Authentisch Weihnacht erleben

Gut ein Dutzend Gleichgesinnte versammelten sich mit Kinderwagen, warmer Kleidung und besinnlicher Vorfreude mit Kaplan Christoph Schwerhoff an der Gnadenkapelle, um sich von dort aus auf den gemeinsamen “Bethlehem-Weg” zu begeben.
Als neuer Kaplan durfte Schwerhoff das erste Mal das besondere Ereignis gestalten und begleiten. “Ich bin mehr gespannt als vorbereitet – und ich bin vor allem gespannt, wie es ist im Stall”, formulierte der Gottesmann seine Erwartungen an den besonderen Abend. “Das hat wirklich was Biblisches – mit Esel und Ochs”, meinte er. Der Kevelaerer Bürgermeister Dominik Pichler, der mit Frau und Kindern dabei war, formulierte das etwas direkter: “Kein Weihnachten mit Tschingderassabumm, sondern mit Stallgeruch und mit pinkelnden Kühen.”
Bevor sich die Gruppe auf den Weg begab, versammelte Schwerhoff zunächst einmal alle an der Kapelle, um den Anwesenden einige Gedanken mit auf den Weg zu geben, die er im Stall wiederholen sollte. “Was ist heilig an meiner Familie?”, fragte er und gab den Mitwanderern die Aufgabe, “besonders an die Menschen zu denken, die Euch besonders wichtig sind”.  Familie sei “süßlich”, aber auch “anstrengend” und bringe auch Konflikte – so wie sicher auch in dem realen Fall von Maria, die schwanger geworden sei, während Josef nicht wusste, von wem.
Entlang der Amsterdamer Straße brach der Tross Richtung Ermers-Scheune auf – zunächst Schwerhoffs Bitte entsprechend, still und jeder an die besonderen Menschen im persönlichen Umfeld denkend.
“Mein Schwiegervater – das war das erste Jahr, wo er nicht Weihnachten mit dabei war. Er war der Mittelpunkt. Es ist jedes Mal traurig, wenn wir seinen Namen erwähnen”, formulierte eine Frau ihre ganz persönlichen Gefühle an diesem Abend. “Obwohl es im Januar war, ist es noch sehr präsent”, fand sie es gut, auf dem Weg “Zeit zum Nachdenken” zu haben.
Nach etwas mehr als einer halben Stunde erreichten die Wanderer den Stall, wo bereits einige Messegäste warteten. “Wir wohnen seit drei Jahren hier, das ist jetzt das zweite Mal”, erzählten Hildegard und Michael Bosch, die mit ihrer zweijährigen Tochter Marie teilnahmen. “Kühe und Stroh gehören so zu Weihnachten – das hat Symbolcharakter, Gemütlichkeit und ist was Anderes als in der Kirche, wenn hier Kühe und Kinder dazwischenschreien”, meinte das Ehepaar.
Musikalisch begleitet von Romano Giefer am Akkordeon, stimmten die Anwesenden Lieder wie “Engel auf den Feldern singen”, “Ihr Kinderlein kommet” oder “Kommet ihr Hirten” an. Schwerhoff begrüßte alle zum “Fest der heiligen Familie” an einem Ort, “wo man nah bei der Natur und Gott ist”. Er predigte von dem Idealbild, das die Jesus-Familie darstelle, von der Bedeutung der Familie, und rief alle zum gemeinsamen Fürbitten für Familienmitglieder auf – entweder für sich oder laut in der Gemeinschaft.
Zum Abschluss sangen alle “Stille Nacht”, genossen wärmenden Kinderpunsch, Kakao oder Glühwein, die von der Familie Ermers ausgeschenkt wurden. Und sie nutzten die Gelegenheit, einen Tag vor Silvester sich noch mal auszutauschen, einen Blick ins neue Jahr zu werfen – und dann vor dem Weg ins neue Jahr abschließend auf den Bänken  besinnliche Lieder wie “Seht geboren ist Gottes Kind” miteinander anzustimmen.