Centro Kevelaer
Kevelaer. Er ist im Kevelaerer Rat der Fachmann für den Haushalt: Im KB-Interview warnt KBV-Fraktionschef Günther Krüger davor, die „schwarze Null“ zu überschätzen und schildert, welche Themen seine Fraktion in der aktuellen Ratsperiode noch beschäftigen.
Kevelaerer Blatt: Herr Krüger, lange hat Ihre Fraktion für die Haushaltskonsolidierung geworben, jetzt ist die „schwarze Null“ da.
Günther Krüger: Ein ausgeglichener Haushalt ist das eine. Die Schulden sind die andere Geschichte. Steigen die Zinsen um ein oder zwei Prozent, ist der Haushalt nicht mehr ausgeglichen. In den vergangenen Jahren wurde der Haushalt nur durch die Ausgleichsrücklage ausgeglichen – das ist fiktives Geld. Bei den Wünschen, die manche Ratskollegen schon geäußert haben, ist das kleine Plus ruckzuck weg. Übrigens kommt die schwarze Null vor allem daher, dass unsere Unternehmen in Kevelaer gut gearbeitet haben.
Welchen Anteil an der schwarzen Null hat die Arbeitsgruppe zur Haushaltskonsolidierung?
Die Arbeitsgruppe hat auch dazu beigetragen. Da ist allerdings noch nicht alles umgesetzt. Bei den Spielplätzen beispielsweise mauert die Verwaltung meines Erachtens. Man muss aber nicht im Umkreis von 200 Metern drei Spielplätze haben, wenn gleichzeitig jungen Familien Baugrundstücke fehlen.
Die Politik ist also sparwillig?
Manchmal diskutiert der Rat wochenlang über eine Ausgabe von 2000 oder 3000 Euro, aber ein Millionenbetrag wie beim Mehrzweckbecken geht dann ruckzuck. Man hätte auch die Mensa einfacher gestalten und nicht als Rundbau konzipieren können. Das wäre günstiger gewesen. Die Zweifachturnhalle war damals Deutschlands teuerste Turnhalle – weil sie auch als Aula nutzbar sein sollte. Dann hat sich gezeigt, dass das wegen der Akustik und anderer Probleme gar nicht geht. Das sind beispielsweise Projekte, die Kevelaers Verschuldung in die Höhe getrieben haben.
Letztlich ist der Einfluss der Politik aber gering. Der größte Posten im Haushalt ist das Personal. Da können Sie nicht sparen, ohne Leistungen zu kürzen. Die freiwilligen Leistungen sind in Summe ebenfalls ein großer Batzen – zu den Profiteuren gehört auch die Kirche. Da zu kürzen ist schwierig, erst recht bei einem ausgeglichenen Haushalt. Und eine Stadt muss auch lebenswert bleiben.
Das angesprochene Mehrzweckbecken ist eine Investition mit Folgekosten. Vor denen warnen Sie oft.
Das mit dem Mehrzweckbecken wurde geschickt gemacht: Wird der Zuschuss bewilligt, muss auch gebaut werden. Den Zuschuss wollten aber viele Kommunen. Ich kann mir vorstellen, dass Barbara Hendricks da angesichts eines SPD-Bürgermeisters die Finger im Spiel hatte. Aber als das Lehrschwimmbecken an der Bieg geschlossen wurde, haben wir gesagt, dass Ersatz kommen soll. Das hätte damals 700.000 Mark gekostet, die stattdessen in die energetische Sanierung der Schule geflossen sind. Heute bauen wir für zwei Millionen Euro – das ist schon weit mehr als nur ein Lehrschwimmbecken. Ich will aber nicht sagen, dass das unsinnig ist. Die Liste für Kinderschwimmkurse ist lang.
Im Sportbereich hat der Rat zuletzt über einige große Ausgaben entschieden.
Die Kunstrasenplätze sind für die Stadt ein Plus-Minus-Null-Geschäft, weil die Pflege nun von den Vereinen übernommen wird. Anders sieht es bei den Umkleiden in Kervenheim für die Footballer aus. Ich hielte es für das Beste, die Spiele ins Hülsparkstadion zu legen. Aber ob das mit den anderen Sportarten logistisch funktioniert, ist die Frage. Alternativ muss von den Footballern eine Eigenbeteiligung kommen, um die Umkleiden zu erweitern.
Noch mal zu den laufenden Kosten: Könnten nicht die Stadtwerke das Hallenbad betreiben und könnten dann dessen Verluste von ihrem Gewinn abziehen und weniger Steuern zahlen?
Diese Überlegung hatten wir wegen der Entwicklung auf der Hüls zurückgestellt. Ich möchte nicht ausschließen, dass dort noch was kommt. Aber ja, das kann man machen, das machen andere Kommunen auch so.
Wie sehen Sie die Entwicklung auf der Hüls?
So, wie es gemacht wurde, ist es für die Stadt kein Risiko. Ob wir ein Hotel und ein Gesundheitszentrum ohne das Gradierwerk bekommen hätten, weiß ich nicht. Aber wenn ich mir Xanten angucke, dann ist unser Gradierwerk zumindest attraktiver. Jetzt steht und fällt die Entwicklung mit dem künftigen Angebot. Was man lösen muss, ist außerdem die Anbindung an die Innenstadt – ob Bürgerbus oder eine Eisenbahn wie früher mal, da müssen wir was hinbekommen.
Stichwort Innenstadt: Kehrt die Verwaltung vom Hoogeweg zum Peter-Plümpe-Platz zurück?
