Abschied und Aufbruch

Die Bühne des Festzeltes an der Kervenheimer Burg war über und über mit Sonnenblumen ausgeschmückt – ein Symbol des ökumenischen Gottesdienstes, der am Sonntagmorgen unter dem Thema „Sonne“ stand. Begleitet vom Kirchenchor St. Cäcilia Kervenheim intonierte die Gemeinde Lieder wie „Gottes Liebe ist wie die Sonne“ oder „Du bist das Licht der Welt“.

Im Mittelpunkt der überkonfessionellen Andacht stand aber der Abschied von Pfarrer Johannes Fries, der in der Woche zuvor schon in Weeze offiziell verabschiedet worden war, nun aber auch noch von seiner Kervenheimer Gemeinde nach neunzehn Jahren Tätigkeit angemessen gewürdigt und verabschiedet werden sollte.

Ausführlich würdigte dabei der Ortsvorsteher Martin Brandts die „großen Verdienste, die Du Dir durch Dein Wirken in Kervenheim erworben hast“, wandte er sich an den scheidenden Gottesmann. „Denn neben Deinen ganz gewöhnlichen Aufgaben als Pfarrer hast Du der evangelischen Kirchengemeinde in unserer Ortsschaft Offenheit und Lebendigkeit verliehen, sodass diese in unserer Dorfgemeinschaft einen festen und unverzichtbaren Platz eingenommen hat.“ Stellvertretend dafür benannte er die „Gastfreundschaft“ der Gemeinde für die vielen Ereignisse des Dorflebens wie Burgtheater, Mittelalterfest, Weihnachtsmarkt, Burgzauber oder zum zweiten Mal die Kirmes, die auf dem Burggelände stattfand. „Wir dürfen zu Recht voller Stolz sagen, dass wir dank Eurer Weltoffenheit und der großartigen Kulisse der Burg Kervenheim sicher einen der schönsten Fest- und Kirmesplätze in der ganzen Region vorweisen können.“ Darüber hinaus finden seit 2013 auch standesamtliche Trauungen im sanierten Gewölbekeller der Burg statt.

„Und dank „Deiner mutigen und entschlossenen Entscheidung“ habe die evangelische Kirchengemeinde die Burg Kervenheim erworben. Damit sei der historische Kirchenstandort dauerhaft gesichert und die Möglichkeit geschaffen worden, „die Burg Kervenheim mit neuem Leben zu erfüllen.“
Er lobte Fries‘ „ruhige und ausgleichende Art“. Vor allem seine Botschaft „von Gemeinschaft und Zusammenhalt zwischen den Kirchengemeinden, den Vereinen oder einfach nur den Menschen in unserer Ortschaft“ habe nachhaltig sein Wirken geprägt und sein Vermächtnis an die Gemeinde. „Wir werden Dich vermissen, als Pfarrer, als Mensch und als Freund“, sagte er und begrüßte dann dessen Nachfolger Robert Arndt.

Auch der Vorsitzende des Presbyteriums, Rolf Kruse, unterstrich in seiner Rede: „Die entscheidenden Weichenstellungen der Gemeinde wurden in Ihrer Amtszeit vollzogen.“ Fries habe 19 Jahre „mit Eifer und Fleiß die vielfältigen Aufgaben eines Pfarrers wahrgenommen“ und dabei „nie die Gemeindeglieder aus den Augen verloren.“ Kruse wünschte ihm für den neuen Lebensabschnitt alles Gute.

„Ich war noch nie in meinem Leben von so vielen Sonnenblumen umgeben – jeder von uns ist eine Sonne.“ Kervenheim sei ein kleiner Ort, der für ihn „mit vielen Sonnenscheinerfahrungen verbunden“ sei, nannte Fries als Beispiel den „ganz wunderbaren Seelsorger“ Manfred Babel. „Es geht kein Mensch über die Erde, den Gott nicht sieht – und den Babel nicht kennt.“ Fries dankte Babel für dessen Weggefährtenschaft und erinnerte an beider Schwäche, „kurzfristig zu planen und manchmal etwas zu spät zu kommen“.

Seit einigen Jahren bricht in Kervenheim etwas Neues auf, wandte er sich an den Ortsvorsteher. „Ein neuer Geist der Gemeinschaft, der Zusammenarbeit der Vereine und der Wertschätzung der Mitarbeit. Das ist für mich fast ein Wunder, nachdem das auch anders erfahren wurde“, dankte er allen, die daran beteiligt sind. „Ich denke, dass das Kervenheim sehr, sehr gut tut, und ich wünsche den Kervenheimern, dass sie an diesem Strang weiter ziehen, an diesem Tuch weiter nähen, dass es ein Tischtuch wird, das keiner mehr zerreißt.“ Er dankte dem Presbyterium für die Unterstützung bei der Entscheidung für den Kauf der Burg und lobte den Chor, dessen Level „ein so kleines Dorf wie Kervenheim bei Weitem übersteigt“.

Zum späteren Familiennachmittag machten es sich dann viele Kervenheimer und auch auswärtige Gäste an den Bänken und unter den Pavillons zum Kaffeetrinken bequem und genossen dabei den frisch zubereiteten Kuchen.

„Jeder musste erstmal nölen, aber es zeigt sich, dass alle damit zufrieden sind“, fand Elisabeth von Oeffelt das Ambiente oben an der Burg super. Auf dem Kirmesplatz wurden die diversen Buden bevölkert, „kleine“ und „große“ Kervenheimer Männer versammelten sich um den Baumstumpf zum Nageleinschlagen. „Dafür nehmen sich viele sogar einen Tag frei. Wer verliert, muss eine Runde geben“, meinte ein Teilnehmer.

Und für das Entenrennen auf der Fleuth, das später wieder Groß und Klein rund um das Gewässer versammelte, erwarb sich die Neu-Kervenheimerin Janina Vogel die Ente mit der Nummer 30. „Die hat mich direkt mit ihrem Gesicht angesprochen“, fand die 32-Jährige, die mit ihrem Partner erst seit gut acht Wochen in der Ortschaft lebt und von der Feier und dem Drumherum insgesamt begeistert war. „Fürs Dorf ist das echt super. Das war Freitag mit den Lichtern schon schön, auch die Bekanntschaften, die man schließen kann. Wir fühlen uns schon hier zu Hause.“


Eine Fotogalerie von der Kirmes gibt es hier.