„Das ist edel, das ist chic, das ist robust“

Stolz führten Michael und Nick Bol von dem großzügigen Eingangsbereich der Luxemburger Galerie aus, wo früher der Buchladen zu finden war, durch die neu gestalteten „Myokraft“-Räumlichkeiten. „Da ist der alte Eingang an der Annastraße.

Die Wände sind raus, die abgehängten Decken sind raus. Wir haben alles ‚industriell‘ gemacht“, erläutert Michael Bol. Seit 2004 ist der Physiotherapeut, der zu Anfang auf 185 Quadratmetern eigenständig in der Egmontstraße firmierte, in der Luxemburger Galerie.

Zuletzt war er mit dem „Therapiezentrum Bol & Greuel“ tätig und nach dem Ausscheiden des Mitgesellschafters dann mit seinem Sohn als Geschäftsführer und 30 Mitarbeitern mit „Myokraft.“

„Wir haben jetzt mit der Reha insgesamt 1300 Quadratmeter. Und der Trainingsbereich ist von 300 auf 700 Quadratmeter gewachsen“, sagt der 59-Jährige nicht ohne Stolz. „Und wir haben Lüftungsgeräte von acht mal zwei Meter. Die sorgen dafür, dass ständig Frischluft hier reingesaugt wird und verbrauchte Luft abgesaugt wird“, erläutert Bol. Die Luft werde dabei in allen Trainingsräumen, im Empfangsbereich und im Büro dreimal pro Stunde komplett ersetzt. Sensoren registrieren dabei den Sauerstoffgehalt in der Luft.

Diese Investition – angeregt durch den Architekten Patrick Lehn – kostete alleine schon 70.000 Euro. „Da haben wir erstmal geschaut: Ist es das wert, das zu investieren? Aber jetzt in Corona-Zeiten sind wir sehr, sehr froh, das gemacht zu haben.“ Weil die sogenannten Aerosole, die durch Training entstehen, sofort abgesaugt würden und Frischluft reinkomme. Und im Sommer werde die Luft um bis zu zehn Grad abgekühlt. „Luft ist einer der entscheidendsten Faktoren. Wenn die Luft schlechter ist, bist du auch schneller raus. Luft ist natürlich auch Gesundheit – und Myokraft steht für Gesundheit.“

Zusammen mit Lehn habe man sich für Schwarz als Grundfarbe von „Myokraft“ entschieden. „Wir haben uns viele Gastronomiebetriebe angesehen, ganz viele Fitnesscenter in Holland, die schwarz sind“, erklärt Michael Bol. „Das ist edel, das ist chic, das ist robust und geht weg von dem Medizinischen und dem Krankheitsgedanken.“ Und die Jüngeren fänden es durchaus cool, meint Nick Bol.

Auch die Therapieräume hat man mit den einheitlichen „Myokraft“-Wänden und gleichem Design ausgestattet. Die Umkleiden haben zwei raffinierte Details zu bieten: Jeder Spind trägt den Namen eines berühmten Sportlers oder einer berühmten Sportlerin. Und in den Schränken finden sich die dazu passenden Konterfeis, wie bei „Rudi Völler“ und „Frank Rijkaard“ – in dem Fall mit dem berühmten „Spuck“-Bild aus dem WM-Achtelfinale 1990.
Insgesamt seien über eine Million Euro in die Erweiterung geflossen, bestätigt

Geschäftsführer Nick Bol. „Wir haben um die 600.000 Euro investiert – und dazu hat noch der Vermieter Werner Helmus jr. investiert“, sagt der 23-Jährige. Die Pläne für die Umgestaltung lagen seit 2016 bereits in der eigenen Schublade. „Uns war schon ganz lange klar, dass wir uns vergrößern wollen, vor allem im Trainingsbereich“, sagt Nick Bol. Im Herbst 2018 wollte man schon eröffnen, bevor neue Auflagen dazwischen kamen. Und dann kam Corona. Da habe man im Frühjahr Geld vom Staat erhalten, dazu noch auf ein Reservedarlehen von der Hausbank zurückgegriffen, sagt Michael Bol. Deswegen sieht er dem „Lockdown light“ ohne Existenzangst entgegen. „Aber schön ist es nicht.“

Starkes Immunsystem für die Gesundheit

Medizinisch notwendiges Training, Reha-Sport, Physiotherapie und Ergotherapie finden aktuell weiter statt – der Rest geht nicht. Richtig verstehen kann Bol das nicht. „Training ist systemrelevant“, findet er. „Wir brauchen ein starkes Immunsystem.“ Und mit einem Luftsystem wie bei „Myokraft“ sei die Ansteckungsgefahr „gleich Null.“ Natürlich sei das auch schade vor dem Hintergrund der Umgestaltung. Die Vergrößerung bringe allen mehr Spaß bei der Arbeit und den 520 Mitgliedern plus den Patienten in Therapie mehr Spaß an der Bewegung, glaubt Michael Bol.

