Das Beste, was Kevelaer hat
Sie war ohne Zweifel der Höhepunkt der vergangenen Woche: die Kevelaerer Kirmes. Das KB war an allen Tagen dabei und hat das Engagement unzähliger Kevelaerer begleitet, ohne die dieses Volksfest nicht wäre, was es ist.
Der Auftakt
Wie sehr die ganze Stadt und vor allem die jungen Kirmes-Fans auf den Start der Kirmes „brannte“, war an den Schlangen abzulesen, die sich schon früh am Donnerstag an den Fahrgeschäften bildeten. Vor der großen „Nessi“-Schiffsschaukel warteten auch die ersten Vereinsvertreter auf den großen Kirmesauftakt, der von den „Swingenden Doppelzentnern“ mit fetzigen Rhythmen musikalisch eingeleitet wurde. Gemeinsam mit dem zukünftigen Festkettenträger Hans-Gerd „Tutti“ Rütten und seinem Gefolge zogen sie über die Kirmes auf den Platz vor dem Schiff. „Wir sind gut vorbereitet“, blickte Rütten entspannt den Feierlichkeiten der kommenden fünf Tage entgegen.
Bürgermeister Pichler nahm die Ereignisse des Vorabends, der inoffiziellen Eröffnung mit Schaustellern, Stadt- und Vereinsvertretern in seine Eröffnungsrede mit auf: „Wenn der Autoscooter nicht funktioniert, dann war ich das. Dann geht der Dank auch an die Damen und Herren, die sich da vorne befinden.“ Er sprach von einer „gesunden Mischung“ auf dem Kirmesplatz und wünschte dann allen „Völ Glöcks mit de Kermes.“ Ein, zwei kurze kräftige Schläge benötigte es, ehe er die Bierrunde an die Anwesenden ausschenken durfte. Danach kam die Kirmes mit ihren Fahrgeräten wortwörtlich „in Schwung“.
Der Höhepunkt
Wer ein Kirmes-Feiernder ist, muss eine gesunde Kondition mitbringen. Das galt auch in diesem Jahr besonders für den zukünftigen Festkettenträger Rütten, der am Samstagmorgen um fünf Uhr im T-Shirt parat stand, um der vor der Tür wartenden Wache und dem für sie aufspielenden Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr einen Stärkungstrunk zu gönnen.
Während sich „Tutti“ mit der Familie in Ruhe auf den Tag vorbereitete, fuhren die Musiker Richtung City. Dem Pastor machten die Musiker zur frühen Stunde ihre Aufwartung, damit dieser um sechs Uhr die Einsetzung des Gnadenbildes feiern konnte. Auf dem Kapellenplatz erklang ihre Musik. Und auch Bürgermeister Pichler hatte keine lange Nacht. Jener trat mit einem kleinen Umschlag vor die Tür und wünschte dem Tross noch einen guten Weg.
Den Preis für den schönsten Bademantel gewann an diesem Morgen Adjutant Ralf Trepmann, der mit seiner Frau und der Wache voll Inbrunst früh am Morgen das „Sebmann“-Lied sang.
Von da aus fuhr der Tross weiter zum Präsidiumsmitglied der Geselligen Vereine, Georg Bors. „Das ist ja eine Überraschung am frühen Morgen“, ließ er sich nicht zweimal bitten und schenkte Schnäpschen und Limonade ein. Auch Präsidiumsmitglied Tobias Aymans gestand im Bademantel: „Wir sind glatt aus dem Bett gefallen.“ Der Präsident der Geselligen Vereine, Peter Tenhaef, und seine Frau luden zu einer Flasche Bier und einer wärmenden Tasse Kaffee bei den noch morgendlich frischen Temperaturen ein.
Der Zwischenstopp bei Seb-Schriftführer Jörg Brade machte diesen für einen Moment perplex: „Wat wird dat denn?“, brachte er hervor. Große Freude löste der musikalische Weckruf bei Heiner Schraml, dem langjährigen Feuerwehrchef in Kevelaer, aus. „Ich freu mich immer, wenn ihr vorbeikommt!“
Einige Stunden später waren die Freude und der Stolz Rütten anzumerken, als er von Bürgermeister Dominik Pichler mit der Festkette des Jahres 2019 ausgezeichnet wurde. Vor dem Alten Rathaus hatten ihn und Adjutant Ralf Trepmann neben Pichler die Wache und Ortsvorsteher Edmund Bercker herzlich empfangen. Pichler erinnerte an die 110-jährige Tradition der Kirmes und die Tatsache, dass die Seb jetzt zum neunten Mal damit dran ist. „Man muss erstmal Festkettenträger werden“, hob er die Besonderheit des Amtes hervor. „Besser rasiert als sein Adjutant ist er auf jeden Mal schon mal“, hatte Pichler die Lacher auf seiner Seite. „Besser als der Bürgermeister auch“, schob er lachend nach. „Die Kirmes lebt vom festgebenden Verein und allen Vereinen, nicht nur vom Festkettenträger, dem Adjutanten und der Wache“, betonte er das Gemeinsame der Kirmes. „Was ich bisher erlebt habe, am Heimatabend und am Schaustellerabend – mein Eindruck ist: Ihr habt so richtig Bock.“ Anschließend legte er Rütten die Festkette um.
