Buchkunst im wahrsten Sinne

Als Dr. Edmund Bercker mit seiner Frau durch ein Antiquariat im Schwarzwald schlenderte, hatte er ein Gebetbuch gefunden, das im Buchverlag seines Urgroßvaters Edmund Bercker kurz nach der Gründung der Buchhandlung und Buchbinderei 1870 entstanden war. „Schau mal, ich habe unser Gebetbuch gefunden“, sagte er zu seiner Frau, bekam aber von der Inhaberin des Antiquariats, die an der Kasse saß, postwendend als Antwort: „Das ist mein Gebetbuch!“

Die Fronten waren schnell geklärt und Bercker konnte tatsächlich nicht nur im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte, sondern auch im Sinne von Besitz das Gebetbüchlein sein Eigen nennen. Wieder ein Baustein seiner Sammlung von alten Gebetbüchern und anderen Büchern aus der Geschichte der Firma Butzon & Bercker sowie anderer wahrer Buchkunst, die er seinem recht beachtlichen Fundus hinzufügen konnte.

Reine Handarbeit

Fast alle seiner Sammlerstücke sind noch in reiner Handarbeit hergestellt worden und nicht nur dies macht sie zu Raritäten. Leder- oder Samteinbände, versilberte Messingschließen, wertvolle Einlege- oder Reliefarbeiten aus feinstem Blech, Kapital- und Seitenbändchen sowie echter Goldschnitt machen sie zu einem Schatz. Auch mit Celluloid-Einband versehene Gebetbücher sind nicht alltäglich. Sie wurden für den Überseeverkauf hergestellt und überstanden eingepackt in Ölpapier die Schiffsreise und die salzhaltige Luft während des Transports.

Etwa 550 Exponate gehören zu Berckers Sammlung, darunter eine Inkunabel von 1582. (Als Inkunabeln oder Wiegendrucke werden die nach der Fertigstellung der Gutenberg-Bibel mit beweglichen Lettern gedruckten Bücher und Einblattdrucke bezeichnet.)
Für Bercker ist die Sammlung nicht nur der Erhalt der eigenen Firmengeschichte: „In den Büchern kann man die Entwicklung in der Theologie ablesen. Auch wenn sich die Messtexte nicht verändert haben, so zeigen die Gebete und Zusatztexte, dass zunehmend, bis zum heutigen täglichen Gebrauch, die Theologie weniger schwülstig und dafür weltoffener, freier und besser verständlich geworden ist. Das ist es, was mich an meiner Sammlung so sehr interessiert.“

Auch für die Geschlechterrolle kann man aus Berckers Sammlung etwas lernen. In manchen alten Gebetbüchern steht eine Bezeichnung, die landläufig nur für Frauen bekannt ist. Und so stellt man fest, dass es hier zur Gleichstellung für Männer kommt: „Ein Gebetbuch für Jungfrauen und Jungmänner!“.