Bekennntnis zur Integration

„Integration im Kreis Kleve. Einfach. Machen.?!“, hatten die Integrationsagenturen des Kreises Kleve als Überschrift für die von den beiden Caritasverbänden im Kreis Kleve sowie dem Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt organisierten Veranstaltung bewusst gewählt.

„Das umfasst die ganze Spannbreite des Themas“, umriss Moderator Tobias Kleinebrahm zu Beginn den Rahmen. „Ist es tatsächlich so einfach? Wie ist es mit den 1.000 Kleinigkeiten, die Integration schwierig machen? Und braucht es wirklich nur einfach den Mut nach dem Motto: das wird schon?“

Die Vorsitzende des Integrationsausschusses im NRW-Landtag, Margret Voßeler, verwies in ihrem Grußwort auf das „Komm an“-Programm des Landes zur Förderung der Integration von Flüchtlingen in den Kommunen. „Dass das mit Leben gefüllt wird, ist Ihr Verdienst“, richtete sie sich an die und 100 Verbandsvertreter und Ehrenamtlichen im Plenum.

Positives Bild über die Zuwanderung

Eine Umfrage habe ein positives Bild über die Zuwanderung ergeben, mit der Maßgabe, dass die meisten für einen weiteren Zuzug, aber zugleich für eine Begrenzung sind. „Integration kann gelingen, wenn die Kommunen sie als verbindlichen Prozess begreifen“, sprach Voßeler sich dafür aus, sich bei dem Thema „die Meinungsführerschaft nicht von Schwarzmalern abnehmen zu lassen und dass Integration nicht mehr problematisiert werden sollte als nötig.“

Der Caritas-Fachbereichsleiter für Migration und Integration, Gerrit Hermans, unterstrich die gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe, um Menschen pragmatisch zusammenzuführen. „Im ländlichen Raum funktioniert das ganz gut“ auf kurzem Weg und ohne große Abstimmung.
Integration benötige aber Nachhaltigkeit, ein Konzept und strategische Steuerung, verwies Hermans auf die bescheidenen Möglichkeiten der Integrationsagenturen mit jeweils nur einer halben Stelle. Er begrüßte den Beschluss für ein kommunales Integrationszentrum (KIZ) im Kreis Kleve.

Danach war es der NRW-Staatssekretärin Serap Güler vorbehalten, in ihrem dreiviertelstündigen Vortrag einen Rundumschlag zum Thema „Integration“ zu leisten.
Sie kommentierte zuerst die „Ereignisse der letzten Wochen und Monate“, verwies auf das „starke und wichtige Zeichen“ der demokratischen Parteien im NRW-Landtag mit einem gemeinsamen Antrag, „sich mit einer Stimme gegen die zu erheben, die diese Gesellschaft spalten wollen.“

Klar sei, wer nicht dabei gewesen sei und gegen wen dieses Zeichen gesetzt werden sollte. Es richtet sich nicht nur gegen die Partei und die Fraktion, sondern „gegen alle, die in Chemnitz, Köthen oder Dortmund auf die Straße gegangen sind, die mit Hass und Hetze versuchen, die Gesellschaft auseinanderzubringen.“
Es sei nicht nur wichtig, zu wissen, „dass wir in der Mehrheit sind, dass wir das mit unserer Gesellschaft nicht machen lassen, sondern es ist allerhöchste Zeit, Flagge zu zeigen, in dem wir so laut sind, nein: lauter sind als die.“

NRW könne stolz auf seine integrationspolitischen Strukturen sein wie den Kommunalen Integrationszentren, den Integrationsagenturen und die diversen Programm.
Wichtige Partner seien die Migranten-Selbstorganisationen, die vieles in die Kommunen trügen und für Vernetzung sorgten. Das Land habe für diese Organisationen gut 2,6 Millioenn Euro in den Haushalt eingestellt. „Komm an“ werde 2019 mit über 13 Millionen Euro fortgesetzt. Das Programm richte sich gerade an die ehrenamtliche Helfer. „Wenn sie Programme vor Ort haben, sie sind willkommen.“

Die Staatssekretärin erwähnte die diversen Projekte wie „Einwanderung gestalten“ oder „Zusammen-unser Haus“, das sich an 18- bis 25-jährige Flüchtlinge mit Schwerpunkt „Arbeitsmarktintegration“ richte. Eine Schulpflicht für diese Gruppe sei aber ehrlicherweise nicht möglich: „Man kann niemanden über 18 zur Schule zwingen.“

Es brauche eine bessere Ausstattung der Sprach- und Integrationskurse seitens des Landes mit dem Anspruch „als Motor der Integrationspolitik“ in Deutschland, um die Qualität der Kurse zu erhalten. In Sachen „Sprache“ solle man auch Angebote für die Elterngeneration von migranten finden, die eventuell noch Lust haben, die Sprache richtig zu lernen.

Bei der Bildung gelte es, den Trend umzukehren, dass nur 25 Prozent der Migranten Abitur machen, aber 40 Prozent zur Hauptschule gehen. Studien belegten, „dass Kinder mit Migrationshintergrund aus reiner Fürsorge oft keine Gymnasialempfehlung erhalten – trotz gleicher Leistung.“ Güler nannte das „gut gemeint, aber nicht gut gemacht.“

Es gelte noch immer viel zu tun, um auch die dritte Migrantengeneration zu integrieren und die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Was Duldungen betrifft, sprach sie sich für eine Ausweitung auf die Bereiche „Hilfsassistenz und Hilfsarbeiter“ aus. Es gebe im Land 50.000 Menschen in der Duldung, 10.000 davon seit über acht Jahren. „Wie soll man so jemanden integrieren?“, lautete ihre Frage. Das Land wolle da eine Stichtagsregelung schaffen, weil auch diese Menschen „eine Perspektive verdient haben.“

Serap Güler sprach sich für eine Wertediskussion aus, in der sich „auch die Migranten in Deutschland wiederfinden“. Dazu soll es ab dem 1. Oktober eine landesweite „Vorbilder“-Kampagne geben und für die Arbeit von Migranten im öffentliche Dienst geworben werden. .

Komprimierte Diskussionsrunde

Danach gab es auf dem Podium noch eine recht komprimierte Diskussionsrunde, bei der verschiedene Personen aus ihrem Erfahrungshorizont berichteten.
Carsten Otto von der Integrationsagentur Kleve und Emmerich berichtete von den Problemen im öffentlichen Nahverkehr, Monika Risse von der Stadt Goch über die Notwendigkeit, gezielte Angebote zu machen und auch gerade die Frauen zu aktivieren.

Und der Flüchtlingsbegleiter Matthias Hülscher brachte die Frage nach bezahlbarem Wohnraum für Flüchtlinge auf den Tisch. Er griff den konkreten Fall eines Flüchtlings mit unsicherer Bleibeperspektive auf und wandte sich da direkt an Güler. „Da werden sie keine schnellere Antwort erhalten, wenn ich mich da melde“, empfahl diese die Hilfe des Integrationszentrums.