Persönlich halte ich einen Anbau ans Verwaltungsgebäude immer noch für sinnvoll, sofern er vom Integrierten Handlungskonzept bezuschusst wird. Die KBV wollte ja anstelle einer Rathaussanierung die Verwaltung bündeln – ob auf dem Peter-Plümpe-Platz oder an der Kroatenstraße. Die Miete für den Hoogeweg hat beim Entscheid für die Sanierung keiner berücksichtigt. Damit hätte man den Anbau bei den heutigen Zinsen dreimal finanziert.
Alternativen wären, das Gebäude am Hoogeweg weiter mieten oder kaufen oder die Virginia-Satir-Schule. Vielleicht sollte man auch weiter blicken und berücksichtigen, ob sich beim Kaufcenter eine Möglichkeit ergibt.
Sie wären also bereit, den Peter-Plümpe-Platz zu bebauen?
Die Platzsituation muss man erhalten. Aber die wird wesentlich größer sein, wenn man die Marktstraße einbezieht. Eine moderate Bebauung, vielleicht auch mit Charakter einer Markthalle, könnte ich mir gut vorstellen.
Braucht Kevelaer den Peter-Plümpe-Platz für die Kirmes?
Wir müssen bei der Planung zwei Dinge berücksichtigen: erstens die fünf Tage Kirmes – wobei Kirmes in Kevelaer eigentlich nicht die Fahrgeschäfte sind, sondern der Umzug und das Festzelt. Zweitens die Pilgerbusse. Aber warum nicht die Post kaufen? Dann können die Pilger dort aussteigen und Busse parken am Europaplatz – der dafür eigentlich vorgesehen ist. Eine verkehrsberuhigte Innenstadt könnte ich mir gut vorstellen.
Also kein Bedarf für eine Tiefgarage am Peter-Plümpe-Platz?
Ich glaube nicht, dass es für eine Tiefgarage einen Investor gibt, und eine teilweise Bebauung ist dann zwingend. Aber vor der Frage sollte man überlegen, ob man den Verkehr dort überhaupt haben möchte – egal ob über- oder unterirdisch. Kevelaers Verkehrsproblem ist im Wesentlichen hausgemacht. Unter anderem fehlt ein vernünftiges Parkleitsystem.
Peter-Plümpe-Platz, Kaufcenter, Postgebäude – müsste nicht mal jemand eine große Vision für die Innenstadt entwerfen?
Ich halte nichts vom Wort „Masterplan“, aber eine grundsätzliche Konzeption muss man haben. Dafür brauche ich aber keinen Technischen Beigeordneten. Davon haben wir ja 38 im Rat (lacht).
Sie haben mal vom „Modell Centro“ gesprochen…
Was macht das Centro in Oberhausen anders? Hundert Geschäfte haben wir auch. Aber die haben ein Center-Management. Man könnte die Innenstadt zu einem kleinen Centro machen, wenn alle mitspielten. Natürlich muss man dann mehr als Geschäfte bieten – Theater, Gastronomie… Jemand muss ein Gesamtkonzept ansagen und daran müssen sich alle halten.
Ich halte übrigens auch nichts davon, pauschal gegen Geschäfte wie Mediamarkt zu sein. Damit erreicht man nur, dass die Kevelaerer zum Einkaufen in andere Städte fahren.
Wie bewerten Sie die aktuelle politische Stimmung im Rat?
Ich habe schon in meiner Haushaltsrede gesagt, dass sich der Rat stärker von der Verwaltung emanzipieren muss. Die CDU scheint immer noch ihre Bürgermeister gewohnt zu sein und könnte ruhig etwas aufmüpfiger sein. Aber solange die CDU nicht allein entscheiden kann und der Bürgermeister gucken muss, wo er seine Mehrheiten findet, finde ich die Situation sehr gut.
Weniger gut war der Eklat bei der Wahl des ersten stellvertretenden Bürgermeisters…
Wir haben nach der Kommunalwahl vereinbart, dass die CDU den ersten Stellvertreter stellt. Also hätte man den CDU-Kandidaten wählen müssen. Aber das Amt wird überschätzt. In das wichtigere Amt des Vorsitzenden des Stadtentwicklungsausschusses hingegen wurde Michael Kamps gewählt. Ich sehe hier leider unter den gegebenen Umständen keine Lösung.
Trägt so etwas zum Nachwuchsproblem in der Kommunalpolitik bei?
Wenn nur jeder Zehnte, der bei Facebook seine Meinung schreibt, sich in einer Partei oder bei uns engagierte, hätten wir kein Nachwuchsproblem. Und die Zeit, die manche mit Schreiben verbringen, würde für die Kommunalpolitik ausreichen. Die Zukunft vieler Kevelaerer Parteien sehe ich mit Sorge, auch die der KBV.
Zum Schluss ein Blick in die Ortschaften.
In Winnekendonk müssen wir das Problem Sportplatz und Edeka lösen. Da wird wohl der Sportpark erweitert werden müssen und dann kann Edeka auf dem alten Sportplatz erweitern.
In Kervenheim müssen wir sehen, dass wir die Schule erhalten. Der Ort wäre ideal für Gewerbegebiete, aber das wird uns leider nicht genehmigt – auch wenn Uedem das gelingt.
Twisteden ist durch das Irrland eine wachsende Ortschaft, da gibt es höchstens verkehrliche Probleme, die gelöst werden müssen. Aber wir können froh sein, dass wir das Irrland haben.
In Wetten sehe ich bis auf die Nahversorgung derzeit kein akutes Problem.
Das Gespräch führten Björn Lohmann und Rudolf Beerden.