Böses durch Gutes überwinden

„Herr, entwaffne die Zunge und die Hände, erneuere Herzen und Geist, damit das Wort, das uns einander begegnen lässt, immer „Bruder“ laute und unser Leben seinen Ausdruck finde in „Shalom, Frieden, Salam“!“ – Mit diesem Gebet um den Frieden von Papst Franziskus leitete Pastor Gregor Kauling die letzte Fastenpredigt in diesem Jahr ein, die Christel Neudeck vorbehalten war. Die Predigt stand unter dem Motto des Paulus-Wortes: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Röm 12,21)

Die Witwe des Menschenrechtlers Rupert Neudeck (1939-2016), die gemeinsam mit ihrem Mann Cap Anamur zur Rettung der vietnamesischen „Boat People“ und den humanitären Verein „Grünhelme“ gründete, berichtete über das Leid, das ihrem Mann auf seinen Reisen in die Kriegs- und Krisengebiete der Welt begegnete und über seinen Kampf für Frieden und Menschenwürde.

Besonders der Kampf gegen Minen lag Rupert Neudeck am Herzen. 1994 etwa schrieb er in Kambodscha in sein Tagebuch: „Noch lange nach den Kriegen liegt dieses Teufelszeug in den Böden, weiterhin bereit, Menschen zu verstümmeln oder umzubringen.“ Oft war er selbst dem Tod nahe. So flog etwa in Eritrea das Auto vor ihm durch eine Mine in die Luft und alle Insassen wurden getötet.

Rupert Neudeck organisierte eine große Unterschriftenaktion gegen Minen. Doch auch wenn bei einer Konferenz im kanadischen Ottawa 127 Staaten sich für ein Verbot der Minen aussprachen, so können einzelne Staaten heute noch Minen kaufen und einsetzen und das Leiden der Opfer geht weiter.

Gegen den Hass und für den Frieden

Deutschland selbst sei weltweit viertgrößter Waffenverkäufer. „Man darf nicht aufgeben, gegen den Hass und für den Frieden zu arbeiten“, so der Appell von Christel Neudeck, die gemeinsam mit ihrem Mann im Jahr 2016 den Erich-Fromm-Preis und den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen erhielt. Und im Blick auf Kevelaer und das Gnadenbild der Trösterin der Betrübten: „Ich hoffe, dass hier und heute von diesem Kraftfeld in dieser wunderbaren Kirche ein großer Versuch ausgeht, die Minen zu ächten und aus der Welt zu schaffen.“ Gemäß einem Wort von Ruth Pfau gelte es, „in der kleinen Welt um uns herum den kleinen Frieden zu schaffen, der in unserer Hand liegt und die Vorbedingung für den großen Frieden ist.“

Im Gespräch mit dem Kevelaerer Blatt äußerte sie ihre Freude darüber, dass es in Troisdorf, wo sie seit 1976 lebt, die Rupert-Neudeck-Schule zu einer „Schule ohne Rassismus“ wurde. Dadurch werde betont, dass die Menschenwürde für alle Menschen gilt, egal welcher Hautfarbe, Religion, Kultur oder sozialer Schicht. In NRW sind seit dem Tod ihres Mannes 2016 bereits vier Schulen nach ihm benannt.

Am 12. Mai soll zudem auf Wunsch der vietnamesischen Gemeinde und aus Dankbarkeit für die Rettung vieler Landsleute durch Cap Anamur in Troisdorf ein Denkmal ihres Mannes aufgestellt werden. Kevelaer kennt die Kämpferin für den Frieden auch von Kindesbeinen an. 1962 nahm die gebürtige Dinslakerin an einer Fußwallfahrt nach Kevelaer teil. „An die acht Blasen an den Füßen kann ich mich heute noch erinnern“, erzählt sie schmunzelnd. Bei der nächsten Friedenswallfahrt in Kevelaer, die ihr Mann noch mitbegründete, will sie gerne wieder dabei sein.