36 zahnärztlich Tätige auf elf Millionen Menschen

Wer schon einmal von Zahnschmerzen heimgesucht wurde, der weiß, wie dankbar und glücklich man ist, wenn der Zahnarzt einen von diesen Schmerzen befreit. Das dürfte hier in Kevelaer wie auch in Afrika nicht anders sein. „Ja, das ist wohl auf der ganzen Welt so“, gibt Angelika Klein zu denken.

Gerade erst ist das Ärzteehepaar Angelika und Dr. Roland Klein aus Westafrika zurückgekehrt. Angelika Klein holt tief Luft: „Mit sehr vielen Eindrücken, bewegenden Momenten, aber auch dem guten Gefühl helfen zu können“, beschreibt sie den Aufenthalt in Gohomey / Benin.

Die Allgemeinmedizinerin gehörte mit ihrem Mann, Zahnarzt Dr. Roland Klein, und ihrem Sohn Martin zum 19-köpfigen medizinischen Team der Aktion Pro Humanität, das Anfang November nach Afrika reiste, um hier zu helfen und Schmerzen zu lindern (das KB berichtete). Über den Aufenthalt hat die Ärztin Notizen gemacht, in einem kleinen roten Büchlein. Darin heißt es: „In den viereinhalb Tagen nach dem Aufbau der Praxis sind 49 Zähne gezogen und 41 Zähne gefüllt worden, neben diversen anderen kleinen operativen Eingriffen. Auf der Wunsch- und Mitbringliste sind 57 Dinge vermerkt. So einfache Dinge wie Watterollen bis hin zum Röntgengerät.“

Aufgeschrieben sind darin aber nur die Fakten. Die Gefühle, das Menschliche, sind darin nicht vermerkt. „Das ist auch kaum zu beschreiben“, erklärt die Medizinerin.

Vor mehr als 30 Jahren kam es für das Kevelaerer Ärztepaar zum ersten Kontakt nach Afrika. Damals besuchten die Beiden gegen Ende ihres Studiums einen Vetter, der dort als Entwicklungshelfer tätig war. Von der Armut und Not der Menschen tief berührt, erlebte das Paar aber auch, wie wenig von der eigentlichen Projektarbeit ankam. Dennoch ging es für die damals angehenden Mediziner wieder nach Hause, um hier in Kevelaer eine Existenz und auch eine Familie zu gründen. „Der Gedanke an Afrika verließ uns aber nie“, versichert Angelika Klein.

Im vergangenen Jahr erhielt das Ärzteehepaar von Dr. Elke Kleuren-Schryvers das Angebot, im Krankenhaus in Gohomey/Benin eine zahnärztliche Versorgung aufzubauen. Eine erste Erkundungsreise im November 2017 zeigte einen großen Behandlungsbedarf. „Mit einer kleinen mobilen Behandlungseinheit – das heißt, alles war in einem Koffer verstaut – konnten wir schon einfache Behandlungen vornehmen“, berichtet Angelika Klein begeistert.

In diesem Jahr konnte die Stiftung APH (Aktion Pro Humanität) ein kleines Häuschen fertigstellen, worin auch eine Zahnarztpraxis eingerichtet werden konnte. Angespornt von der Aussicht auf eine eigene Zahnarztpraxis rührte Familie Klein fleißig die Werbetrommel: „Von einem Kollegen haben wir zwei alte, aber funktionierende Behandlungsstühle gespendet bekommen, der zweite dient als Ersatzteillager. Unser Zahntechniker spendete einen Kompressor und das Dentaldepot viel Material“, schwärmt Angelika Klein. Zahlreiche Patienten unterstützten das Projekt mit Spenden und auch der Verkauf ihrer sehenswerten Fotographien füllte das Budget auf, um nötiges Praxismaterial anzuschaffen. Für so viel Anteilnahme ist das Ärztepaar überaus dankbar.

Unzählige Einzelteile wurden mit einem Containerschiff nach Benin gebracht. Und so fing der diesjährige Aufenthalt für das Ärztepaar zunächst einmal mit dem Aufbau der Praxiseinrichtung an. „Unter tatkräftiger Mithilfe vieler afrikanischer Mitarbeiter, besonders Michel, das Mädchen für alles, und unseres Sohnes Martin, war das nach unglaublichen zweieinhalb Tagen alles geschafft“, berichtet Klein.

Damit konnte auch endlich mit der eigentlichen Arbeit, nämlich der Schmerzbefreiung, begonnen werden. „Wir haben so viel Dankbarkeit erlebt“, erzählt Angelika Klein mit leuchtenden Augen. „Und das auch noch schmerzfrei durch Anästhesie“, fügt sie hinzu.
In Benin gibt es bei elf Millionen Einwohnern 36 zahnärztlich Tätige. „Das heißt nicht Zahnärzte, sondern Menschen, die Zähne ziehen – ohne Anästhesie“, klärt die Allgemeinmedizinerin auf, die ihrem Mann am Zahnarztstuhl assistierte. Hier in Europa unvorstellbar.

Angelika Klein berichtet von einer jungen, schwangeren Frau. „Sie konnte wegen einer Zahnentzündung und einer daraus resultierenden Schwellung, ihren Mund nicht mehr öffnen“, beschreibt Klein die Situation. Die Folge: Die Frau konnte nicht mehr richtig essen und war deshalb schon sehr abgemagert. „Eine für uns in Deutschland einfache Behandlung rettete ihr und ihrem ungeborenen Baby das Leben“, berichtet die dreifache Mutter freudestrahlend.

Bei kniffeligen Patienten griffen sie gerne auf ihren Hausnachbarn, Dr. Rüdiger Kerner, Chefarzt im Kevelaerer Krankenhaus, und sein Team zurück.

Dank ihrer hilfreichen Berufe ist das Ärzteehepaar aus Kevelaer froh, einen Beitrag für Aktion Pro Humanität leisten zu können. „Wir haben drei gesunde Kinder, leben hier in Deutschland mit so viel Wohlstand und Sicherheit“, sagt Angelika Klein, „dafür sind wir unendlich dankbar“, fügt sie hinzu. Diese Dankbarkeit geben Angelika und Roland Klein an ihre Patienten in Afrika weiter. „Unser Ziel ist es, dass ein beninischer Zahnarzt gefunden wird, der die zahnmedizinische Versorgung der Menschen dort sicherstellt“, so der Wunsch des Ehepaares nach 14 bewegenden Tagen in Afrika.