Aus nichts etwas machen

Tatjana van Went wurde am 6. September 1979 in Meerbusch geboren.  „Ich bin ein bisschen Pippi Langstrumpf, die Mutter ist im Himmel und der Vater ein Pirat“, sagt sie selbst. Der Vater, ein Niederländer, ist „irgendwie alles“, sagt sie nicht viel mehr dazu. Die inzwischen verstorbene Mutter hatte ein Bekleidungsgeschäft und Boutiquen. „Die konnte viel mit Farben kombinieren, das hab ich mitbekommen, hab da mitgearbeitet“. 

Von ihr nahm sie einen entscheidenden Grundgedanken ins Leben mit – aus nichts etwas zu machen. Und das zeigt sich bis heute bei ihrer kunstpädagogischen Arbeit im „Atelier für soziale Kunst“ in Wetten.

„Wenn man vor einer weißen Leinwand oder Mauer steht, das ist wie im Leben. Das kann wie ein Problemberg sein, aber das zu lösen mit den Menschen, das anzugehen, das macht was mit einem“, sagt die 39-Jährige. „Und hinterher zu sehen, was habe ich jetzt hier geschaffen, und das gemeinsam mit anderen Menschen, das löst unheimlich viel aus.“

Kindheit

Es ist eine im wahrsten Sinne  des Wortes „bewegte“ Kinder- und Jugendzeit, die Tatjana van Went nachhaltig bis heute prägt. „In Zeeland habe ich meine Kindheit verbracht, ab der Jugend bin ich dann wieder in Krefeld gewesen.“ In Holland ging sie auf eine Art „grüne“ Schule, „wo Natur ganz weit oben geschrieben wird.“

Sie selbst war auch viel in der Natur unterwegs. „Wir hatten einen großen Garten zuhause und da lagen Schuttsteine, daraus habe ich Hütten gebaut. Wir hatten viel Raum für Kreativität und Entfaltung in der Kindheit, da ist noch mein Herz so ein bisschen.“ Deswegen wirkt ihre eigene abstrakte Malerei auch so, als wäre man am Meer oder bei einem Strandspaziergang.

Von Anfang ihres Lebens an ist sie von ganz vielen musikalischen und künstlerisch geprägten Menschen umgeben. „Ich habe meinen Ur-Opa noch gekannt, wir waren sehr viele Generationen.“ Und das ist ihr Ding: Sich „mit Menschen umgeben und sich weiterzuentwickeln.“ „Wenn man so viele Menschen greifbar hat, kriegt man ganz andere Normen. Das bereichert meine Persönlichkeit, weil ich mich sehr gut auf Situationen einlassen und einfühlen kann.“ Deshalb könne sie „in einer Umwelt Impulse wahrnehmen, viel mehr als Otto Normalverbraucher“ – und dann künstlerisch umsetzen.

Heimat

Von Krefeld aus pendelte sie oft zwischen beiden Welten, „zweisprachig und immer hin und her.“ Diese ständige Bewegung bildet sich auch in ihrem Leben ab. „Ich bin 19 Mal umgezogen, so lange, wie ich hier bin, war ich noch nie“, bekennt die 39-jährige Wettenerin. Daraus leitet sich für sie auch die grundlegende Beziehung zu dem Begriff „Heimat“ ab. „Ich habe an vielen Orten Heimat. Die Heimat ist in einem selbst und den Menschen, die um einen sind. Das geschieht in einem und der Umgebung.“

Mit Ende 17 geht sie allein in die Welt, lernte zunächst in Krefeld Kinderpflegerin, dann Erzieherin und arbeitet parallel in einer bilingualen Kita auf der Hohenzollernstraße, die sie später auch leitete. Und sie studierte Sozialmanagement mit Schwerpunkt Bilingualität und Kunstpädagogik.

Sie machte alles Mögliche – sie arbeitete auf einer Säuglingsstation, modelte, unterrichtete behinderte Kinder im Reiten, operierte beim Tierarzt mit, kellnerte, war sogar kurz in einer Puddingfabrik und einer Massagepraxis. „Das war die Lust am Ausprobieren. Und ich habe mich noch nie in meinem Leben beworben, immer hieß es: Hast du nicht Lust?“

In der Kita errichtete sie ein Atelier, räumte den Materialraum aus. „Hier muss was stattfinden“, ist ihre Überzeugung und sie startete ihre Projektarbeit, arbeitete mit dem Kaiser-Wilhelm Museum zusammen. „Ich hab immer geschaut, wie man das mit Themen im Museum verbinden kann. Und ich habe da gelernt, durch Kinderaugen Kunst zu sehen.“

Kunst

Sie vertiefte die Kunstpädagogik im Elementarbereich mit Kindern in Krefeld, lebte dann in Willich und Nijmegen „im Naturschutzgebiet mit Gänsen und Pferden“. Über Freunde lernte sie ihren heutigen Mann kennen – einen Niederländer, der Computer-Chips für Automobile gestaltet  und auch eine große kreative Familie hat. „Da schließt sich der Kreis wieder. Wenn wir uns einmal treffen, sind das 40 Leute. Da wird nix geplant, das passt zu mir.“

Aus der Beziehung sind drei Söhne hervorgegangen, die heute acht, sechs und drei Jahre alt sind. „Wenn unsere Kinder an etwas Interesse haben, geben wir ihnen die Möglichkeit, sich zu vertiefen.  Eine Helikoptermutter bin ich nicht“, sagt van Went. Die Kinder sollen den Entfaltungsraum haben, den sie auch hatte.

Ihre erste Ausstellung war 2010 im ehemaligen Xantener Kunstmuseum zu sehen. Später stellte sie auch in Zeeland in ihrem Heimatdorf aus. Seit 2010 lebt sie nun in Wetten, hat sich Stück für Stück auf dem Grundstück an der Grünstraße ihre Lebens- und Arbeitswelt aufgebaut. „Das ist nach und nach aus sich selbst heraus gewachsen.“

2012 begann die Kinder-Kunst im Atelier. Daneben kommen immer wieder Gruppen, die sich in den Kunst- und Kreativ-Workshops Impulse für die eigene Weiterentwicklung holen oder  Teambuilding betreiben wollen. „Ich will die Menschen anregen, Möglichkeiten für sich zu entdecken, die sie sonst nicht haben.“ 

Daneben gestaltet van Went Mitmachkunst-Aktionen wie bei der „Fahrrrad-Pause“ am 28. April, soziale Kunstaktionen, arbeitet mit ihren Atelierkindern und stellt deren Werke im Katharinenhaus oder im Jugendamt Kevelaer aus.

Kinder

„Ich gebe den Kindern die Gelegenheit, dass sie Dinge wahrnehmen und künstlerisch ausdrücken“, nannte sie den „Zauberwald Wetten“ oder „das längste Gemälde Kevelaers“ als Beispiele. 

Sie gestaltet Workshops in Schulen – wie aktuell in der Hubertus-Grundschule zusammen mit Aminah Aengenheyster im Rahmen einer „Kunstinente“ – einer Kunstreise durch die Kontinente. Und sie engagiert sich in der Künstlerszene Kevelaers – ob nun bei „IMAGO“ oder jetzt als Mitbegründerin von „wirKsam e.v.“, um über Netzwerkarbeit die Akteure der Stadt für gemeinsame Kulturprojekte zu gewinnen.