Besser wohnen, Klima schützen und sparen

Gebäude verursachen in Deutschland laut Umweltbundesamt rund 35 Prozent des Energieverbrauchs und 30 Prozent der CO2-Emissionen. Wohl auch deshalb hat der Staat zu Beginn des Jahres die Förderprogramme für die energetische Sanierung von Wohngebäuden massiv erhöht. Das KB hat deshalb den Twistedener Energie-Effizienzberater Johannes van Lipzig gefragt, welche Möglichkeiten es für Neubauten und Bestandsgebäude gibt.

Sinnvoll ist es in jedem Fall, sich vor größeren Maßnahmen mit einem zertifizierten Energieberater zu unterhalten. Die Kosten der Energieberatung übernimmt der Staat über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu 80 Prozent, denn so soll sichergestellt werden, dass Fördermittel zweckgebunden und sinnvoll eingesetzt werden. Schließlich soll eine Erneuerung der Außenfenster nicht plötzlich zu Problemen mit Feuchte und Schimmel an den alten Außenwänden führen. Deshalb gibt es von der Deutschen Energieagentur eine Liste mit zertifizierten Energieberatern, die stimmige Konzepte erarbeiten dürfen, inklusive Betrachtung von Bauphysik, ökologischen Effekten und der Wirtschaftlichkeit. Berufliche Qualifikation und der Nachweis von Fortbildungsmaßnahmen sind zwingende Voraussetzung für die Aufnahme in diese Liste.

Neubauvorhaben

Einfach ist die Sache bei Neubauten. Die Vorgaben für die Dämmung der Gebäudehülle sind hier inzwischen so hoch, dass man aus energetischer Sicht nur zwischen gut und sehr gut wählen kann. Beträgt der Energiebedarf nur 40 Prozent des gesetzlich Erlaubten, spricht man beispielsweise vom Effizienzhaus 40, das sich nur noch unwesentlich vom sogenannten Passivhaus unterscheidet, das komplett ohne Heizung auskommt. Je geringer der Energiebedarf, desto höher die mögliche Förderung. Noch stärkere Dämmungen als bei einem Passivhaus ergäben keinen Mehrwert. Allerdings kann die Wahl des Dämmmaterials mehr oder weniger ökologisch ausfallen. Übrigens habe sich gezeigt, dass die Erhöhung der Baukosten keineswegs auf bessere Energieeffizienz, sondern größtenteils auf allgemeine Kostensteigerungen zurückzuführen seien, betont van Lipzig.

Auf dem Neubausektor sind Erneuerbare Energien Pflicht. Der größte Teil entfällt aktuell auf die Wärmepumpen. Diese entziehen der Umgebung – in der Regel Luft oder Erdreich – Wärme nach dem umgekehrten Prinzip eines Kühlschranks. Während Luft-Wasser-Wärmepumpen aus einem Teil Strom etwa dreieinhalb Teile Wärme erzeugen, kommen Sole-Wasser-Wärmepumpen aufgrund der auch im Winter konstanten Temperatur im Erdboden auf ein Verhältnis von 1:4,5 und besser – die sogenannte Jahresarbeitszahl. Interessant ist das nicht zuletzt, weil der ab 2021 eingeführte Preis für CO2-Emissionen die Heizkosten mit Gas- oder gar Ölheizungen in die Höhe treiben wird. Eine Wärmepumpe mit Ökostrom ist fein raus. Überhaupt gilt für Wärmepumpen: Energiepreissteigerungen schlagen nur im Verhältnis der Jahresarbeitszahl durch, weil ein Großteil der Energie kostenfrei der Umwelt entnommen wird. Und das Beste: Die Anschaffungskosten werden derzeit zu mindestens 35 Prozent gefördert – inklusive Fußbodenheizung, Warmwasserspeicher und Erdbohrung bei Sole-Wasser-Wärmepumpen. Solarthermie empfiehlt van Lipzig eher seltener, denn die Effizienz sei in unseren Breitengraden begrenzt, die Förderung daher auch geringer als bei Wärmepumpen.

Mini- und Mikroblockheizkraftwerke für neue Mehrfamilienhäuser

Schwieriger als im Einfamilienhaus gestaltet sich die Situation im neuen Mehrfamilienhaus, wo die gesetzlich vorgeschriebene Trinkwasserhygiene Wassertemperaturen von 55 bis 60 Grad erfordert, um das Wachstum von Legionellen zu verhindern – ein Temperaturbereich, der die Effizienz von Wärmepumpen deutlich verschlechtert. Denkbar sei hier eine Wärmepumpe für die Grundlast, unterstützt von elektrischem Durchlauferhitzer oder Gasbrennwerttherme für die Spitzenlast. Generell rät van Lipzig jedoch von neuen Heizungen mit fossilen Brennstoffen ab. Für neue Mehrfamilienhäuser und Wohnsiedlungen sieht er die Zukunft eher bei Mini- und Mikroblockheizkraftwerken in kleinen Nahversorgungsnetzen. Die erzeugen zugleich Strom und Wärme. Heute sind am Markt vor allem Anlagen verfügbar, die als Brennstoff (Bio-)Erdgas oder (pflanzliches) Öl nutzen, doch auch Brennstoffzellengeräte, die (Bio-)Wasserstoff verbrennen, haben inzwischen die Marktreife erreicht. Heute sind Letztere jedoch noch nicht wirtschaftlich interessant, was vor allem Folge politischer Entscheidungen in den vergangenen zehn Jahren sei, wie van Lipzig erläutert.

