Barbara Ruscher glänzt nicht nur auf der Mattscheibe

Weinerlich und wütend, fröhlich und fassungslos – es ist eine ganz eigene Mischung aus Kabarett und Comedy, die Barbara Ruscher da auf die Kleinkunstbühne beim „Kabarett unter‘m Dach“ brachte. Oft glänzt sie auf der Mattscheibe, als Moderatorin oder in TV-Satireshows. Jetzt konnten sich die Kevelaerer mal hautnah von ihrer Ausstrahlung überzeugen.

Und da hat die zweifache Mutter von der großen weiten Weltpolitik bis zur kleinen, intimen Verhütungsfrage, eine Menge zu bieten: Plastik in den Weltmeeren und SUVs auf der Garagenauffahrt, Brexit („der Berliner Flughafen Englands“) und Fitness-Tracker („bevorzugt getragen von jenen, die früher gegen die Volkszählung demonstrierten“), Nestlé in Afrika und Beckenbauer in Katar, Trump und Höcke, Ausländerhass und Ausmalbücher für Erwachsene – es gibt kaum ein Thema, an dem sie nicht irgendwas oder irgendwen Schlechtens oder Schlechten findet – und sei es auch mal sie selbst.

Als ob das alles nicht schon für gute Werte in einer imaginären Umfrage zur Beliebtheit von Komikerinnen ausreichte, puscht sie ihre Sympathiewerte immer wieder mit Selbstironie hoch und das sogar mit dem Hinweis auf ihren ersten Bildungsweg. Die Frau ist Lehrerin („Kabarettistin mit Exkursionshintergrund“), hat aber den ganz langen Zeigestock und die quietschende Kreide irgendwo verlegt.

Sie weiß was, weiß es aber nicht besser, außer bei den ganz Doofen vielleicht. So begegnet sie etwa dem Publikum auf Augenhöhe, den Rappern „Kollegah“ und „Fahrid Bang“ mit dem Statement „Dummheit ist ein nachwachsender Rohstoff“ und einem Anti-Rap.

Überhaupt sind die sparsam eingestreuten Lieder in ihrem Programm „Ruscher hat Vorfahrt“, zu denen sie sich selbst am Klavier oder an der Luftpumpe (beim Lied übers Liegerad) begleitet, immer wieder kleine Höhepunkte. Songtexte, die irgendwo zwischen der Beiläufigkeit eines Hagen Rether und der Aggressivität eines Rainald Grebe liegen, nicht ganz so böse und weltläufig, aber oft genug präzise auf den Punkt.

Unterricht am Gymnasium, Schrottwichteln im Netz

Und dann immer wieder diese harten Landungen, diese Bodenhaftung mit beiden Beinen mitten im Leben: Vom Wechsel der Tochter zum Gymnasium („weil da der meiste Unterricht ausfällt“) zum Nachwuchs-Kollegen, dem sie sich als „die Mutter von Mario Barth“ vorstellt, bis zum Partnerportal im Internet („Schrottwichteln“) reichen die und lassen aufhorchen und loslachen. Tolles Kabarett-Comedy-Kleinkunst-Gemisch, das das Publikum beim „Kabarett unter‘m Dach“ mit viel Applaus honorierte.