Älterwerden mit Musik

Was haben diese vier – man verzeihe mir den Ausdruck, aber hier passt er doch ganz prima – Weibsbilder nicht schon alles hinter sich gebracht: Ehealltag und Beziehungsstress haben dabei ebenso ihre Spuren hinterlassen, wie Küche, Kinder und Klimakterium. Sie haben erst „Heiße Zeiten“ erlebt und dann wurde es „Höchste Zeit“ für eine Fortsetzung ihrer Lebensgeschichten mit anderen Mitteln, die in diesem Falle Lieder sind. Und nun? Wo man doch jetzt weiß, dass sie mit Kodderschnautze oder Karriereblick, mit Eleganz oder Familiensinn so ziemlich jeder Lebenssituation trotzen können, was soll da noch kommen? Richtig: „Knocking on heaven‘s door“.

Das schwere Leben und die Leichte-Muse-Schippe

Kommt aber nicht, zumindest nicht als Song drin vor, im dritten Teil dieses wunderbaren Quartett-Spiels, welches das manchmal schwere Leben der vier Damen musikalisch auf die Leichte-Muse-Schippe nimmt. In „Himmlische Zeiten“ bekommt die Karriere-Leiter der Karriere-Frau (richtig resolut und sehr schön energiegeladen: Franziska Becker), die schon ein schönes Stück über den Wolken schwebt, sich aber für die letzten Stufen tatsächlich noch kosmetisch generalüberholen lassen will, plötzlich einen Knick. Die Junge (herrlisch hektisch und ein fantastischer Wirbelwind: Nini Stadlmann) merkt, dass auch Torschlusspanik und ein zweites Kind kein guter Kitt für eine brüchige Beziehung sind.

Die beiden anderen haben das alles längst hinter sich gelassen – doch gerade für sie hält das Leben zum Ende hin die unliebsamsten Überraschungen bereit. Die patente Hausfrau (Angelika Mann, eine „Kumpeline“, wie man sie sich ein Leben lang wünscht) hat sich tapfer durchs Älterwerden geackert, um nun festzustellen, dass da kein finanzielles Polster bleibt, auf dem sie sich einmal ausruhen könnte. Die Vornehme (Heike Jonca ist in den traurigen Passagen so eindringlich, dass man ihre Hand ergreifen möchte) hat einen Golfball an den Kopf bekommen, der jedoch nicht lange dazu taugt, den wahren Grund ihrer garstigen Verwirrtheit zu kaschieren: Demenz.

Alzheimer und Altersarmut – ja auch diese wirklich existenziellen Themen kommen aufs Tapet. Für Lösungsansätze ist die Revue-Bühne sicherlich der falsche Ort, und auch die Gefahr, ins allzu seichter Fahrwasser flacher Witze zu geraten, ist groß. Doch das einfühlsame Produktionsteam (Tilmann von Blomberg, Buch; Carsten Gerlitz, Liedtexte und musikalische Arrangements; Katja Wolff, kreative Entwicklung und Regie) und gute Darstellerinnen sorgen für eine angemessen ernsthafte Auseinandersetzung. „Altwerden ist nichts für Feiglinge“, heißt es im Untertitel treffsicher. Es ist ein Kampf gegen das Älterwerden, der hier an vier unterschiedlichen Fronten geführt wird. Und nicht vorgeführt, wohlgemerkt. Mal wird mit Witz gekämpft, mal mit Krallen, mal mit Sarkasmus, mal mit Verzweiflung – immer aber mit Würde, die wohl zu den schärfsten Waffen einer Frau zählt.

Happy-End oder endlos happy?

Was bleibt, von einem wirklich unterhaltsamen Abend, bei dem das Damen-Quartett noch einmal so richtig aufdrehen darf, ist die Erkenntnis, dass nicht das vielzitierte Happy-End zählt, sondern die Zeit bis dahin so happy wie möglich zu bleiben. Und dazu kann eine solche Revue einen wunderbaren Beitrag leisten.