Besuch aus Irland: Laut, schmutzig, aber friedlich

Eher als in den meisten Jahren haben rund 60 Gespanne aus Irland Station in Kevelaer gemacht. Für drei Hochzeiten – am gestrigen Donnerstag, am heutigen Freitag und am morgigen Samstag – sind die Iren schon jetzt angereist und nicht erst zum Fest Mariä Himmelfahrt am 15. August. Das hat auch das Ordnungsamt überrumpelt und sorgt – wie so oft – für Kritik mancher Kevelaerer.
Gegenwärtig steht die Gruppe, die sich selbst als Irische Reisende bezeichnet, oft aber mit dem abfälligen Ausdruck „Tinker“ (dt. „Kesselflicker“) bedacht wird, auf dem Parkplatz am Hallenbad. Obwohl der Betriebshof wie in den Vorjahren einen Container für Abfälle dort aufgestellt hat, mehren sich Müll – und auch Fäkalien – rund um den Parkplatz.
„Wir wollen es den Leuten nicht zu bequem machen“, sagt Bürgermeister Dominik Pichler. Daher und weil nun mal alle Wohnwagen haben, habe man sich dagegen entschieden, Toiletten aufzustellen. Aber weil den Müll hinterher der Betriebshof beseitigen müssen wird, gibt’s zumindest den Container. Anfänglich bestand die Gruppe zudem nur aus etwa zehn Gespannen – sonst hätte die Stadt die Iren wohl gar nicht erst zum Hallenbad gelotst. Weil das Bad ebenso wie das Schulzentrum derzeit geschlossen ist, schien dieser Parkplatz zunächst eine gute Wahl.
Polizeieinsätze wegen der Iren hat es so gut wie keine gegeben, und wenn, dann wegen Verkehrsdelikten. „Die Polizei fährt vermehrt Streife“, schildert Pichler, aber nicht überall, wo Reifen quietschen, kann die Polizei rechtzeitig sein und eingreifen – zumal Polizei und Ordnungsamt gerade auch Urlaubszeit haben. Gewalttaten oder Anzeigen wegen Diebstahl oder Einbruch habe es im Zusammenhang mit der Ankunft der Iren jedoch nicht gegeben. Vielmehr feierten auch viele Kevelaer gemeinsam mit den Besuchern in Kevelaers Kneipen – „laut, aber friedlich“, wie Pichler betont, der das am Mittwoch im Prinzenhof selbst erlebt hat.
Überhaupt hätte die Stadt wenig Handhabe: Das Ordnungsamt könnte zwar Bußgeldbescheide ausstellen, weil sich die Iren zu lange auf dem Parkplatz aufhalten. Ignorierten die Iren das, könnte die Stadt den Parkplatz jedoch schwerlich räumen. „Wir haben keine Hundertschaft“, veranschaulicht der Bürgermeister die Schwierigkeit. Und wegen einiger Ordnungswidrigkeiten gäbe es dafür auch keine Verstärkung.
Die Stadt hat sich deshalb auf Deeskalation festgelegt. Weil der Parkplatz in der kommenden Woche für die Tamilen benötigt wird, die zu ihrer alljährlichen Wallfahrt anreisen, hat Pichler selbst mit den Iren gesprochen. Die haben zugesichert, am Sonntag, spätestens Montag auf den von der Stadt zugewiesenen Bereich an der Delbrückstraße umzuziehen. Denn abzureisen ist für viele der katholisch geprägten Iren keine Option, wollen sie doch traditionell Mariä Himmelfahrt in der Wallfahrtsstadt Kevelaer feiern. Im Gegenzug stört die Stadt die Gruppe nicht bei ihren Hochzeitsvorbereitungen. „Die Iren waren im Gespräch höflich und verständig“, resümiert der Bürgermeister. Sein Eindruck: Es sind – wohl wegen der Hochzeiten – mehr Gespanne als in den Vorjahren. Aber wilder als sonst gehe es nicht zu.
Vielleicht ist der Ansatz der Deeskalation auch für den Alltag mit den Iren hilfreich: Wer mit ihnen bei einem Bier genauso freundlich wie mit anderen Gästen der Marienstadt ins Gespräch kommt, hat die beste Möglichkeit, ihnen klarzumachen: Feiernde Besucher sind hier gern gesehen. Aber Fäkalien im Sportstadion oder Raserei im Kreisverkehr – das muss nicht sein.