Bitte lächeln

“Aber sicher Schatz, für dich lächle ich doch besonders gerne!“ Wieder einmal richtet er seine Kamera auf mich, um was auszuprobieren. So habe ich schon vor geraumer Zeit gelernt, auf Kommando die Mundwinkel nach oben zu ziehen. Heute ist es besonders heftig, ich komme aus dem Dauergrinsen gar nicht mehr raus, denn Schatz hat eine neue Kamera. Schlimm genug, dass man wahrscheinlich wieder jede noch so kleine Falte sieht. Da will ich nicht noch ein langes Gesicht zeigen. Auch ein Probefoto soll doch ein bisschen nett anzuschauen sein.
Lächeln kann man eh nie genug. So manche Situation lässt sich damit gut entspannen. Man muss es nur vernünftig dosieren. Habe ich jemanden beinahe mit dem Fahrrad umgenietet, macht es einen gewaltigen Unterschied, ob ich dümmlich grinse oder entschuldigend lächle.
Eigentlich sollte sich jeder ein Dauerlächeln zulegen, denn Lachen ist erwiesenermaßen gesund, mittlerweile gibt es da sogar schon diverse Angebote, wie zum Beispiel Lachyoga. Brauch´ ich aber nicht, ich kann es auch ohne Training und Animateur. Jedenfalls wäre die Welt viel freundlicher.
Es kann auch durchaus mal passieren, dass man mal unwissentlich, so ganz ohne Vorwarnung fotografiert wird. Wie doof sehe ich aus auf einem Radarfallen-Foto, wenn ich ´ne Fleppe vor mir hertrage. Und erst gestern habe ich dem Geldautomaten lieblich zugelächelt, ist doch allgemein bekannt, dass man gefilmt wird, wenn man sein Kärtchen in den Schlitz schiebt.
Und dann sind da noch die Pilger und Touristen, die alles fotografieren, was ihnen vor die Linse kommt – wie Schatz. Ich könnte ja ganz zufällig auf einem Erinnerungsfoto landen. Niemand soll sagen können, dass die Kevelaerer unfreundliche und übelgelaunte Menschen sind.
Christel Hundertmarck