In seiner Rede gratulierte „Tutti“ erstmal seiner Mutter zum 81. Geburtstag, seinem nicht mehr lebenden Vater, der an diesem Tag Geburtstag gefeiert hätte („Der freut sich da oben“) und der Schwiegertochter von Ralf Trepmann. Rütten unterstrich, dass die Kirmes „nur in Gemeinschaft“ funktionieren könne. „Der Zusammenhalt der Vereine ist das, was die Kirmes zusammenhält“, dankte er auch den Generationen vorher, die das weitergeführt haben. „Das ist das Beste, was wir hier in Kevelaer haben. Das sollten wir uns erhalten.“
Er dankte Georg Seegers für die Herstellung der Plakette und machte deutlich: „Es ist ein besonderer Moment für uns zwei, hier oben zu stehen und von der anderen Seite zu blicken.“ Hinsichtlich seines Vereins gab er sich zuversichtlich. „Ihr habt bis jetzt alles gegeben und werdet auch bis zum Schluss alles geben. Wir werden noch weiter viel Spaß haben.“
Zur anschließenden Messe war auch der Niederrhein-Weihbischof und frühere Kevelaerer Wallfahrtsrektor Rolf Lohmann gekommen: „Vor 377 Jahren ist diesem Ort das größte Geschenk überhaupt gegeben worden, als das Gnadenbild auf der Kevelaerer Heide auf dem Kapellenplatz eingesetzt wurde. Das verbinden wir mit der Kirmesfeier und ich freue mich, dass ich mit Ihnen Eucharistie feiern kann.“ Sein Nachfolger Gregor Kauling sprach von der Notwendigkeit der „Leichtigkeit, Kraft und Freude“ dieser Tage in Verbindung mit dem Glauben: „Aus dieser Kraft heraus ziehen wir hinein in das Leben“, machte er klar. „Jesus ist keine Spaßbremse, er schenkt Freude.“
Im Anschluss vollzogen sich das große Fahnenschwenken und der stimmungsvolle Umzug der Kevelaerer Vereine. Im Festzelt schließlich hielten sich alle an die „weisen Worte“ des Kurzredners Dominik Pichler („Bei warmem Wetter muss man viel trinken“) und feierten zu den Klängen der diversen Musikgruppen.
Der Abschied
Am Montag zog Rütten mit seinem Gefolge erneut vor das Alte Rathaus, wo er in einer würdevollen Zeremonie von Bürgermeister Pichler, von den Geselligen Vereinen und von seiner „Seb“ als Festkettenträger verabschiedet wurde. Sowohl Pichler als auch Peter Tenhaef unterstrichen, wie würdig die Sebastianus-Bruderschaft und der Festkettenträger mit seiner Frau und dem Adjutantenpaar die Kirmes und die Idee der Gemeinschaft vertreten haben und dankte ihnen für ihren Einsatz. „Zwei Tage, 48 Stunden, das ist ein kurzes Vergnügen. Aber eines bleibt: Du wirst immer Festkettenträger bleiben. Das kann Dir keiner mehr nehmen.“
Rütten forderte den Bürgermeister auf, im Stadtrat weiter „für dieses Ereignis“ Kirmes zu kämpfen. Er dankte seiner Seb für den Einsatz inklusive des „geilen Heimatabends“ und der Kirmes insgesamt, allen für die vielen schönen Erlebnisse und Gespräche in dieser Zeit. Danach nahm Pichler ihm die Festkette ab.
Am Abend machte Rütten keine großen Worte mehr. „Alles hat einmal sein Ende. Danke euch für eure Unterstützung“, sagte der scheidende Festkettenträger, als er Arm in Arm mit seinem Adjutanten Ralf Trepmann stehend die angezündete Fackel auf die „Kermespopp“ am Sankt-Klara-Platz warf.
An der Kirmes konnten alle das abschließende Feuerwerk verfolgen, das in diesem Jahr eine Vielfalt bunter Motive in den Himmel zauberte. Im Festzelt wurde noch einige Male das „Sebmann“-Lied angestimmt.
Eine Fotogalerie zum Kirmes Samstag finden Sie hier. Die Fotogalerie zum Kirmes Montag ist hier zu finden.