Da wurden Erinnerungen wach
Mit ruhiger Hand holte Rainer Verhülsdonk die Kuchenform aus dem Ofen. „Das ist richtig gut gelungen“, konnte der Vorsitzende des Vereins „Kultur und Natur im Achterhoek e.v.“ (NuK) der „Künstlerin“am Haus Achterhoeker Schulweg 32 zu ihrem Brotwerk nur gratulieren.
Marie-Therese Jansen hatte an diesem Nachmittag zum ersten Mal in ihrem Leben ein Ofenbrot zustande gebracht. „Das ist ganz wunderbar“, freute sie sich über das Ergebnis: „Die Backmischung stand bei mir im Schrank und ich hab mir gesagt, jetzt ist die Zeit.“ Mit Genuss kostete sie mit ihrem Liebsten den ersten Bissen. „Der schönste Moment ist, wenn der erste Duft in die Nase steigt“, fand sie.
Vorher durften die anderen Besucher, die größtenteils schon seit Jahren mit von der Partie sind, das noch warme Blech mit Zwetschgen- und Apfelkuchen verköstigen, das Rosi Gomolka kreiert hatte.
„Gratis“ dazu bekamen die Gäste noch die schönen Erinnerungen, die die ältere Dame an die Zeit hatte, als sie noch in Franken lebte und Brotbacken im Ofen eine Normalität war. „Dazu mussten wir Sauerteig haben und dann wurden sechs, sieben Brote gebacken“, erzählte sie, während sie den Kuchen schnitt. „Da wurde das Mehl noch selbst gedroschen. Die Oma hat es angesetzt mit dem Sauerteig. Das wurde noch alles mit der Hand gekloppt und geknetet.“
Der Ofen dazu „musste von früh bis nachmittag vorgeheizt sein, damit die Steine heiß genug waren. Dann wurden die Brote reingeschoben.“ Sie erinnerte sich auch noch daran, dass die letzten Brote immer etwas härter wurden. „Die wurden dann in Kaffee eingetaucht.“
Am Ende, das weiß sie noch, hatte sie „auf der Schubkarre mal acht große Brote.“ Auf jeden Laib kam ein Kreuz: „Oft gab es dazu Schmalz und mein Opa hat dazu auf dem Herd Knoblauchzehen gemacht und auf das Brot geschmiert.“
Die Geschichte von Rosi Gomolka löste auch bei Rainer Verhülsdonk Erinnerungen aus. „Wir hatte zwar einen Elektroofen. Aber meine Mutter hat samstags immer gebacken und wir haben uns als Geschwister um die erste Schnitte gestritten. Die war so lecker, frisch , warm – da kam Butter und Marmelade drauf. Es gibt nix Besseres.“
Was die Besonderheit eines guten Ofenbrotes eigentlich ausmacht? „Die Glut lass ich drin. Da hat man so ein Raucharoma, das ist unbeschreiblich. Das Aroma ist einfach phänomenal, man weiß, was drin ist, und es sind halt keine Haltbarkeitssachen drin – einfach lecker.“
Ofenbacken erfordere echtes Feingefühl. „Ein Elektro- oder Gasofen, den stellt man 50 Minuten auf 220 Grad ein und es läuft. Hier muss man wirklich gucken, auch wenn wir die Gradzahl messen, hier und ein Händchen entwickeln, dass es jetzt gerade gut ist. Mein allererstes Brot, das war eine Katastrophe, weil ich gar kein Gefühl hatte und wusste, wie das mit dem Hefeteig funktioniert.“
Auch der zwischenzeitliche Platzregen konnte der entspannten Stimmung der Teilnehmer nichts anhaben. „Es sind immer die gleichen Protagonisten da, die bringen ihren Teig mit. Meinen Kuchen hab ich schon reingebracht“, erzählte Rainer Verhülsdonk. „Wir machen das seit 2015, als wir den Ofen hier eingeweiht haben.“
So ganz „nebenbei“ erwähnte Verhülsdonk noch, dass man in der Woche zuvor die NuK-Mitgliederversammlung mit der Wahl eines neuen Beisitzers (Andreas Boltze) und des alten, neuen Geschäftsführers Matthias David abgeschlossen hat.
Mit Blick auf die Trockenheit der Böden äußerte der Naturschützer seine Sorgen: „Die Bäume, die Sträucher gehen kaputt. In der Fleuth sterben Fische am Sauerstoffmangel. Auf 300 Meter in Kapellen an der Brücke waren zehn große Fische tot. Warmes Wasser hat weniger Sauerstoff und die Fische ersticken. Willkommen im Klimawandel. Das macht mir noch mehr Sorgen als Corona.“