Austeilen und einstecken

Wer austeilt, müsse auch einstecken können, meint der Volksmund. Auf selbigen gefallen ist Lisa Feller sicherlich nicht. Und dass sich austeilen und einstecken bei ihr die Waage hält, macht einen gewichtigen Teil ihrer sympathischen Bühnenerscheinung aus. Auch wenn man ihren Programmtitel „Der Nächste, bitte!“ gemeinhin dem Mediziner-Jargon zuschreibt, ist ab der ersten Minute ihres fast zweistündigen Programms klar, dass Männer bestimmt kein Allheilmittel sind.
Bei Lisa Feller sind die Nebenwirkungen umso heftiger: Ausgeprägte Lachanfälle auf beiden Seiten des Bühnenrandes kennzeichneten den Montagabend „unter‘m Dach“ der restlos ausverkauften Öffentlichen Begegnungsstätte. Nicht allein, weil man jemenden kennt, der so ist, wie Lisa Feller jemanden beschreibt, den sie kennt. Und so lernen wir sie kennen, die Männer, die auf Lisa Feller ein Auge warfen – oder umgekehrt. Den schlappen „Lappen“ zum Beispiel, dem sie doch glatt den Fensterputzer vorzöge, oder den Schönling, der vor lauter Selbstverliebtheit nicht merkt, „dass wir gar nicht zusammen passen. Es hat auch Vorteile, wenn einer nur in den Spiegel guckt“.
Fröhlich-erfolglose Schauspieler mit unverbrauchtem Gesicht, faltige Schlagersänger, bei denen nicht nur die Uhren von Fossil sind, Kabarett-Kollegen, denen beim Anblick eincheckender Stewardessen die Augen überlaufen und die Sätze verkümmern – Lisa Feller guckt sie sich alle mal ganz gern an. Dann ist aber auch gut. Beziehungsweise anders, denn Frau ist ja auch nicht unbedingt besser.
Das ist die groß-artige Stärke dieser Comedienne: Sie zieht Männer haufenweise durch den Kakao, um sich danach selbst voll Wonne hineinzustürzen. Sei es beim nervös-verpatzten Treffen mit dem Jugendschwarm, bei der Verkehrskontrolle, beim einseitig heißen Liebesspiel vor dem Kamin oder beim verschämten Einkauf im Erotik-Shop.
Und es kommt noch doller, denn Lisa Feller hechtet nicht nur über ferne Bühnen und hüpft in fremde Betten, sie kehrt auch vor der eigenen Haustür die Scherben gescheiterter Lebensabschnittsbegleitungsveruchsaufbauten zusammen und baut daraus ein Comedyprogramm, dass man sich vor lauter Ergiebigkeit wundert, wie sie noch Zeit für ihre zwei Kinder findet. Tut sie aber, und baut diese Beziehungswunderwesen auch noch mit ein, dass es eine wahre Freude ist. Ob für sie immer, mag mal dahingestellt sein, den Zuschauerinnen und Zuschauern im Forum der ÖBS jedenfalls wurde warm ums Herz und noch ganz anderswo.
Intelligente Komik kann viel mehr als Schadenfreude, und Lisa Feller kann intelligente Komik. Bleibt zu hoffen, dass bis zum nächsten Besuch in Kevelaer nicht so viel Zeit verstreicht wie zuvor: Zuletzt sei sie bei einer Messdiener-Wallfahrt in der Marienstadt gewesen, sagt Feller.
Bis dahin: Am 29. Oktober ist Lisa Feller mit einer Preview ihres neuen Programms „Ich komm‘ jetzt öfter!“ im Bürgerhaus Weeze zu sehen. Und in der Reihe „Kabarett unter‘m Dach“ geben sich am 8. April die beiden Komikerinnen „Biggi Wanninger & Andrea Badey“ im „Doppelpack“ die Ehre.