johanna – zu einem Gruppenfoto im Foyer des Niederrheinische Museums Kevelaer versammelte. „Unser Museum ist nicht nur ein Ausstellungsort, sondern auch ein ganz wichtiger Ort der Begegnung“, traf die Botschaft von Museumsleiterin Veronika Hebben den Nagel auf den Kopf.

Zu diesem besonderen Nachmittag kamen so viele Besucher in das Foyer, dass Hebben sogar kleine Hocker in die erste Reihe stellen musste, um den enormen Andrang überhaupt zu bewältigen. „Liebe Freunde der niederrheinischen Mundart!“ begrüßte der Vorsitzende des Museumsfördervereins, Peter Hohl, die Anwesenden. Er sprach von einem „ganz besonderem Anlass“. Nicht etwa, weil die Europäische Kommission das Jahr 2018 zum Jahr des europäischen Kulturerbes ausgerufen habe, sondern „weil der Förderverein, das Museum und das KB nicht übersehen wollten, dass das Jahr 2018 auch ein Theodor-Bergmann-Jahr ist“.

Trotzdem wolle man das Kulturerbe von Theodor Bergmann im europäischen Geiste teilen. „Denn er war nicht nur ein Heimatdichter, sondern ein ,Homo politicus‘, ein Kosmopolit“, bezog Hohl sich dabei bewusst auf das Heimatlied. „Kein einziges Mal kommt in dem Text das Wort Kevelaer vor.“ Bergmann habe sich somit „einer ganzen Landschaft mit ihren Menschen verschrieben, mitten im Herzen von Europa“.

Der Fördervereinsvorsitzende erinnerte daran, dass Theodor Bergmann 1923 bis 1939 selbst Vorsitzender des Fördervereins und bis zu seinem Tode verdienter Ehrenvorsitzender gewesen war. In diesem Jahr am 29. Dezember wäre er 150 Jahre alt geworden, am 17. Mai war sein 70. Todestag. Das sei Anlass „für uns, das KB, die Nachbarschaft und den Männergesangsverein“ gewesen, zum Dank im Mai am Denkmal an der Busmannstraße „unser Heimatlied laut zu singen“.

Hohl freute sich, dass „heute wie im Mai viele der Bergmann-Familie angereist sind aus aller Herren Länder und allen Gegenden der Republik“. So sei es gelungen, daraus ein „inoffizielles Familientreffen“ zu machen. Man habe zu Bergmanns Ehren keinen Staatsakt vorbereitet, sondern ein buntes Programm mit dessen Liedern und Texten sowie eine kleine Kabinettsausstellung.

Anschließend durfte der Herausgeber des Kevelaerer Blattes, Rudolf Beerden, die Verdienste des Heimatdichters würdigen. „Wir haben es mit einer besonderen Persönlichkeit zu tun“, erinnerte Beerden daran, dass Bergmann schon in sehr jungen Jahren ins kalte Wasser geworfen worden sei. Denn der am 29. Dezember 1868 auf der Busmannstraße 28 geborene Theodor übernahm mit gerade mal 17 Jahren die väterliche Schuhfabrik.

Beerden erinnerte darn, dass Bergmann 1898 ein Gedicht zur Gründung des Sängerbundes in Kevelaer vorgetragen und sich der Stadt sehr stark verschrieben habe. Er habe 1919/20 mit an der Weimarer Verfassung gearbeitet, was davon zeuge, „dass er ein Mann des Geistes war und nicht nur sehr viel an Liedgut und Gedichten hinterlassen hat, sondern sicher auch da stark nachhaltig gewirkt hat“. Das führte dazu, „dass er hier in Kevelaerer Mitbegründer der CDU war und deren 1. Vorsitzender“.

Mit neun Kindern sei Bergmann „sehr erfolgreich auch an dieser Stelle“ gewesen, erntete Beerden für diese augenzwinkernde Bemerkung ein freundliches Lachen der anwesenden Familie. Er selbst habe einen Bezugspunkt zu der Familie, erzählte Beerden, da er im Betrieb von Siegfried und Hildegard Schreiner, einer der Töchter Bergmanns, 1981 in der IT-Branche habe anfangen dürfen.

Beerden erinnete außerdem an die beiden anderen großen Mundartdichter Tenhaeff und Martens. Von Martens Enkelsohn habe er mehr als 200 Gedichte in der Rohform erhalten. „Wir haben vor, damit auch was in der Zukunft zu tun und das für uns alle hier in Kevelaer zu halten.“

Anschließend standen Bergmanns „tolle Texte zum Schmunzeln und Nachdenken“ (Beerden) im Mittelpunkt. Zum einen wurden sie musikalisch vorgetragen von Bernd Rolf an der Geige und seiner Frau Bärbel am Gesang, die aus den Musik-CDs des gebürtigen Kevelaerers Güno von Leyen mit verarbeiteten Texten von Heimatdichtern „Min Modertaal es käwels platt“, „Onschöldeg gerecht“ und „Ohme Pitt“ vortrugen.

Zum anderen rezitierte Wilfried Renard mit ganzem Körpereinsatz aus dem Werk Bergmanns. Mit dem Prosastück über den „Räuberhauptmann Kronenberg“, der mit seiner Bande Anfang des vorigen Jahrhunderts den Niederrhein unsicher machte und dessen Einbruch in das Winnekendonker Pastorat sich so ähnlich wie erzählt zugetragen haben soll, zog er die Anwesenden in seinen Bann. Dabei entstand kollektives Gelächter, als er die Passage „Pit gej klömt op et Dack, schnejt et Tauw dör on bend et boawe faas, dat et ni heronderfält“ las und in dieser Sekunde aus der Tasche eines Mitglieds der Bergmann-Familie ein Handy fiel. Danach präsenierte Renard eine Reihe von kleinen Gedichten.

Als Zugabe brachte Renard später mit „No wöns“ einige Dichterzeilen zu den beiden noch lebenden Kindern dar – über „En Sösterke ganz no Moders Wöns, Dröm sall et naes Moder ok Hanneke heite“ und „min negende Kind“.

Am Ende intonierten alle Anwesenden das Lied, das wie kein anderes die Menschen in Kevelaer auf ewig mit dem Namen Theodor Bergmann verbinden wird – „Dor hör ek t´Hüß“.