Auf den Spuren der Ritter

Das Fahnenschwenken zur Kirmes hat eine große Tradition
Kevelaer. In jedem Jahr am Hauptfesttag der Kirmes säumen zahlreiche Menschen den Kapellenplatz, um sich das traditionelle Fahnenschwenken anzuschauen. Nach Übergabe der Festkette und anschließendem feierlichen Gottesdienst formieren sich die Fahnenschwenker und Fahnenschwenkerinnen der Schützenbruderschaften und erwarten das Kommando ihres Hauptmanns. Zu den Klängen des Fahnenwalzers gleiten die kunstvoll, meist mit dem Zeichen der jeweiligen Bruderschaft bedruckten Fahnen, durch die Luft und flattern im Wind. Leicht und dennoch kraftvoll erscheinen die Bewegungen der Akteure. Jung und Alt sind dabei vertreten. Jeder Fahnenschwenker, der möchte, darf mitmachen. Fünf bis sieben Minuten ziehen sie die Zuschauer in ihren Bann.
Der Ursprung des Fahnenschwenkens geht bis auf das Mittelalter zurück. Zu dieser Zeit hatte die Fahne eine besondere Bedeutung. So war sie das Kennzeichen z. B. eines Heeres, das in die Schlacht zog. Die Fahnenträger, meist besonders mutige Offiziere, mussten die Fahne so lange wie möglich hochhalten. Wenn die Fahne fiel, galt die Schlacht als verloren. Zu bedeutenden Anlässen wurde die Fahne geschwenkt, damit zeigten die Ritter Stärke und Ehrerbietung. Mit dem ausgehenden Mittelalter übernahmen die Schützenbruderschaften diese Tradition der Ritter. Die Schützen betrachten es als ihre Aufgabe, altes Brauchtum zu pflegen. Im Jahr 1408 soll das erste Fahnenschwenken einer Schützenbruderschaft in unserer Gegend stattgefunden haben.
So werden auch heute noch bei besonderen Anlässen im Verein, z. B. beim alljährlichen Königsschießen, bei Goldhochzeiten oder Jubiläen und auch bei besonderen kirchlichen Veranstaltungen, Verabschiedungen und Begrüßungen die Fahnen geschwenkt. Das Fahnenschwenken hat hier am Niederrhein  auch einen religiösen Hintergrund. Symbolisch wird die Fesselung und anschließende Entfesselung des heiligen Sebastianus, dem Patron der Schützen,  dargestellt (siehe Infokasten). Das Schwenken der Fahnen erfolgt in einer festgelegten Abfolge. Beginnend mit der Verneigung wird in acht Figuren zunächst die Fesselung und dann in umgekehrter Reihenfolge die Entfesselung symbolisiert.
Turniere und Meisterschaften
Oft sind es Kinder von Schützenbrüdern, die schon früh diese Tradition einüben und somit auch ein Teil der Gemeinschaft werden. Viele bleiben dem Fahnenschwenken über lange Zeit treu, nicht zuletzt, weil in der Schützenbruderschaft das gesellige Leben eine große Bedeutung hat. So wie Theo Boetselaars, der mehr als 40 Jahre dabei war und die Tradition an seinen Sohn Lukas „vererbt“ hat.
Trainiert wird aber nicht nur für besondere Anlässe. Meisterschaften und Turniere werden ausgerichtet, wobei diese strengen Richtlinien unterliegen. So wird der, der eine Fahne fallen lässt, disqualifiziert. Die Fahnen, die zum Einsatz kommen, sind spezielle Schwenkfahnen, die am Ende als Gegengewicht zum schweren Tuch eine Bleikugel besitzen.
Samstag dürfen wir wieder auf dem Kapellenplatz den Anblick der schwingenden Fahnen genießen, hoffentlich bei blauem Himmel und Sonnenschein.