Aus energetischer Sicht interessant wird es bei der Altbausanierung, denn gerade der Gebäudebestand ist es, der das größte Potenzial für Einsparungen und damit auch den Klimaschutz birgt. Hinsichtlich der Heiztechnik käme hier zusätzlich zu den genannten Optionen die Pelletheizung infrage, insbesondere für Haushalte, die eine Ölheizung damit ersetzen und entsprechenden Lagerplatz für den Brennstoff besitzen. Der Austausch von Ölheizungen gegen ökologische Alternativen wird sogar mit bis zu 45 Prozent gefördert.

Altbausanierung

Genau hinsehen muss man im Altbau bei geplanten Wärmepumpen. Da diese mit geringeren Temperaturen im Heizkreislauf arbeiten und idealerweise mit Flächenheizungen kombiniert werden, ist es möglich, dass vorhandene Heizkörper zu klein sind. Allerdings gibt es sowohl entsprechende Niedertemperaturheizkörper mit besonders großer Oberfläche als auch Wärmepumpen, die mit notwendigen höheren Temperaturen zurechtkommen. Hinzu kommt, dass Heizsysteme früher oft deutlich über den tatsächlichen Bedarf hinaus ausgelegt wurden, der „Angstfaktor“, den man heute rausnehmen könne, wie van Lipzig erläutert. Und nicht zuletzt sinkt der Heizbedarf erheblich, wenn die Heizung nicht die einzige Effizienzmaßnahme bleibt. Was nach der Erfahrung von van Lipzig jeder ohne Kosten machen kann: Die alte Umwälzpumpe der Heizung läuft im Jahr rund 2000 Stunden und ist damit im Schnitt für 10% der Jahres-Stromkosten verantwortlich! Deshalb einfach  mal schauen, ob der Drehzahlregler der Umwälzpumpe der Heizung auf der kleinsten Stufe steht. „Die genügt fast immer“, so der Energieexperte.

Die größten Schwachpunkte im Altbau sind oft ein ungedämmtes Dach und zu wenig oder nicht gedämmte Außenwände. Aber auch durch zweifach verglaste Fenster oder eine ungedämmte Kellerdecke kann viel Wärme verlorengehen. Wer die Gebäudedämmung verbessern möchte, steht vor einer grundsätzlichen Frage: Sollen es ein oder mehrere Einzelmaßnahmen sein – die die KFW-Bank mit 20 Prozent der Kosten bezuschusst, oder soll ein Konzept her, das gesamte Haus auf Neubauniveau zu trimmen und damit die Effizienzhaus-Förderung zu erreichen, die im Idealfall 40% betragen kann?

Der erste Schritt ist dabei immer die Erfassung des Ist-Zustands durch den Energieberater. Dabei werden nicht nur die Schwachstellen identifiziert, sondern die Grundlagen gelegt um zu beurteilen, welche Maßnahmen am effektivsten und welche wirtschaftlich am effizientesten sind. Zwar handelt es sich dabei um Schätzkosten, doch auch diese geben eine gute Orientierung. Häufig gilt: Heizungstausch und Dachdämmung sind die Maßnahmen, die sich am schnellsten amortisieren. „Wärme steigt nach oben“, benennt van Lipzig den Hauptgrund, weshalb das Dach wichtiger ist als die Kellerdecke. Weiterer Vorteil: Eine gute Dachdämmung schützt auch vor Hitze im Sommer.

Als günstige Wanddämmung kommt besonders bei Gebäuden aus den 1950er- bis 1970er-Jahren eine eingeblasene Dämmung zwischen den zwei Schalen der Außenwand in Frage. Sie erreicht nicht die Wirkung einer Außendämmung, erzielt aber mit kleinem (Kosten-)Aufwand einen großen Effekt. Ansonsten gilt: Außendämmungen sind Innendämmungen vorzuziehen, weil erstere zugleich Wärmebrücken entschärfen können.

Bei Sanierungsarbeiten die Schimmelgefahr beachten

Fenstersanierungen amortisieren sich oft erst nach 35 bis 40 Jahren – sofern man nicht die „Sowieso-Kosten“ berücksichtigt. Denn wenn Fenster altersbedingt eh ausgetauscht werden müssen, sind die Mehrkosten für energetisch besonders gute Fenster eher klein. Einen großen Effekt haben hier zudem auch Rolllädenkästen hinsichtlich der Luftdichtigkeit. Ein weiterer Tip des Energieberaters: Im Winterhalbjahr bei klirrender Kälte die Rollläden ungenutzter Räume gerne auch mal tagsüber geschlossen lassen, das spart Brennstoff. Achtung: Wer Fenster saniert, sollte am besten auch die Wanddämmung angehen, denn bei einer Unterschreitung des Taupunktes an Bauteilen der Gebäudehülle fällt Feuchtigkeit aus und es droht Schimmel. Ist das Fester der kälteste Punkt im Zimmer, wird es beschlagen und man kann durch Heizen und Lüften gegensteuern. Ist die unsanierte Wand der kälteste Punkt, fällt die meist nicht auf und der Schimmel blüht.

Überhaupt ändert eine umfangreiche energetische Sanierung die Lüftungssituation. Um Probleme zu vermeiden, gehört deshalb auch ein Lüftungskonzept dazu. Aber damit sind wir wieder beim Anfang dieses Textes: Es gibt eben gute Gründe, weshalb der Bund als Fördermittelgeber sanierungswilligen Hauseigentümern Energieberater empfiehlt und die Beratung großzügig bezuschusst.