Auf der Suche nach der Augenhöhe

Bei einem CDA-Themenabend zu Afrika durften drei Hilfsorganisationen sich und ihre Arbeit auf dem Kontinent vorstellen. Für den Abend hatte Matthias Wirth drei Referenten eingeladen. Den Anfang machte der zweite Vorsitzende der Duisburger Hilfsorganisation „ I.S.A.R. Germany“, Mario Teschke.

In seinem Vortrag skizzierte er die Arbeit von I.S.A.R. und deren Schwerpunkte. Akute „Search and Rescue“-Einsätze von Vermissten und Verschütteten gehörten ebenso dazu wie medizinische Betreuung, Hilfslieferungen, Wiederaufbauhilfe und Katastrophenschutz im Inland. „Mehr als ein Großeinsatz ist aber nicht drin. Wir lassen die 15 Tonnen Equipment zumeist komplett zurück“, machte er deutlich, was das auch für eine Organisation bedeutet, die auf eine Spende angewiesen sei. Teschke erwähnte auch die Unterstützung für HIV-positive Kinder in einem Waisenhaus in Nairobi und ein „Mother & Child“-Hilfsmodul, das man aktuell in Kenia für vergewaltigte Frauen aufziehen wolle.

Anschließend berichtete Heike Waldor-Schäfer für die „Aktion Pro Humanität“ mit Bildern und Informationen von der aktuellen Reise einer 16-köpfigen Gruppe aus Medizinern, Technikern und einem Fotografen nach Benin. Sie besuchen die vor 25 Jahren erbaute Krankenstation, um von den Bedingungen dort zu berichten. „Uns kennen zwei Generationen Beniner vor Ort, was für eine Hilfsorganisation ungewöhnlich ist. Da besteht Vertrauen.“

Man habe die Krankenstation bewusst nach „europäischem Standart“ aufgebaut. Sie sei mittlerweile vor Ort der zweitgrößte Arbeitgeber. Ein 24-Stunden-Labor wie dort gebe es in ländlichen Gebieten sonst überhaupt nicht. Waldor-Schäfer zeigte Bilder aus dem OP-Container und den neuen Krankenzimmern, „wo die Angehörigen die Kranken bekochen.“

Weiterhin verwies sie auf das für „afrikanische Verhältnisse top ausgestattete“ neue Bettenhaus. Und sie sprach den großen Mangel an Ärzten in dem Land an sowie die oft zehn Jahre alten Medikamente, die auf den Märkten frei verkauft würden.

Hilfe durch Mikrokredite

Heike Waldor-Schäfer berichtete von den Bemühungen, den Menschen im Niger mit Mikrokrediten zu helfen, damit sie Brunnen bauen könnten. Und sie erzählte, dass der geplante Bau eines Krankenhauses nahe Nianmey aufgrund von Plünderung, Entführung oder sogar Mord erst einmal auf Eis gelegt worden sei.

Bei allen Problemen unterstrich sie: „Afrika ist ein toller, kreativer und farbenfroher Kontinent. Wir sind da verdammt gerne, auch wenn der Grund nicht so toll ist.“
Danach stellte Heinz Verrieth von der Hilfsaktion „Imole Lichtstärke“ die Arbeit der Augenklinik und den Bau eines neuen Gebäudes im nigerianischen Bezirk Oyo vor.

Zudem erläuterte Stefan Rouenhoff (MdB) die aktuellen politischen Initiativen seiner Partei im Bundestag über eine Projektgruppe „Afrika-Partnerschaften“ und die Konzepte, mit denen die Bundesregierung den Kontinent Afrika unterstützen will. „Die Zukunft Deutschlands und Europas sind maßgeblich abhängig davon, wie die Entwicklung in Afrika ist“, nannte er neben den Herausforderungen durch Hunger und Krieg auch „einige positive wirtschaftliche Entwicklungen in Ländern wie Ghana, Äthiopien oder der Elfenbeinküste.“

Es gehe aus europäischer Sicht darum, die Regierungen mit „good governance“ zu unterstützen und diese als „Hotspots“ in Afrika zu fördern, „damit die Menschen sagen, wir bleiben hier“ und nicht die Flucht nach Europa antreten.

Als Beispiele für eine Zusammenarbeit benannte Rouenhoff das Feld „erneuerbare Energien/Klimaschutz“, wo man in Zusamenarbeit mit Ländern wie Marokko und Tunesien neue synthetische Kraftstoffe für den Klimaschutz in Europa nutzen könne. Bildung sei der „Schlüssel“ der wirtschaftlichen Entwicklungnin Afrika. Auch bei der Abfallwirtschaft gebe es Möglichkeiten. Und auf dem Feld der Digitalisierung bekannte Rouenhoff, „können wir von ihnen noch was lernen.“

Er verwies auf den „Compact with africa“-Gipfel in Berlin und auf die eine Milliarde Euro bis 2021, die in Projekte wie „Junge Start-ups in Afrika“ und in die Verknüpfung deutscher und afrikanischer Unternehmen fließen solle: „Wir müssen neue Wege gehen und die Entwicklungszusammenarbeit neu aufstellen.“

Er kritisierte, dass das chinesische Interesse an Afrika aus Strategie passiere, um „neue Märkte zu erschließen“. Deshalb gebe es seitens der Chinesen auch keine Auflagen, was die Europäer so aber nicht mitmachen wollten.

Was den Aktionsplan „Wirtschaft und Menschenrechte“ angehe, müsse man prüfen, ob man auf freiwillige Selbstverpflichtung deutscher Unternehmer setzen könne oder gesetzliche Auflagen erlassen müsse.

Die Frage stelle sich, „drängen wir damit unsere Unternehmen raus und überlassen China und Russland das Spielfeld oder wir setzen Standards und helfen dem jeweiligen Land.“ Dazu gebe es in der Bundesregierung zwischen Wirtschafts- und Entwicklungshilfeministerium unterschiedliche Meinungen, räumte er ein.

Selbstkritik üben

Aus dem Plenum kamen zu dem Vortrag eine ganze Reihe kritischer Anmerkungen, wie zum Beispiel gleichberechtigter Umgang funktionieren soll, wenn die EU den Afrikanern vor der westafrikanischen Küste die Fische wegfischt, Zölle auf ugandischen Kaffee erhebe oder Milchpulverlieferungen in den Kontinent subventioniert? „Wir sollten selbstkritisch mit uns umgehen“, sagte Rouenhoffs. „Hat die Entwicklungszusammenarbeit so Erfolg gebracht? Das sollten wir mal reflektieren.“

Allerdings stecke man ja bewusst die 400 Millionen Euro in die Förderung afrikanischer Unternehmen. „Investition und Handel“ seien „die Grundlage für Entwicklung“. Da sei er allerdings kein Dogmatiker. Man müsse aber auch „zuhören, was die Länder wollen“ und „eine Partnerschaft auf Augenhöhe entwickeln.“

Am Ende der Veranstaltung konnte Matthias Wirth sich nur bei den Diskutanten bedanken. „Mit so einer geballten Kompetenz haben wir nicht gerechnet.“ Befanden sich doch unter den rund 70 Besuchern auch einige, die in Sachen „Afrika“ selbst aktiv unterwegs sind.