Für die Umbenennung von „Therapiezentrum Bol“ hin zu „Myokraft“ – zusammengesetzt aus dem griechischen „Myo“ für Muskel und „Kraft“ – gab es zahlreiche Gründe, so Nick Bol. „Einerseits wollten wir weg von dem Grundgedanken Therapie. Das ist verbunden mit Krankheit und negativ behaftet.“ Man biete als „Myokraft“ die Kombination aus Physiotherapie, Ergotherapie, Fitness und Gesundheit an. So solle man gleich, bevor man die Räumlichkeiten betritt, einen anderen Gedanken mitbringen. Und man betone damit auch die diversen Angebote – vor allem, an der Stärkung des Immunsystems und der Belastungsstärkung zu arbeiten.

70 bis 80 Prozent der Patienten hätten ein Belastbarkeitsproblem, so Michael Bol. „Die Gesellschaft hat sich in den letzten 30 Jahren, in denen ich jetzt arbeite, drastisch verändert. Unsere Therapie hat sich auch inhaltlich drastisch geändert – von Menschen, die zu sehr belastet werden, zu Leuten, die eine total schlechte Belastbarkeit haben.“

Bürojobs hätten zugenommen, das Essen sei etwas schlechter geworden und die Menschen bewegten sich weniger. „Wo früher die Vorväter 15 bis 20 Kilometer gelaufen sind, kommt der Durchschnittsmensch heute nicht mal auf 800 Meter.“ Da gelte es, die richtigen Anreize zu setzen, denen sich der menschliche Körper anpasse. Das könne man in jedem Alter machen, weswegen vom jungen Mann bis zum Spitzensportler und älteren Personen Klienten kommen, ergänzt Nick Bol.

Es gebe auch Kooperationen mit Vereinen wie dem KSV und Viktoria Goch. Wobei man sich da als die Experten sehe, um angemessen in den sinnollen „Range of Motion“ einzuführen. „Alle werden hier erstmal eineinhalb Stunden gecheckt und es wird ständig ein ‚Re-Check‘ gemacht“, so Bol. „Und die können gratis zu den Sprechstunden kommen, um ihre Beschwerden mit uns zu besprechen.“

Zusätzliche Frequenzen für die Stadt

Der Kevelaerer Wirtschaftsförderer Hans-Josef Bruns begrüßte die Erweiterung aus städtischer Sicht. „Für uns ist es superschön, dass sich ein Kevelaerer Unternehmen am Standort weiterentwickeln konnte und sich inhaltlich vom Therapiezentrum zu dem entwickelt hat, was es heute ist.“ Außerdem hätten viele Akteure lange Zeit versucht, die Flächen dort zu aktivieren. „Und wir haben gesehen, dass das nicht ganz so einfach ist.“ Daher sei es natürlich auch schön, dass man hier eine Fläche mit Investition belegt habe.

Und mit diesem Konzept würden in der Stadt zusätzliche Frequenzen geschaffen. „Das kann die Stadt sehr gut gebrauchen. Das ist eine wunderbare Ergänzung zu dem, was da ist.“
Was die Zukunft betrifft, planen die Bols kurzfristig, im Atriumbereich einen „Foodtruck“ mit Sitzgelegenheiten einzubringen, „wo man entsprechend unserer Philosophie auch gesunde Sachen bekommen kann“, so Michael Bol. Mit Inhaber Helmus sei das schon besprochen. „Denn zur Gesundheit gehört ja auch Ernährung. Das ist ja auch eine Form der Lebensqualität und das wollen wir da anbieten.“

Ein Caterer aus Kevelaer habe schon Interesse angemeldet. „Wenn Corona nicht gewesen wäre, hätte er da schon gestanden. Der Truck und die Kooperation ist schon ausgesucht. Wir waren da schon weiter“, sagt Michael Bol. Auch diese Idee erhielt den Beifall von Wirtschaftsförderer Bruns. Dieser Anstoß sei in Sachen Vermarktung Kevelaer und dem Motto „Gesund an Leib und Seele“ eine Punktlandung, meint er.